- Über die Lage des Handwerks in der Region und darüber, wo der Schuh drückt, sprachen Ralf Arenz, Ingo Schmitz und Jens Meifert mit Garrelt Duin, dem Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer.
Herr Duin, das Handwerk hat offenbar gut zu tun. Gefühlt steigt die Wartezeit auf einen Handwerker. Wie viel Geduld brauchen Kunden derzeit?
Die Wartezeiten sind länger geworden, besonders im Bau- und Ausbaugewerbe. Da kann es neun Wochen dauern, bis ein Handwerker kommt. Bei Notfällen geht es natürlich schneller.
Fehlt es an Material?
Zur Person
Garrelt Duin wurde 1968 im ostfriesischen Leer geboren. Er studierte Rechtswissenschaften und evangelische Theologie in Bielefeld und Göttingen. Von 2000 bis 2005 war er Mitglied des Europäischen Parlaments, vom Jahr 2005 bis 2012 Bundestagsmitglied. 2012 wechselte er als Wirtschaftsminister nach NRW.
Von Februar 2018 bis 2019 arbeitete er als Personalchef in der Anlagenbausparte von Thyssenkrupp. Seit September 2019 ist er Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Köln. (raz)
Holz war im Sommer knapp Hier normalisiert sich die Lage, auch wenn die Preise nicht auf das alte Niveau sinken. Chips für Heizungen sind knapp. Vor allem aber fehlen Mitarbeitende. Uns berichten viele Unternehmen, dass sie mehr Aufträge erledigen könnten, wenn sie die nötigen Fachkräfte hätten. Die Betriebe sind gut ausgelastet, und im Moment kann ein Handwerker richtig gutes Geld verdienen. Fehlende Fachkräfte sind da eine echte Wachstumsbremse.
Denken wir das einmal in die Zukunft. Was passiert, wenn sich das nicht ändert?
Wenn die Lücke bei den Fachkräften nicht geschlossen wird, ist unser Wohlstandsniveau nicht zu halten.
Sie bilden fleißig aus und haben in der Region gegen den Bundestrend mehr neue Ausbildungsverträge abgeschlossen. Wie ist das gelungen?
Es gibt zwei Gründe. Zum einen leben wir in einer dynamischen Region. Es gibt viele Neubauten, Sanierungen und Arbeiten an der Infrastruktur. Wir ärgern uns zwar manchmal über die vielen Baustellen, aber jede Baustelle gibt auch Handwerkern Arbeit. Die Kammer sich auch neu aufgestellt und die Berufsorientierung, die Möglichkeiten im Handwerk aufzeigt, und die Ausbildungsberatung, die sich um junge Menschen kümmert, die Schwierigkeiten in der Lehre haben, zusammengefasst. Die beraten jetzt in einem coolen Ambiente, werben mit eigenen Kampagnen um die jungen Menschen und setzen Ausbildungsbotschaftende ein, die gerade selbst eine Lehre absolvieren. Wir haben sogar auf Tiktok für die Ausbildung geworben.
Wo würden Sie gerne noch mehr tun?
Wir wünschen uns, dass niemand die Schule verlässt, ohne mit dem Handwerk in Berührung gekommen zu sein. Wir gehen in die Haupt- und Realschulen, die Gesamtschulen und in die Gymnasien und präsentieren das Handwerk. Da hat es in einem Gymnasium Beschwerden der Eltern gegeben. In vielen Köpfen ist der Gedanke verankert, dass der Nachwuchs studiert, wenn er Abitur gemacht hat. In dieser Vorstellung sind wir die Resterampe. Wir brauchen aber junge Menschen mit allen Schulabschlüssen und bieten allen Chancen. Es gibt etwa den neuen Beruf des Gebäudesystemintegrators, der dafür sorgt, dass das Smart Home mit all seiner Elektronik funktioniert. Diese Berufsausbildung fällt Abiturienten wahrscheinlich leichter, ist für einige möglicherweise eine Alternative zu einem Informatikstudium.
Zeigt sich hier mangelnde Wertschätzung, die Sie schon öfter beklagt haben?
Ja, in die berufliche Bildung fließen vergleichsweise geringe Beträge. Das Land NRW beteiligt sich jetzt zu einem Drittel an den Kosten der Überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung. Dafür zahlt das Land 60 Millionen im Jahr. Ein Hörsaal an der Uni Köln ist da womöglich teurer. Und für die Stadt Köln hat der Bau neuer Grundschulen Priorität. Das ist wichtig, aber die nötige Sanierung von Berufsschulen kommt zu kurz.
Schon vor zwei Jahren haben Sie fehlende Parkmöglichkeiten für Handwerker beklagt. Jetzt sollen in Köln 30 Prozent der Parkplätze wegfallen.
Wir sind da nicht eingebunden worden. Zusammen mit der IHK, dem DGB und den Arbeitgebern treffen wir uns regelmäßig mit den Fraktionen im Stadtrat, werden dann aber von derartigen Plänen überrascht. Wir haben nichts gegen pragmatische Lösungen. Wenn wir uns aber einen Parkstreifen mit Paketlieferdiensten, Pflegediensten und Arzneilieferanten teilen sollen, wird das schwierig. Ohne Parkzeitbegrenzung geht das kaum. Handwerker haben aber rollende Werkstätten dabei. Da muss das Auto während der Arbeit bei der Baustelle stehen.
Können Sie nicht mit Lastenrädern zu Kunden fahren?
Das geht bei manchen Handwerkern, auch bei Servicearbeiten an der Elektroinstallation oder der Heizung. Fliesenleger können so nicht arbeiten, und auch eine Heizung lässt sich so nicht zum Kunden bringen. Wir können auch nicht 20 Mal am Arbeitstag von der Wohnung, in der gearbeitet wird, zu einem Depot in einiger Entfernung gehen, wo dann das Material liegt.
Einen Masterplan Parken haben Sie vor zwei Jahren angeregt. Gibt es Fortschritte?
Es hat sich nichts geändert. Wir sind zu Kompromissen bereit. Wenn man sich aber nicht mit uns bespricht, wird es schwierig. Das sind dann keine Kompromisse, sondern Vorgaben.
Aufgezeichnet von Ralf Arenz