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„Da kommt richtig etwas auf uns zu“Wie der Jobabbau in der Corona-Krise Köln trifft

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Das Logo von Galeria Karstadt Kaufhof

Köln – Es ist keine neue Entwicklung, in einigen Bereichen war die Entscheidung zum Stellenabbau schon früher gefallen. Aber im Moment trifft Köln und die Region eine erste  große Welle. Rund 1000 Arbeitsplätze werden abgebaut. Beispiel Kaufhof: Dass die Logistik der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof, die Galeria Logistik mitsamt ihrem Hauptsitz in Porz, an ihrem Kölner Standort nicht überleben würde, darüber gab es bereits seit letztem Jahr traurige Gewissheit. Kürzlich wurden die rund 400 Mitarbeiter über die Schließung bereits zum Ende Juli unterrichtet.

German Wings baut gut 400 Jobs ab, davon über 200 Stellen in Köln.  Auch diese Nachricht kam nicht  überraschend, nachdem  die Lufthansa im Frühjahr angekündigt hatte, den Betrieb ihrer Billigflugtochter einzustellen. Unvermutet kam dagegen das Aus für Coty in Köln-Bickendorf. Bis 2003 wurde hier das Kölnisch Wasser produziert. Procter & Gamble kaufte später das Werk, 2016 übernahm dann der US-Konzern Coty diverse Beautymarken von Procter & Gamble. 4711 gehörte da schon nicht mehr dazu.

Bickendorfer Fabrik schließt

Coty gilt als weltweit führender Parfüm-Hersteller, der in Köln unter anderem die Marken Bruno Banani und Hugo Boss produziert.  Die Bickendorfer Fabrik war der einzige deutsche Standort, die Produktion soll nun hauptsächlich nach Frankreich und Spanien verlagert werden. Rund 300 Mitarbeiter sind  in Bickendorf  beschäftigt, die Schließung soll phasenweise erfolgen und im Sommer 2022 abgeschlossen sein. Man habe eine „schwierige Entscheidung zur Konsolidierung der Duftproduktionskapazität“ treffen müssen, ließ Coty verlauten. Auch „wisse man zu würdigen, dass dies eine sehr herausfordernde Zeit für unsere betroffenen Mitarbeiter in Köln“ sein werde.

Schlechte Nachrichten kommen auch von der Textil-Kette H & M. Dort sollen über ein Freiwilligenprogramm 800 Stellen abgebaut werden, von Filial-Schließungen  ist noch nichts bekannt. Das Unternehmen betreibt in Köln drei Filialen, davon zwei prestige-trächtige in der Hohe Straße und der Schildergasse. Und bei der Parfümerie-Kette Douglas soll jede fünfte Filiale europaweit geschlossen werden, in Deutschland jede siebte. Rund 600 von 2500 Stellen in Deutschland sollen gestrichen werden.  In Köln gibt es 13 Filialen, welche betroffen sind ist noch nicht bekannt. Jetzt noch die Commerzbank.

IHK Köln stellt sich auf Insolvenzen ein

Weitere Stellen sind bedroht. Die IHK Köln stellt sich auch auf Insolvenzen ein. Wie viele Unternehmen möglicherweise aufgeben müssen, wollte die IHK-Präsidentin Nicole Grünewald nicht spekulieren. Die Pflicht zum Insolvenzantrag ist ja teils ausgesetzt. „Die Stunde der Wahrheit kommt im April oder Mai“, so Grünewald. Dann wüssten die Unternehmen, welche Hilfen sie unter dem Strich bekommen, weil ein Teil der Unterstützung ja auch zurückgezahlt werden müsse. „Wir wissen, dass da richtig etwas auf uns zukommt“, sagt Grünewald.

Sie und der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Frank Hemig berichten von sehr schwierigen Gesprächen an der Hotline der Kammer. Einige Hilfe suchende Anrufer würden weinen. Die Kammer legt Geld für eine Insolvenzberatung zurück. Sie hat nach den Worten von Grünewald etwa 40 000 Euro gespart, weil der traditionelle Neujahrsempfang der Kammer nicht stattfinden konnten. Die kann sie jetzt für Beratung verwenden.

Event- und Kulturbereich mitten ins Herz getroffen

Corona habe den starken Event- und Kulturbereich in Köln mitten ins Herz getroffen, sagte Grünewald. Mit dem Rücken zur Wand stehen auch Reisebranche, Gastronomie, Hotellerie, Messewesen, oder Einzelhandel. Grünewald sieht Wertschöpfungsketten bedroht. „Gelingt es uns nicht, große Teile der betroffenen Branchen über die Dauer der Pandemie zu retten, hat das gravierende Auswirkungen auf die Innenstädte und Ortskerne in unserer Region“, mahnt sie. 

„Betroffen sind auch bestimmte Teile der Industrie, wie zum Beispiel die Nahrungs- und Genussmittelindustrie, der Fahrzeugbau oder die Hersteller von Eisen, Blechen und Metallen und die Elektroindustrie“, schildert Hemig, Ein guter Branchenmix in der Region verhindert das Schlimmste. Relativ gut durch die Krise kommen laut IHK besonders die chemische und pharmazeutische Industrie sowie der Maschinenbau. Auch Dienstleistungsbereiche wie Immobilien- und Informationswirtschaft seien nicht so stark betroffen.

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Insgesamt steckt die Wirtschaft in der Region in der Rezession, wie Grünewald ausführte. Bei der Kunjunkturumfrage der Kammer bezeichneten 27 Prozent der Unternehmen ihre Lage als gut, 29 als schlecht. Bessere Geschäfte in den kommenden Monaten erwarten 23 Prozent, schlechtere 26. Damit werden Lage und Erwartungen jetzt zwar besser beurteilt als im Herbst. Der von der Kammer ermittelte Konjunkturklimaindikator erreicht aber nur 97,4 Punkte. Wachstum ist jenseits von 100 zu erwarten.