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BörseWie einige Branchen vom Krieg in der Ukraine profitieren

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Rheinmetall

Die Aktienkurse von Rüstungsunternehmen wie Rheinmetall haben vom Ukraine-Krieg als Erste profitiert.

Frankfurt – Der Krieg in der Ukraine setzt dem Aktienmarkt weiter zu. Leitindexe wie der deutsche Dax stehen unter Druck. Trotzdem zeichnen sich an den Märkten inzwischen auch Gewinner ab. Eine Branche sticht sogar mit geradezu außerordentlichen Kurssprüngen heraus: die Rüstungsindustrie. Infolge der Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz, 100 Milliarden Euro zusätzlich für die Rüstung auszugeben, verdoppelte sich der Kurs mancher Waffenlieferanten zeitweise.

Analysten der US-Bank JP Morgan sprechen bereits von einem neuen Zeitalter für Rüstungsaktien. Denn der unverhoffte Geldregen trifft eine Branche, die angesichts des Anlagetrends Nachhaltigkeit zuletzt ins Abseits geraten war: Rüstungsaktien passten schlicht nicht mehr in die modernen, von sogenannten ESG-Kriterien bestimmten Portfolios vieler Anleger, die bei ihrer Geldanlage zunehmend Wert auf Umweltaspekte, soziale Kriterien und eine verantwortungsvolle Unternehmensführung legen.

Nun aber habe Russlands Invasion in die Ukraine das Umfeld für den gesamten europäischen Verteidigungssektor grundlegend verändert, schrieb JP-Morgan-Analyst David Perry in einer Analyse. Er rechnet europaweit mit deutlich höheren Verteidigungsausgabe als bisher erwartet. Entsprechend verhilft die geplante Nachrüstung Europas gegenüber Russland der Rüstungsbranche gegen den Trend zu unverhofften Gewinnen. Und auch Anleger können von den Kurssprüngen profitieren, vorausgesetzt, sie legen moralische Bedenken zur Seite.

Rheinmetall legt nach Scholz-Ankündigung stark zu

Mächtig im Aufwind ist an der Börse der hierzulande führende deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall. Im M-Dax sprangen die Aktien zuletzt um mehr als 50 Prozent auf rund 152 Euro nach oben. Vor einem Vierteljahr war das Papier noch für 80 Euro zu haben. Das Portfolio der Düsseldorfer reicht von Panzern über Flugabwehrsysteme bis zu Munition und Trainingscentern. Eigenen Angaben zufolge kann Rheinmetall der Bundeswehr derzeit Ausrüstung im Wert von 42 Milliarden Euro liefern. Der massive Anstieg der Rüstungsausgaben beschere der Aktie Aufwärtspotenzial, schreibt der Analyst Christian Cohrs vom Analysehaus Warburg.

Auch andere Rüstungspapiere wie der Spezialist für Rüstungselektronik Hensoldt legten deutlich zu. Das Unternehmen ist aus dem Airbus-Konzern hervorgegangen und stellt unter anderem besondere Radartechnik her. 2021 beteiligte sich die Bundesregierung an Hensoldt. 450 Millionen Euro zahlte sie für 25,1 Prozent der Anteile. Das Engagement hatte sich bislang finanziell kaum gelohnt – bis jetzt: Von 15 Euro am Freitag vergangener Woche sprang der Kurs am Montag bis knapp 28 Euro, fiel seitdem aber auf um die 20 Euro zurück.

Stahlkocher Thyssenkrupp und Flugzeugbauer Airbus gewannen ebenfalls zwischenzeitlich kräftig dazu. So soll der Flugzeugkonzern den Eurofighter weiterentwickeln und ist zudem am bisher größten europäischen Rüstungsprojekt eines gemeinsam entwickelten neuen Kampffliegers beteiligt.

Auch andere Branchen könnten von der veränderten Weltlage profitieren. Aufgrund der bewusst gewordenen Abhängigkeit Deutschlands und Europas von russischem Erdgas kommt dem beschleunigten Ausbau regenerativer Energien eine immer wichtigere Bedeutung zu.

Erneuerbare Energien auch für Sparer interessant

Entsprechend befinden sich Unternehmen wie RWE, Eon oder Nordex an der Börse derzeit im Aufwind. Unternehmen, die allesamt einen Vorteil von einem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien hätten. Auch Sparer können von der Entwicklung profitieren, indem sie beispielsweise mit einem ETF in einen Korb von Unternehmen aus dieser Industrie investieren.

„Unternehmen, die viel Geld mit Gashandel verdienen, sind jetzt natürlich ein Risikofaktor“, sagte Jens Ehrhardt, Chef des Vermögensverwalters DJE Kapital, dem „Münchner Merkur“. „Besser sind Versorger, die Netze besitzen und erneuerbare Energien vertreiben. Beides wird immer gebraucht und ist unabhängig vom Weltgeschehen.“

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Zu den Kursgewinnern in der Krise zählen auch Cybersecurity-Aktien. So kamen im Zuge der russischen Invasion auch diverse Meldungen zu Cyberangriffen auf. Derartige digitale Angriffe schließen Experten auch für andere Staaten nicht aus, sind sie doch inzwischen Teil einer modernen Kriegsführung – und das nicht nur in Kriegszeiten.

Das macht entsprechende Investitionen in Sicherheitsmaßnahmen erforderlich. Erste Reaktionen lassen sich an den Märkten bereits beobachten: Die Papiere des IT-Unternehmens Secunet schossen im S-Dax zuletzt nach oben. Das Unternehmen ist spezialisiert auf Bedarf zum Schutz vor Cyberattacken.