Baskets-Chefcoach Tuomas Iisalo reagiert auf die Erfolgswelle ganz anders als erwartet. Statt auf die Bremse zu treten, genießt er mit der Mannschaft den Moment des Triumphes – wohlwissend, dass er sie jederzeit wieder auf den Boden der Tatsachen holen kann.
Telekom BasketsIisalo wiedersteht Trainerreflex: Trotz Erfolgswelle kein Tritt auf die Euphorie-Bremse
Einen solchen Saisonstart haben die Telekom Baskets noch nie hingelegt: Als doppelter Tabellenführer sind sie derzeit im Blickpunkt – bundesweit, ja sogar europaweit. Denn nach dem Sieg in Karsiyaka/Türkei haben sie sich in der Champions League als Spitzenreiter schon für die zweite Runde qualifiziert, in der 16 Mannschaften in vier Vierer-Gruppen weiterspielen. Und in der Bundesliga überzeugten sie, als sie Bayern München dominierten und mit einem 78:68-Erfolg an der Spitze ablösten.
Die Baskets haben es in der Hand, diese Position noch einige Wochen zu konservieren. Denn der Terminplan hält bis Mitte Januar mit Crailsheim, Chemnitz, Frankfurt, Ulm und Rostock schlagbare Gegner bereit, ehe es am 15. Januar in Berlin mit dem Titelverteidiger zum nächsten Gipfeltreffen kommt.
Kein Wunder also, dass die Fans von einer Hochstimmung erfasst sind. Aber wie reagiert Chefcoach Tuomas Iisalo auf den kollektiven Freudentaumel? Ganz anders, als das von einem Coach allgemein „erwartet“ wird: Er widersteht dem Trainer-Reflex, auf die vielzitierte Euphoriebremse zu treten. Nein, der sonst so nüchtern analysierende Finne genießt mit seiner Truppe die Momente des Triumphes – er weiß, dass er sie im Training jederzeit wieder auf den Boden holen kann. Punktuell verstärkt er die Begeisterung sogar noch. So zum Beispiel, als er nach dem Doppelschlag gegen Karsiyaka und München zur Qualität der Gegner sagte: „Es war der zweite superwichtige Sieg gegen zwei Weltklasse-Mannschaften.“
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Iisalo muss psychologische Gratwanderung bewältigen
Man kann diese Wertung „Weltklasse“ getrost als Kampfansage an die Konkurrenz verstehen. Genauso wie seine Zwischenbilanz in einem Podcast: „Wir haben noch viel Luft nach oben.“ Diese verbale Offensive kann selbstverstärkende Effekte haben – kann sich aber auch als Bumerang erweisen. Was davon in den nächsten Wochen eintritt, ist eine spannende Frage bei den Baskets: Einerseits ist unbestreitbar, dass die öffentliche Wertschätzung des Trainers das Selbstvertrauen enorm stärkt und die Spieler dadurch in kritischen Spielphasen stabiler reagieren.
Andererseits besteht die Gefahr, dass ein übersteigertes Selbstwertgefühl dazu führt, einen nominell schwächeren Gegner zu unterschätzen. Diese psychologische Gratwanderung muss Iisalo ganz besonders am Samstag bewältigen, wenn er mit den Baskets bei den Crailsheim Merlins antritt (18 Uhr, Live bei Magenta-Sport), bei denen er vor seinem Engagement in Bonn fünf Jahre Cheftrainer war.
Das ist genau so eine Situation, die für den Favoriten gefährlich werden kann: hier die Gastgeber, die mit nur drei Siegen auf Rang 13 liegen, es aber ihrem Ex-Trainer zeigen wollen; und dort die vor Energie strotzenden Baskets, die aber im Unterbewusstsein den Gegner nicht ernst genug nehmen könnten.
Die Bonner müssen zudem auf Collin Malcolm verzichten, der gegen München umgeknickt war. Das ist auf jeden Fall eine Schwächung, da Malcolm zuletzt immer besser in Schwung gekommen war und in Karsiyaka mit 20 Punkten sein bestes Spiel für Bonn bestritten hatte. Für ihn werden wohl Deane Williams und Tyson Ward mehr Spielzeit erhalten.
Seit Donnerstag hat die Partie unerwartet zusätzliche Brisanz erhalten: Einen Tag, nachdem die Merlins im FIBA Europe Cup den niederländischen Rekordmeister Den Bosch mit 89:84 bezwungen hatten, trennte sich Crailsheim von Trainer Sebastian Gleim. Der Club beteuerte, dies habe nichts mit der sportlichen Situation zu tun. Nachfolger ist zunächst der bisherige Co-Trainer Nikola Markovic.