In Stade ist die Hälfte einer Schafsherde von Wölfen getötet worden. Die Bilder der toten Tiere rufen heftige Reaktionen hervor.
„Mordlust“?Wölfe reißen mehr als 50 Schafe einer Herde – Hitzige Diskussion über Abschuss
Der mutmaßliche Wolfsangriff auf eine Schafsherde im Norden Niedersachsen hat zu heftigen Diskussionen über den Abschuss der Wildtiere geführt. Die Bilder der zahlreichen blutüberströmten, toten und verletzten Tieren rufen derzeit viele Reaktionen hervor. Kreisjägerschaft Stade und Naturschutzbund (NABU) Stade positionieren sich in unterschiedlicher Weise.
Zum Angriff kam es in der Nacht von Samstag (26. August) auf Sonntag (27. August) auf einer Weide in Gräpel in der Gemeinde Estorf im Landkreis Stade. Vermutet wird, dass ein ganzes Rudel Wölfe verantwortlich für die Attacke ist, denn es wurden nach Angaben der Kreisjägerschaft Stade 18 Schafe sofort durch den Wolf getötet. 37 weitere Tiere mussten von Tierärzten eingeschläfert werden. 30 Schafe wurden verletzt und zwei Tiere wurden zunächst vermisst. Insgesamt bestand die Herde des Schäfers aus 112 Tieren.
Die ist bei weitem nicht erste Attacke von Wölfen auf Weidetiere, denn insbesondere in Niedersachsen kommt es immer wieder vor, dass die Raubtiere unter Nutztieren Beute machen. Vorwiegend gibt es immer wieder Berichte von toten Deichschafen. Tote Schafe gibt es häufig, aber es sind auch schon Rinder und Ponys getötet worden. In Niedersachsen leben nach Angaben des Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz von 2022 39 Wolfsrudel und 4 residente Einzelwölfe. Die Landesjägerschaft kommt im März 2023 auf eine noch höhere Zahl: Demnach existieren bereits 44 Wolfsrudel.
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Wie mit den Wölfen umgegangen werden soll, ist höchst umstritten. Jäger fordern immer wieder den Abschuss von einzelnen Tieren, viele Naturschützer sind strikt dagegen. Zuletzt hatte Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) sogar Morddrohungen erhalten, als er sich für die „Entnahme“ einzelner Tiere ausgesprochen hatte.
Jäger in Stade wollen mehr Wölfe abschießen
Im Fall von Gräpel kochen die Emotionen erneut hoch. Die Jägerschaft verweist auf die „Auricher Erklärung“. Diese fordert, dass die „optimale Pflege der Deiche über das Nutztier Schaf“ gewährleistet werden muss. „Hab und Gut“ und im „Extremfall das Leben von Menschen“ müssten besser vor dem Wolf geschützt werden. Der Wolfsbestand müsse reduziert werden, wenn Regionen besonders belastet seien, und dies sei in Stade der Fall.
Unterstützt wird dieses Anliegen von Beiträgen in den sozialen Medien, in denen sich die Bilder der toten Schafe weiter verbreiten. Hier ist die Rede von einem Angriff „einfach nur so aus Mordlust“, da die meisten Tiere ja gar nicht gefressen wurden. Dies sei „brutal grausam“.
Nabu Stade zu Angriff auf Schafsherde: „Wolf wird überdramatisiert“
Der Nabu in Stade vertritt hingegen eine ganz andere Meinung. Der Vorsitzende Wolfgang Ebbinghaus sagt, der Wolf werde „politisch überdramatisiert“. Die Tiere würden sich nur zu wenigen Prozent von Tieren ernähren, die landwirtschaftlich genutzt werden. Aber natürlich hätten die Jäger ein Interesse daran, auch den Riss von Rehen zu reduzieren.
Ebbinghaus macht die Haltungsform der Schafe als Grundursache der vielen toten Tiere aus. Die Schäfer hätten verlernt, mit dem Raubtier umzusehen und würden sich daher „schlampig verhalten“. Er kritisiert das Einpferchen der Tiere auf einer geringen Fläche durch Elektrozaun. Zum Fall von Gräpel sagt er: „Der Wolf will eigentlich nur ein Schaf reißen, ist dann aber irritiert durch die Dichte der Tiere und beißt zu“, meint er. Der „Blutrausch“ sei in Wirklichkeit einfach Hunger des Raubtieres.
Eine Alternative zu dieser Weideform sei eine lockerere Haltung der Schafe mit Einsatz von Hütehunden. Dann würden im Fall eines Angriffs nicht so viele Tiere getötet. Kurzfristig sei es so, dass die Tierhalter ja eine Summe aus der Versicherung ausgezahlt bekämen. Grundsätzlich hält Ebbinghaus den rechtlichen Rahmen, der den Abschuss von einzelnen „Problemwölfen“ grundsätzlich ermöglicht, für völlig ausreichend.