München – Strahlende Gesichter und Oktoberfest-Stimmung auf der einen Seite und geknickt vom Platz schleichende Bundesliga-Fußballer auf der anderen. Das Krisen-Duell zwischen dem FC Bayern München und Bayer Leverkusen endete in der ausverkauften Allianz-Arena mit 4:0 (3:0) für den Rekordmeister.
Dass dieser eine Serie von vier sieglosen Partien in Folge beenden wollte, war dem Team von Julian Nagelsmann zu jeder Zeit anzumerken. Auf der anderen Seite wirkte die auch nach dem achten Spieltag mit nur einem Sieg tief im Tabellenkeller stehende Werkself vor allem in den ersten 45 Minuten unentschlossen, mutlos und dazu fahrig. Nach 90 Minuten war Bayers schlechtester Bundesliga-Start seit 40 Jahren perfekt.
Seoane setzt auf Bakker als Linksverteidiger
Die Diskussionen um Trainer Gerardo Seoane dürften wieder deutlich an Fahrt aufnehmen. „Die Situation ist sehr schwierig für uns. Bayern hat uns in allen Belangen übertroffen. So eine Krise wie München hätte ich gerne“, sagte Bayer-Führungsspieler Kerem Demirbay tief enttäuscht.
Dabei hatte Seoane wieder auf eine 4:2:3:1-Formation mit Mitchel Bakker als Linksverteidiger gesetzt. Doch schon nach 150 Sekunden brach das bevorzugte System des Trainers erstmals zusammen. Bakker, der wegen seines starken Antritts den Vorzug vor Piero Hincapié erhalten hatte, offenbarte bekannte Schwächen im Stellungsspiel, als er gegen Jamal Musiala erst zu spät kam und ihn dann flanken ließ.
Sané bringt dominante Bayern in Front
In der Mitte stand Leroy Sané und da er weder von Kerem Demirbay noch von Edmond Tapsoba entschlossen attackiert wurde, traf er zum 1:0 (3.). Die Werkself musste ihren Matchplan mit tiefen Balleroberungen und schnellem Umschaltspiel also früh über den Haufen werden.
Erinnerungen an das 1:5 (0:5) im Heimspiel vor ziemlich genau einem Jahr wurden wach. Als Sinnbild für die Verunsicherung stand Lukas Hradecky: Erst säbelte der Kapitän über einen zu strammen Rückpass (6.), dann ließ er sich den zweiten Gegentreffer einschenken (17.). Nach Doppelpass mit Thomas Müller überwand Musiala Leverkusens Torwart im kurzen linken Eck.
64 Prozent Ballbesitz bei den Hausherren
Das 2:0 gab den Hausherren Sicherheit für weitere, kontrollierte Offensivaktionen. Bayer hatte durch Moussa Diaby den ersten gefährlichen Abschluss (34.) und Robert Andrich zielte ebenfalls aus der Distanz knapp rechts drüber (38.). Dann jagte Benjamin Pavard, der für Noussair Mazraoui als Rechtsverteidiger in die Münchner Startelf gerückt war, Diaby hart aber fair den Ball ab und bediente Sadio Mané.
Dieser hatte viel Platz, weil alle Bayer-Abwehrspieler sich fallen ließen, und etwas Glück, dass sein Schuss abgefälscht von Andrich im linken Eck zum 3:0 einschlug (39.).Während Julian Nagelsmann mit 64 Prozent Ballbesitz und zehn Torschüssen in Durchgang eins zufrieden sein und von Wechseln absehen konnte, brachte Seoane bei den Gästen Hincapié für Bakker und Charles Aranguiz als Defensivspieler für Flügelflitzer Jeremie Frimpong.
Lukas Hradecky patzt erneut
Im 4:3:3 hoffte der Schweizer auf Stabilität, München fand aber trotzdem viele Lücken. Manés zweiter Treffer wurde vom Unparteiischen Tobias Stieler zurückgenommen, weil Matthijs de Ligt zuvor den unglücklichen Bayer Verteidiger Odilon Kossounou im Kopfballduell niedergestreckt hatte (56.).
Nach weiteren Wechseln kam die nun verbesserte Werkself zur größten Chance für Joker Amine Adli. Der von einem Schlüsselbeinbruch genesene Franzose fand in Manuel Neuer aber seinen Meister (64.). In den letzten 20 Minuten steckten die Hausherren deutlich zurück und kamen doch noch zum 4:0. Lukas Hradecky setzte einem gebrauchten Abend die pechschwarze Krone auf, als er bei einem Pass ausrutschte und Thomas Müller den Endstand auf dem Silbertablett servierte (84.).
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Der letzte individuelle Fehler machte auch Gerardo Seoane deutlich, dass er als Trainer viel Aufbauarbeit leisten oder seinen Hut nehmen muss. Fünf Punkte, 9:16-Tore und Relegationsplatz 16 liefern gute Gründe für eine Trainer-Entlassung. (aw)
München: Neuer; Pavard, Upamecano (82. Mazraoui), de Ligt, Davies; Kimmich, Sabitzer (65. Goretzka); Musiala (81. Gravenberch), Sané (74. Choupo-Moting); Müller, Mané (65. Gnabry). – Leverkusen: Hradecky; Kossounou, Tah, Tapsoba, Bakker (46. Hincapié); Andrich, Demirbay; Frimpong (46. Aranguiz), Hudson-Odoi (61. Adli), Diaby (74. Hlozek); Schick (61. Azmoun). – SR.: Stieler (Hamburg). – Zuschauer: 75 024. – Tore: 1:0 Sané (3.), 2:0 Musiala (17.), 3:0 Mané (39.), 4:0 Müller (84.).