Albertus Magnus, Doctor Universalis, war weitgereister Gelehrter, den es immer wieder zurück nach Köln zog. Anselm Weyer folgt seinen Spuren – und den Sagen und Gerüchten, die sich immer wieder um Albertus ranken.
Fakten, Sagen und GerüchteAuf den Spuren von Albertus Magnus in Köln
Groß im körperlichen Sinne war Albert der Große nicht. Seine in St. Andreas ruhenden Gebeine zeugen von einem mageren Mann, nicht größer als 1,60 Meter, dessen Wirbelsäule sich im Alter infolge rheumatischer Leiden zudem stark nach vorne gekrümmt hat. Der als „doctor universalis“ gerühmte Dominikaner gilt aber als vielleicht größter Gelehrter des Mittelalters. Er brachte die Werke des als heidnisch abgetanen Philosophen Aristoteles wieder ins Bewusstsein und integrierte sie in die christliche Gedankenwelt.
1193 im schwäbischen Lauingen an der Donau geboren, wurde Albert 1223 in Padua Dominikanermönch und 1228 nach Köln geschickt, wo sein Orden seit 1221 eine Niederlassung unterhielt. Hier in der Stolkgasse sollte Albert die längste Zeit seines Lebens verbringen. Albert von Köln wurde er deshalb auch oft genannt.
Albertus Magnus war ein vielgereister Mann
Dabei war er häufig unterwegs. Sein Orden schickte ihn unter anderem nach Hildesheim, Freiburg oder Straßburg, um dort wissenschaftliche Studienbetriebe einzurichten. Er war Universitätsprofessor in Paris, kurzzeitig auch Bischof von Regensburg. 1254 wählte das Ordenskapitel Albertus zum Provinzial von ganz Deutschland, weshalb er zu Fuß alle dessen Niederlassungen besucht haben soll.
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So umtriebig erschien er den Zeitgenossen, dass erzählt wurde, er sei an verschiedenen Orten gleichzeitig gewesen. Einer Legende nach soll Albertus gar mit einer französischen Königstochter von Paris nach Köln geflogen sein – womit er Köln zur Keimzelle der deutschen Luftfahrt gemacht hätte.
So weitgereist er aber war, immer wieder kam er nach Köln zurück. So auch 1248, um als erster Rektor der Kölner Hochschule seines Ordens das Studium generale der Dominikaner in der Stolkgasse zu begründen. Er kam gerade rechtzeitig zum Baubeginn des neuen, gotischen Doms. „In Köln sah ich, wie sehr tiefe Gruben ausgehoben wurden“, schreibt er. „Tief unten fand man Gerätschaften von auffallender Gestalt und Verzierung, die offenbar in alter Zeit von Menschen angefertigt und von den Trümmern menschlicher Behausung verschüttet wurden.“
Von Maria die Pläne für den Kölner Dom erhalten
Über Jahrhunderte war man überzeugt, dass nicht Meister Gerhard, sondern Albertus Magnus Ideengeber des gewaltigen Bauwerks gewesen sei, das da am Rhein entstand. Als sich das Universalgenie in seiner Zelle mit dessen Architektur beschäftigt und den Himmel um Erleuchtung angefleht habe, sei sein Zimmer erst von Blitzen, dann von einem milden Licht erhellt worden und die Jungfrau Maria, begleitet von vier die Baukunst repräsentierenden Männern, habe ihm höchstselbst die Pläne des Dombaus gezeigt. Diese habe Albertus aus dem Gedächtnis nachgezeichnet und den Kölner Dom danach ausführen lassen.
Aus Alberts Versuchen auf dem Gebiet der Mechanik speist sich die Legende, sein Schüler Thomas von Aquin habe sich einmal in Abwesenheit seines Lehrers in dessen geheime Kammer eingeschlichen, wo sich Albertus oft tagelang einschloss. Dort habe Thomas eine redende menschliche Metallfigur gefunden und diese schleunigst zerstört – in einigen Versionen, weil sich Thomas von dem mechanischen Mädchen in Versuchung geführt fühlte. In anderen Versionen handelte Thomas, um Albertus vor der Verfolgung durch die Inquisition zu beschützen. Dieser Sage nach hätte Köln den ersten Roboter der Weltgeschichte beherbergt.
Berühmt auch die Sage, dass Albertus Magnus König Wilhelm anlässlich des Dreikönigsfestes zum Bankett in den hochverschneiten Klostergarten eingeladen habe, der sich zu diesem Anlass in einen warmen Garten Eden verwandelte. „So lange die Tafel dauerte, blühten Bäume und Gesträuche ringsumher und Blumen aller Art öffneten ihre Kelche, wie zur Frühlingszeit“, heißt es in einer Chronik. „Nach aufgehobener Tafel ging der Frühling wieder verloren und der rohe Winter trat in den Garten zurück.“ Diese Sage geht wohl auf ein Treibhaus zurück, das Albertus im Klostergarten hatte anlegen lassen und das den Zeitgenossen wie ein Wunder erschien.
Als Ratgeber in Köln stets gefragt
Trotz dieser Sagen und Albertus´ verbrieftem Interesse an den Naturwissenschaften, wurden keine Stimmen laut, die ihn der schwarzen Magie bezichtigten. Stattdessen war er allenthalben als Ratgeber hoch gefragt. Erzbischof und Bürgerschaft von Köln wählten ihn einvernehmlich zum Schiedsrichter, wenn wieder einmal Streit um die Stadtrechte aufflammte.
Wie aber konnte Albert so klug werden? Der Legende zufolge war er das in jungen Jahren überhaupt nicht. Dann sei ihm aber die Muttergottes erschienen und habe ihn wählen lassen, ob er lieber das irdische oder das theologische Wissen besitzen wolle. Dass sich Albert für Ersteres entschied, missfiel Maria zwar, dennoch hielt sie ihr Versprechen – allerdings mit der Einschränkung, dass er drei Jahre vor seinem Tod wieder dumm und unwissend würde. Und tatsächlich soll Albert in hohem Alter mitten in einem Vortrag die Sprache verloren und anschließend unter immer stärkeren Erinnerungslücken gelitten haben.
Albertus Magnus starb, nachdem er schon zuvor nur noch selten die Schwelle des Dominikanerklosters überschritten hatte, am 15. November 1280, also in etwa mit 87 Jahren. Sein Grab in der Kölner Dominikanerkirche entwickelte sich zum Wallfahrtsort. Menschen sprachen wunderbare Heilungen seinen Fürbitten zu.
Als dann Ordensgeneral Salvus Casetta 1483 nach Köln kam und das Grab öffnen ließ, hätten die Gebeine unversehrt im bischöflichen Gewand dagelegen. Seliggesprochen wurde Albert 1622. Als die Franzosen das Dominikanerkloster „Heilig Kreuz“ auflösten, wurde Albertus Magnus ins benachbarte St. Andreas umgebettet. 1931 sprach ihn Papst Pius XI. heilig. Sein Nachfolger Papst Pius XII. ernannte Albert Coloniensis zum Schutzpatron der Naturwissenschaften.