Mit der jüngsten Ankündigung neuer US-Strafzölle gegen Kanada, Mexiko und China macht Präsident Donald Trump eine seiner lautesten Drohungen wahr.
Erste EskalationsstufeZettelt Donald Trump einen Handelskrieg an?

Washington: Präsident Donald Trump spricht mit Reportern, während er im Oval Office des Weißen Hauses Durchführungsverordnungen unterzeichnet.
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Erhoben werden laut dem Präsidenten und dem Weißen Haus Zölle in Höhe von 10 Prozent auf alle Einfuhren aus China und 25 Prozent auf Importe aus den Nachbarländern Mexiko und Kanada. Für Energie-Einfuhren aus Kanada wiederum soll ein Satz von 10 Prozent gelten, hieß es weiter. Und die EU könnte die nächste sein: „Absolut“, sagte der Präsident zuletzt auf die Frage, ob er auch Zölle auf Produkte aus der EU erheben werde.
Wie haben die betroffenen Länder auf die Zölle reagiert?
Noch in der gleichen Nacht, in der Trump die Zölle ausrief, kündigten Kanada, Mexiko und China Gegenmaßnahmen an. Kanada will ab Dienstag unter anderem Gegenzölle in Höhe von 25 Prozent auf US-Waren erheben. Auch Mexiko und China kündigten „entsprechende Gegenmaßnahmen“ an. Zudem will China eine Klage bei der Welthandelsorganisation (WTO) einreichen.
Ob das Land Recht bekommt, ist offen: Die 166 WTO-Mitgliedsländer haben sich zu fairem Handel und einem Abbau von Handelshemmnissen wie Zöllen verpflichtet. Nur unter bestimmten Voraussetzungen können Zölle WTO-konform über das beim Beitritt versprochene Niveau angehoben werden. Ein Argument wäre, dass sonst die nationale Sicherheit gefährdet ist.
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Was sind Zölle beziehungsweise Strafzölle?
Zölle sind Abgaben, die beim Import von Waren erhoben werden. Landläufig ist auch von Schutz- oder Strafzöllen die Rede, das liegt immer im Auge des Betrachters. Wer die Zölle verhängt, spricht eher von Schutzzöllen, die die eigene Wirtschaft oder Sicherheit schützen. Der Geschädigte spricht eher von Strafzöllen, weil er sich als Konkurrent bestraft fühlt.
Warum werden Zölle überhaupt erhoben?
Sie sollen heimische Industrien vor fremder Konkurrenz schützen, indem deren Güter verteuert werden. Das schadet der Wettbewerbsfähigkeit ausländischer Waren auf dem heimischen Markt. So erhebt die EU seit Ende Oktober 2024 Extrazölle auf Elektroautos aus China. Die Europäische Kommission will damit die Zukunft der Autoindustrie in der EU sichern. Sie kam bei einer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass chinesische Hersteller von unfairen Subventionen profitieren, die ihnen einen erheblichen Vorteil auf dem europäischen Markt verschaffen.
Auch beim Export aus einem Staat oder Wirtschaftsraum können Zölle anfallen, dann spricht man von Ausfuhrzöllen. Sie können als Einnahmequelle für einen Staat dienen oder etwa, um den Export begehrter Güter ins Ausland zu begrenzen. Mittel, um Zölle und andere Handelsbarrieren abzubauen, sind Freihandelsabkommen, etwa beim geplanten Abkommen zwischen der EU und dem südamerikanischen Wirtschaftsbündnis Mercosur.
Was für Nachteile haben Zölle?
Zölle halten Importe von Waren anderer Länder vom eigenen, damit geschützten Markt fern. Das kann die Absatzchancen von Gütern aus Drittländern schmälern und dort den Aufbau von Industrien behindern. Zudem verteuern Zölle Importe. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hat vor den Zollplänen von Trump gewarnt und sie als möglichen „Wendepunkt für die internationale Handelsordnung“ bezeichnet. Betroffene Länder könnten zu Vergeltungsmaßnahmen greifen. Zollerhöhungen würden den Konsum teurer machen und die Inflation anfachen, warnte Nagel. „Das macht uns alle ärmer.“ Simone Menne, Präsidentin der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland (AmCham Germany), verweist darauf, dass hohe Einfuhrzölle Trump und der US-Wirtschaft selbst schaden würden. „Dann würden die Preise in den USA steigen, die Inflation zunehmen und der Dollar stärker bewertet werden, was die US-Exporte verteuert.“
Wer letztlich für die Zölle aufkommt, hängt von den Lieferverträgen zwischen Käufer und Verkäufer ab. In der Regel sind es die Importeure, die höhere Kosten an Verbraucher weitergeben. Ein Beispiel: Wenn Autos wie in den USA von Zulieferungen aus Mexiko und Kanada abhängen und auf diese Teile Zölle erhoben werden, werden die Autos teurer.
Sind Strafzölle durch die WTO nicht verboten?
Die WTO ist keine Behörde, die über die Rechtmäßigkeit von Zöllen wacht. Vielmehr überwachen sich die inzwischen 166 Mitgliedsländer gegenseitig. WTO-Mitglieder wie die USA machen beim Beitritt Zusagen und können Zölle danach nicht einfach erhöhen, außer ihre nationale Sicherheit wäre bedroht. In der WTO gilt das Prinzip der Meistbegünstigung. Das heißt, dass ein Zollsatz, der einem anderen Land gewährt wird, auch allen anderen zusteht. Ausnahmen gelten etwa bei Freihandelsabkommen oder für Entwicklungsländer.
Wenn ein WTO-Mitglied Strafzölle erhebt, können betroffene Länder dagegen klagen. Mit Verweis auf die nationale Sicherheit hatten die USA 2018 in Trumps erster Amtszeit zum Beispiel 25 Prozent Zölle auf Stahlprodukte und Aluminium erhoben. Mehrere Staaten klagten dagegen. Das WTO-Schiedsgericht gab ihnen 2022 recht und erklärte die Zölle für regelwidrig. Dann müssen Zölle angepasst werden oder Gewinner können ihre Verluste geltend machen. Allerdings gingen die USA in Berufung. Nur haben sie seit vielen Jahren die Neubesetzung der Berufungsinstanz blockiert, um Reformforderungen durchzusetzen. Deshalb funktioniert die Instanz nicht, und der Fall hängt in der Luft.
Welche Auswirkungen haben die jetzigen Zölle auf Europa?
Dirk Jandura, Präsident des deutschen Außenhandelsverbands BGA, sieht in den neuen US-Zöllen bereits ein deutliches Zeichen an die EU und Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen. „Wir dürfen nicht erstarrt abwarten, bis auch die EU oder Deutschland mit Zöllen belegt werden“, warnt Jandura in einer Reaktion auf die US-Zölle. Die EU-Kommission betonte sogleich ihre Stärke: Sie werde entschieden auf jeden Handelspartner reagieren, der unfair oder willkürlich Zölle auf Waren erhebe, sagte ein Sprecher. Und er unterstrich, derzeit seien keine zusätzlichen US-Zölle auf EU-Produkte bekannt.
Auch der deutsche Bundeskanzler klingt selbstbewusst. Auf die Frage nach möglichen europäischen Gegenmaßnahmen sagte Olaf Scholz (SPD), die EU sei ein starker Wirtschaftsraum und habe „ihre eigenen Handlungsmöglichkeiten“. Auf dieser Stärke aufbauend, wolle man die wirtschaftlichen Beziehungen zu den USA fortsetzen. Aber es gehe erst mal darum, dass „wir jetzt nicht die Welt aufteilen durch viele Zollbarrieren“.
Ein Volkswagen-Sprecher äußert sich am Tag nach der Zoll-Ankündigung nur vorsichtig: „Als global agierender Automobilhersteller beobachten wir die Entwicklungen in den USA sehr genau und bewerten etwaige Effekte auf die Automobilindustrie und unser Unternehmen, die in Folge der angekündigten Zölle für Importe aus Kanada und Mexico in die Vereinigten Staaten möglich sind“, sagte er. Ähnlich vorsichtig äußert sich Mercedes.
Branchenexperte Stefan Hecht von der Unternehmensberatung Advyce & Company geht deutlich weiter. Er erwartet, dass die Hersteller zumindest einen Teil der Fertigung von Mexiko in die USA verlagern, wo VW, BMW und Mercedes ebenfalls Werke haben.
Welche Auswirkungen könnten die Zölle auf die USA haben?
Die Menschen in den USA sieht Außenhandels-Experte Jandura als Verlierer der Zoll-Politik ihres Präsidenten: „Trumps Entscheidung wird die Amerikanerinnen und Amerikaner teuer zu stehen kommen, Zölle wirken immer auf beiden Seiten.“ Gegenmaßnahmen der betroffenen Länder würden einen „Handelskonflikt zwischen den Nationen“ noch verschärfen, warnte er. „Die Verlierer sind immer die Endverbraucher, die die Preissteigerungen an der Kasse spüren. Ich würde mir wünschen, dass die Zölle noch abgewendet werden können.“
Trump verteidigt am Tag danach die Zölle gegen die Kritik, sie träfen die eigenen Bürger. „Wird es Schmerzen geben? Ja, vielleicht (und vielleicht auch nicht!)“, schrieb er auf der Plattform Truth Social. Der Schritt werde Amerika aber wieder großartig machen, „und das wird den Preis wert sein, der dafür zu zahlen ist“.