„IAA ist ein Frontalcrash“Bei der Messe gab es leere Hallen und wenige Aussteller
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Frankfurt – Am Vormittag der Eröffnung der IAA in Frankfurt war die Welt für die Autobranche zwar nicht in Ordnung. Aber die Eröffnungszeremonie im Beisein von Bundeskanzlerin Angela Merkel sollte Zuversicht ausstrahlen. Ihren Teil dazu trug die Kanzlerin bei. Sie unterstrich, dass die deutsche Automobilindustrie im globalen Wettbewerb führend und stark bleiben müsse. „Das muss unser gemeinsames Ziel sein", sagte sie.
Bernhard Mattes, Präsident des Verbandes der deutschen Automobilindustrie, blies nur wenige Minuten vorher ins gleiche Horn: „Wir tun, was wir können – und wir können viel“. Es folgte der obligatorische Messerundgang mit Angela Merkel und einem Tross von Fernsehkameras, Fotografen und anderen Journalisten. Nur wenige Stunden später dann, um kurz nach fünf, eine knappe Meldung des VDA: „Bernhard Mattes hat Präsidium und Vorstand des VDA darüber informiert, dass er das Amt des VDA-Präsidenten zum Jahresende 2019 niederlegen wird, um sich neuen Aufgaben zuzuwenden“.
„Die IAA ist ein Frontal-Crash“
Diese knappe Nachricht verrät kaum etwas über die Hintergründe. Doch wenn man sich die diesjährige IAA und die Lage der Automobilbranche anschaut, verwundert der Schritt Beobachter kaum. „Herr Mattes war verschwunden, als es darum ging, den Dieselskandal zu bearbeiten“, sagte Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen dieser Zeitung. „Danach kam auch nicht mehr viel von ihm und die IAA ist ein Frontal-Crash“.
Andere Beobachter der Branche teilen diese Meinung. „Der VDA ist vor allem eine politische Lobbyorganisation“, erklärt Auto-Analyst Tim Schuldt aus dem Investmenthaus Pareto Securities. „Mattes aber kam als früherer Ford-Chef im Gegensatz zu seinem Vorgänger, Mattias Wissmann, nicht aus der Politik. Politische Vernetzung aber ist bei diesem Posten wohl wichtig“.
Zentrale Zuständigkeitsfragen klären
In der Tat wird es in den kommenden Monaten verstärkt um die Frage gehen, wie angesichts des Klimawandels Mobilität gestaltet werden soll. Und Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach in diesem Zusammenhang offen davon, dass man zentrale Zuständigkeitsfragen bald klären müsse. „An manchen Stellen sind wir uns ja noch gar nicht darüber bewusst: Was ist die wirtschaftliche Verantwortung und was ist die staatliche Verantwortung“.
Nach Berichten von Reuters geben Insider an, dass vor allem Volkswagen mit Mattes unzufrieden war und aktiv nach einer Alternative gesucht hat. Während Volkswagen die Zukunft in der Elektromobilität sieht und sich entsprechend ausrichtet, geben sich BMW und Daimler „technologieoffen“. Die Premiumhersteller setzen offenbar eher auf Hybridlösungen, um die schweren Oberklassewagen problemlos antreiben zu können.
Viele Aussteller nicht auf Messe vertreten
Neben diesen künftigen Aufgaben eines neuen VDA-Präsidenten ist aber auch die Ausgangslage zum Zeitpunkt der Rücktrittsankündigung Matthes‘ keine leichte – und sie dürfte an der Entscheidung gehörigen Anteil haben. Der Lobbyverband ist Ausrichter der IAA und die Messe zugleich seine wichtigste Einnahmequelle. Nur leidet die Messe unter Ausstellerschwund: Einige Hallen sind nicht belegt, in anderen ist das früher notwendige zweite Stockwerk einfach weggefallen. Viele Aussteller wie Fiat, Peugeot, Citroën, Nissan, Tesla, Toyota und Volvo sind gar nicht mehr auf der Automesse vertreten. Einige Beobachter zweifeln sogar daran, ob die IAA überhaupt eine Zukunft hat.
Denn mehrere Entwicklungen mischen sich zu einem unguten Cocktail für die Autobauer und deren Leitmesse. Neue Modelle können Hersteller auch ohne Messe in Szene setzen. Apple hat das vorgemacht. Und das letzte Tesla-Modell wurde ebenfalls über die Kanäle des Internets beworben, sodass zum Tag der Präsentation die Autowelt gebannt auf das schaute, was der Elektropionier enthüllen würde. Es kommt wohl nicht von ungefähr, dass auch Tesla der Messe ferngeblieben ist. Zudem weht der Autoindustrie derzeit kühler Wind vonseiten der Konjunktur entgegen. „Die Wirtschaft kühlt sich ab, das konjunkturelle Klima wird rauer in Deutschland, in Europa und weltweit“, musste Bernhard Mattes nüchtern feststellen.
„Mehr Busse und Bahnen, aber nicht mehr SUVs“
Und schließlich wird diese IAA mit nie dagewesenen Protesten und kritischen Einwürfen von Umweltschutzorganisationen begleitet. In diesem Zusammenhang zeigte sich Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) irritiert darüber, dass er in seiner Stadt kein Grußwort zur IAA-Eröffnung sprechen durfte. Denn das war jahrelange Tradition. Feldmann hatte vor zwei Jahren kritische Worte verloren angesichts des Dieselskandals. Seine geplante für dieses Jahr Rede hat er veröffentlicht.
„Frankfurt braucht mehr Busse und Bahnen, aber nicht mehr SUVs“, hätte der OB sagen wollen. Und an friedliche Demonstranten gerichtet: „Dieser Einsatz ist nicht, wie manche meinen naiv. Sondern er ist dringend notwendig!“ Beim VDA hieß es, der Oberbürgermeister sei nicht ausgeladen, sondern nie eingeladen worden. Die Angelegenheit allerdings hat trotzdem – oder deswegen - weitere Kreise gezogen. So hat sein Darmstädter Amtskollege Jochen Partsch (Grüne) daraufhin aus Solidarität seine Teilnahme an einem für Freitag geplanten Podium der IAA ebenfalls abgesagt. Auch die Fridays-for-Future-Aktivisten blieben aus diesem Grund einer für Freitag geplanten Diskussion fern.