Berlin – Gute Nachricht für Beitragszahler und für alle, die kurz vor der Rente stehen: Der Anteil der Rente, der versteuert werden muss, steigt in den kommenden Jahren langsamer als bisher geplant. Zugleich sollen Beiträge zur Rentenversicherung bereits von 2023 an vollständig steuerlich absetzbar sein – zwei Jahre früher als bisher geplant. Kritikern reicht das nicht. Sie fordern weitergehende Schritte.
Wie werden die Renten besteuert?
Ein Rentner ist zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet, wenn seine Einkünfte den jährlichen Grundfreibetrag übersteigen. Der Grundfreibetrag für 2021 liegt für Ledige bei 9744 Euro und für 2022 bei 9984 Euro. Bei Verheirateten gilt der doppelte Freibetrag, also 19488 beziehungsweise 19968 Euro.
Je nach Rentenbeginn bleibt ein unterschiedlicher Teil der gesetzlichen Rente steuerfrei. Dieser Anteil sinkt allerdings von Rentenjahrgang zu Rentenjahrgang. Denn seit 2005 läuft die Umstellung auf die sogenannte nachgelagerte Besteuerung. Das heißt: Alles, was ein Arbeitnehmer für die Altersvorsorge aufwendet, wird zunehmend steuerfrei. Im Gegenzug wird später ein wachsender Anteil der Renteneinkünfte steuerpflichtig.
Wie ist die Besteuerung gestaffelt?
2005 wurden 50 Prozent der Bruttorente als steuerpflichtiges Einkommen angesetzt. In den Jahren danach ist der zu versteuernde Anteil für Neurentner jährlich um zwei Prozentpunkte gestiegen. „Bei einem Rentenbeginn im Jahr 2020 waren es somit bereits 80 Prozent“, so die Deutsche Rentenversicherung. Seither erhöht sich der steuerpflichtige Anteil um einen Prozentpunkt pro Jahr. Das sollte so bleiben, bis 100 Prozent erreicht sind. Doch nun treten die Ampel-Parteien auf die Bremse. Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass der zu besteuernde Anteil der Rente von 2023 an nur noch um einen halben Prozentpunkt pro Jahr steigen soll. Künftige Rentner dürfen sich also freuen, etwas weniger stark zur Kasse gebeten zu werden.
Wie viel Steuern müssen Rentner aktuell zahlen?
Laut dem Bundesfinanzministerium muss ein Rentner, der 2021 in Rente gegangen ist, bei einer Bruttorente von 1500 Euro eine Einkommensteuer von 454 Euro im Jahr beziehungsweise 37,83 Euro im Monat zahlen. Dabei ist unterstellt, dass keine weiteren Einkünfte vorliegen. Zum Vergleich: 2011, also zehn Jahre zuvor, musste ein Rentner, der mit demselben Betrag in Rente gegangen ist, jährlich nur 110 Euro Einkommensteuer abführen.
Bei einer Rente von monatlich brutto 2000 Euro stieg die Steuer von jährlich 740 auf 1416 Euro. Bei 2500 Euro Monatsrente erhöhte sich die Belastung von 1546 auf 2493 Euro pro Jahr. Und es gehen auch noch die Sozialversicherungsbeiträge ab.
Und wo bleibt die gute Nachricht?
Nach der derzeit geltenden Übergangsregelung werden Aufwendungen für die Altersvorsorge „im Rahmen des jeweiligen Höchstbetrages“ als Sonderausgaben berücksichtigt. Im laufenden Jahr beträgt dieser Satz 94 Prozent. Jedes Jahr kommen, Stand heute, zwei Prozentpunkte hinzu. 2023 wären es also 96 Prozent und im Jahr 2025 schließlich 100 Prozent.
Hier setzt die Ampelkoalition nun auf frühere Entlastungen. Künftig sollen Rentenbeiträge nicht erst von 2025 an vollständig abzugsfähig sein, sondern bereits zwei Jahre früher ab 2023. Geplant sind zwei Schritte. Im kommenden Jahr sollen sich die abzugsfähigen Aufwendungen für die Altersvorsorge um vier Prozentpunkte erhöhen und im Jahr 2024 noch einmal um zwei Prozentpunkte.
Hat die Regierung ein Herz für Beitragszahler?
Eher nicht. Vor allem reagiert sie mit der Reform auf eine Entscheidung des Bundesfinanzhofes. Dieser hat die bisherige Umstellung auf die nachgelagerte Besteuerung zwar gebilligt, für die Zukunft aber Nachbesserungen angemahnt, um eine „doppelte Besteuerung“ zu vermeiden. Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbandes VdK Deutschland, bleibt skeptisch. Sie begrüßt die geplante Reform, betont aber auch: „Ob die Pläne wirklich ausreichen, um eine Doppelbesteuerung zu verhindern, wird sich zeigen. Noch gibt es keine verlässlichen Kalkulationen von Experten, ob durch diese Reform das Ziel erreicht werden kann. Deshalb bleiben wir vorsichtig in der Bewertung.“
Auch Dietmar Bartsch, Fraktionschef der Linkspartei im Bundestag, begrüßt, dass die volle Absetzbarkeit der Rentenbeiträge vorgezogen werden soll. Dies löse aber nicht das Problem der hohen Steuerlast, die heute schon auf mittleren Renten liegt. „Selbst bei Renten im Armutsrisikobereich“, so Bartsch, „meldet sich inzwischen das Finanzamt“. Er fordert: „Kleine und mittlere Renten sollten von der Steuer befreit werden.“