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Gullideckel verschweißtDrach-Prozess macht Kölns Landgericht zur Hochsicherheits-Zone

Lesezeit 4 Minuten
Drach-Prozess Absperrung in Köln

Ein Schrankenzaun steht unweit vom Justizzentrum Köln Luxemburger Straße für eine Sperrung bereit. 

  1. Es ist der Prozess des Jahres: Das Landgericht Köln bereitet sich auf die Verhandlung gegen den früheren Reemtsma-Entführer Thomas Drach vor.
  2. Das Areal rund um das Justizzentrum wird zur Hochsicherheitszone.

Köln – „Superhirn“, „Berufsverbrecher“ oder „kriminelles Schwergewicht“. Der ehemalige Reemtsma-Entführer Thomas Drach hat viele Namen. Am Dienstag beginnt der Mammutprozess gegen einen der bekanntesten Schwerverbrechern Deutschlands. Welche weiteren Namen werden dem 61-Jährigen nach dem Prozess gegeben. Vielleicht: „Der Mann, der für immer im Gefängnis bleibt“. Drach droht am Ende des Verfahrens Sicherungsverwahrung. Es würde bedeuten, dass der Angeklagte vermutlich bis zu seinem Lebensende im Gefängnis bleibt.

Opfer von Thomas Drach müssen am Kölner Landgericht aussagen

Doch bei aller kriminellen Vorgeschichte: Für Drach gilt in dem Verfahren erst einmal die Unschuldsvermutung und die 21. Große Strafkammer um den Vorsitzenden Richter Michael Bern stehen sehr intensive Wochen und Monate im Landgericht bevor, bis ein Urteil gesprochen wird – möglicherweise dann mit Sicherungsverwahrung. Intensiv wird es mit Sicherheit auch für die Opfer des Thomas Drach, die im Zeugenstand die schockierenden Erlebnisse noch einmal durchleben müssen.

Nach dem Überfall am Kölner Flughafen untersuchen Ermittler den ausgebrannten Fluchtwagen.

Da ist zum einen der Wachmann einer Security-Firma bei Ikea im Kölner Stadtteil Godorf. Am 24. März 2018 fährt ein Geldtransporter auf den Parkplatz des Möbelhauses. Einer der Wachmänner steigt aus, um die Einnahmen vom Vortag abzuholen – es sind deutlich über 70.000 Euro.

Mit dem Geld machte sich der Wachmann auf den Weg zurück zu seinem Wagen, als ihn ein vermummter Mann angreift. Die Sicherheitskraft wird entwaffnet, der Täter reißt das Geld an sich und flieht. Dieser brutale Überfall verläuft ohne Blutvergießen, dies ist bei einem spektakulären Geldtransporter-Überfall am Flughafen Köln/Bonn anders.

Wachmann bei Raubüberfall am Flughafen Köln in den Oberschenkel geschossen

Ein Wachmann will mit seinem Kollegen am Aschermittwoch 2019 eigentlich nur Kleingeld zum Flughafen Köln/Bonn bringen, um dort Gepäckwagenstationen in Terminal 2 mit Münzgeld aufzufüllen. Es ist 9.10 Uhr, als sich das Leben des Wachmannes gravierend verändert. Es tauchte ein Mann auf, bewaffnet mit einer automatischen Waffe, er rief: „Nimm den kleinen Koffer runter.“

Noch bevor die Wachleute reagieren konnten, schoss der Unbekannte dem Wachmann durch den rechten Oberschenkel. Das Opfer verlor viel Blut. In einer Notoperation konnte ihm das Leben gerettet werden. Der Schütze schnappte sich zwei Geldkassetten, ein Komplize in einem Audi fuhr heran, beide konnten flüchten. Die Beute betrug nur 400 Euro. Vermutlich hatten die Täter den Geldtransporter verwechselt. Ein 53-Jähriger soll mit Drach die Tat begangen haben und sitzt ebenso auf der Anklagebank.

Notoperation rettet Kölner Wachmann das Leben

Acht Monate später, am 9. November 2019, sollen die Täter erneut zugeschlagen haben. Diesmal war das Opfer wieder ein Wachmann, wieder musste der Sicherheitskraft in einer Notoperation das Leben gerettet werden. Zwei Fahrer eines Geldtransporters vor einer Ikea-Filiale in Frankfurt am Main parkten ihren Wagen auf dem Gelände.

Als einer der Geldboten mit fast 60.000 Euro in bar die Seitentür seines Wagens öffnete, stürzt ein Mann auf ihn zu und hält einen Revolver in der Hand und schreit „Geld. Geld. Geld.“Der Überfallene soll sich mit einem Schuss in Richtung des Täters gewehrt haben – ohne zu treffen. Der Täter feuerte zurück und traf den Wachmann am linken Oberschenkel.

Thomas Drach

Der Angeklagte Thomas Drach 

Die Angriffe in Frankfurt und am Kölner Flughafen werden als versuchter Mord bewertet. Weiter soll Drach im September 2018 Geldtransporter bei Ikea in Köln-Godorf und auf dem Parkplatz eines Supermarktes in Limburg überfallen haben.

Wegen Prozess gegen Thomas Drach: Straßensperrungen am Kölner Landgericht

Der Mammutprozess findet unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen statt. Viele Kölner müssen sich wegen des Prozesses in den kommenden Monaten auf Straßensperrungen einstellen. Rund um das Gericht, dass an der Hauptverkehrsachse Luxemburger Straße liegt, wird es an allen 53 Prozesstagen zu Staus kommen. Im Vorfeld wurden sogar Kanaldeckel verschweißt.

An den Prozesstagen solle der Bereich „weiträumig umfahren werden, weil eine ungehinderte Durchfahrt nicht garantiert werden kann“, so das Gericht. Bei der Staatsanwaltschaft, die direkt neben dem Landgericht liegt, gingen Mitteilungen ein, dass sich die Ankläger beim Weg zur Arbeit bei Kontrollen an den Sicherheitsschleusen ausweisen müssen.

In Köln begann die kriminelle Karriere von Thomas Drach

Für Schwerverbrecher Drach ist Köln sozusagen ein Heimspiel: In dieser Stadt begann seine kriminelle Karriere. Schon im Alter von 16 bis 17 Jahren drehten Thomas Drach und sein Bruder Lutz das erste große Ding: Sie wurden vor einem geplanten Supermarktüberfall gefasst und zu einer Jugendstrafe verurteilt. 1981 folgte ein spektakulärer Bankraub.

Am 1. Oktober rasten die Täter mit einem Ford „Granada“ auf die damalige Filiale der Kreissparkasse im heutigen Rhein-Center in Weiden zu. Mit voller Wucht rammte der Wagen in die Panzerglasscheibe, in die ein gewaltiges Loch gedrückt wurde. Mit gezogener Waffe erbeuteten die Männer 36 000 Mark. Vier Tage später wurde Thomas Drach gefasst.

Verteidigt wird Thomas Drach vom Kölner Strafverteidiger Andreas Kerkhof. Im Gespräch mit der Rundschau betont der Anwalt, dass die Vorwürfe „völlig haltlos“ seien und Drach einen Freispruch anstrebe. „Es gibt keinerlei stichhaltige Beweise dafür, dass gerade mein Mandant die angeklagten Überfälle begangen hätte“, so Kerkhof.

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Die Anklageschriften würden sich sämtlich auf lückenhafte Indizien und reine Spekulationen stützen, teilte der Verteidiger weiter mit. Der Verteidiger des mutmaßlichen Drach-Komplizen ist Wolfgang Heer, der im NSU-Verfahren Beate Zschäpe verteidigte.