Köln – Der Jubel ist noch gar nicht so lange verhallt. Gerade mal vier Monate sind vergangen, seitdem der 1. FC Slovácko den größten Tag seiner Vereinsgeschichte erlebt hat. Durch einen 3:1-Sieg am 18. Mai im tschechischen Pokalfinale über Sparta Prag sicherte sich der Club aus dem Südosten des Landes den ersten Titel in seiner 22-jährigen Historie.
Die Menschen in Uherské Hradiště konnten ihr Glück kaum fassen. Das 25.000 Einwohner zählende Städtchen nahe der slowakischen Grenze stand Kopf nach dem Triumph im eigenen Stadion. Tausende Anhänger strömten auf die Straßen, bengalische Feuer erhellten die magische Nacht.
Der Überraschungscoup über den zwölfmaligen Landesmeister war gleichbedeutend mit der vorläufigen Krönung von Martin Svediks Schaffen in der Mährischen Slowakei. Als der 48-jährige Tscheche im November 2018 an der Seitenlinie übernahm, dümpelte Slovácko im Niemandsland der Fortuna Liga herum. Seit zwei Jahren zeigt die Entwicklung jedoch deutlich nach oben. Die vergangenen beiden Spielzeiten schloss der Verein jeweils auf dem vierten Rang ab. Es waren die besten Platzierungen seit dem Jahr 2000, als aus einer Fusion der 1. FC Synot entstand, der 2004 in 1. FC Slovácko umbenannt wurde.
Zur Belohnung schnupperte der Club im vergangenen Jahr zum ersten Mal europäische Luft. In der zweiten Qualifikationsrunde zur Conference League war gegen den bulgarischen Vertreter Lokomotive Plowdiw jedoch schnell wieder Schluss. In diesem Jahr feiert Slovácko nun sein Debüt in einer europäischen Gruppenphase. Als einer der Verlierer der dritten Europa-League-Qualifikationsrunde (0:3 und 1:1 gegen Fenerbahce Istanbul) stießen die Tschechen in den Playoffs zur Conference League hinzu, wo sie AIK Solna aus Schweden souverän ausschalteten (3:0, 1:0).
Mark Uth ist zurück auf dem Platz
Der Spaß stand am Dienstag beim ersten Teamtraining des 1. FC Köln nach dem 0:1 gegen Union Berlin und zwei Tage vor dem Conference League-Heimspiel gegen den 1. FC Slovácko im Mittelpunkt. Das Trainerteam um Chef Steffen Baumgart hatte eine Spielform ausgeheckt, in der es darum ging, den Ball gegen die Latte von großen und kleinen Toren zu schießen und danach den Abpraller volley ins Tor zu befördern. Torwart Timo Horn und Joshua Schwirten entpuppten sich als Meister und gingen als Sieger des Tages vom Platz.
Mark Uth (Foto: Bucco) musste mit seiner Einheit warten, bis das Spiel vorüber und die Sieger gekürt waren. Der FC-Spielmacher steht nach seiner Schambein-Op seit Montag wieder auf dem Platz und schuftet mit Reha-Trainer Leif Frach an seinem Comeback. Der 31-Jährige fehlt dem FC seit dem Pokalspiel am 30. Juli in Regensburg. Uth und die Kölner hoffen, dass er nach den Partien gegen Slovácko und am Sonntag in Bochum nach der Länderspielpause am 1. Oktober im Heimspiel gegen Borussia Dortmund wieder im Kader steht. „Kann es kaum erwarten wieder zurück auf dem Feld zu sein“, schrieb Uth selbst auf Instagram. (sam)
Der Auftakt in die Gruppenphase gegen Partizan Belgrad glich einem Wechselbad der Gefühle. Nach langer Überzahl und einer 2:0-Pausenführung gab Svediks Team die Partie überraschend aus der Hand, ehe es kurz vor Schluss noch zum 3:3 ausglich. Am Donnerstag (21 Uhr, RTL) gastieren die Tschechen zum ersten Auswärtsspiel beim 1. FC Köln, der mit dem 1:1 bei Gruppenfavorit OGC Nizza ebenfalls mit einer Punkteteilung gestartet ist. Begleitet werden sie von etwa 500 Fans.
Im Liga-Alltag macht dem 1. FC Slovácko derweil der Fluch der guten Taten zu schaffen. Nach dem Pokalsieg sprangen mehrere Leistungsträger ab. Am schwersten wiegt der Verlust des tschechischen Nationalspielers Vaclav Jurecka (28). Der Mittelstürmer, der in der abgelaufenen Runde in 41 Pflichtspielen 20 Mal vollstreckte, wurde von Slavia Prag abgeworben. In Sturmpartner Rigino Cicilia (Heracles Almelo) ging auch der zweitbeste Schütze von Bord (12 Tore in 33 Spielen). Nun ruhen die Hoffnungen auf Zugang Ondrej Mihalik (25/Viktoria Pilsen). Nach acht Spieltagen rangiert der Vorjahresvierte mit zehn Punkten und ebenso wenig erzielten Toren jedoch nur im Mittelfeld. Der letzte Sieg liegt wettbewerbsübergreifend fünf Spiele zurück.
Namhaftester Akteur des Teams ist der frühere Bundesliga-Profi Michal Kadlec (37). Der Innenverteidiger, der von 2008 bis 2013 in 158 Pflichtspielen für Bayer 04 Leverkusen auflief, fungiert als Kapitän und verlängerter Arm von Trainer Martin Svedik. Dessen favorisiere Abwehrformation ist die Viererkette. Weitere Schlüsselspieler sind Mittelfeld-Taktgeber Marek Havlik und Linksaußen Daniel Holzer (beide 27).
Das älteste Aufgebot der tschechischen Liga (Schnitt 27,8 Jahre) besteht fast nur aus einheimischen Spielern. Der Marktwert des Kaders liegt bei etwas mehr als 9 Millionen Euro. Das ist im Vergleich zum 1. FC Köln eine andere Welt, die sich auch in der Infrastruktur und Zuschauerresonanz bemerkbar macht. Das Stadion Miroslava Valenty, benannt nach dem früheren Clubpräsidenten, fasst nur rund 8000 Schalensitze. Vergangene Saison verloren sich bei den Liga-Heimspielen im Schnitt 3600 Besucher. Bei europäischen Duellen ist das öffentliche Interesse größer. Gegen Partizan kamen 7000 Fans. Sie sahen ein wildes Auf und Ab, das die Kölner vor heimischer Kulisse versuchen werden zu vermeiden.