Der Titel ist abgehakt, der Abwehrchef geht. Doch das könnten am Ende eines wegweisenden Sommers bei Bayer Leverkusen noch die harmlosen Nachrichten sein.
Bundesliga-Meister wankt„Hokuspokus“ oder Ausverkauf? Leverkusens düsterer Ausblick

Bald beide weg? Wirtz und Trainer Alonso.
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Die Schale ist quasi verloren, die zentralen Meisterhelden sind auf dem Sprung und der Boss will endlich Klarheit: Bayer Leverkusen steht nur ein Jahr nach der historischen Saison mit zwei Titeln vor einem denkwürdigen Ausverkauf und dem Ende einer sehr kurzen, aber glorreichen Ära.
Während es bei Trainer Xabi Alonso nur noch um den Zeitpunkt der Verkündung zu gehen scheint, lautet bei Ausnahmekicker Florian Wirtz die entscheidende Frage: Bayern? Oder nicht Bayern? Vor allem von Alonso, der vertraglich bis Sommer 2026 an die Werkself gebunden ist, fordert Carro nun zeitnah eine Entscheidung.
Die restlichen vier Bundesliga-Partien - angefangen mit dem Heimspiel gegen den FC Augsburg am Samstag (15.30 Uhr/Sky) - sind angesichts von acht Punkten Rückstand auf Bayern Nebensache.
Carros Bauchgefühl nur noch bei „50:50“
„Wir werden nicht bis zum Ende der Saison warten, sondern das werden wir vorher entscheiden müssen, denn das hat andere Konsequenzen in der Kaderplanung, in der Vorbereitung“, sagte der spanische Club-Chef in dieser Woche bei Sky zur Trainerentscheidung. Sein Bauchgefühl bei Alonso liege bei „50:50“ - wer Carros Aussagen in den vergangenen Monaten verfolgt hat, weiß, dass das nicht mehr besonders viel ist.

Gehen oder bleiben? Fernando Carro will von Alonso Klarheit.
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Alonsos Uhr tickt. Nicht nur bei der Entscheidung für einen Wechsel zu seinem Herzensverein Real Madrid, wo er in diesem Sommer auf den großen Carlo Ancelotti folgen könnte. Sondern auch in Leverkusen, wo der 43-Jährige nach dem wundersamen Frühjahr 2024 eigentlich nicht mehr viel zu gewinnen hat.
Carro möchte Alonso klarmachen, dass die Entscheidung nun zeitnah erfolgen soll. Dabei gibt es zwischen den Bossen und dem Trainer offensichtlich eine Art „Gentlemen's Agreement“, wie Carro und Sportchef Rolfes berichteten. Leverkusen dürfte bei einem vorzeitigen Abgang des Meistertrainers eine zweistellige Millionen-Ablöse erhalten.
Vor einem Jahr hatte der ehemalige Weltklasse-Fußballer früh Klarheit geschaffen und seinen Verbleib bei der Werkself bestätigt. Doch nachdem Meisterschaft und Pokal einmal gewonnen wurden und die erste gemeinsame Champions-League-Saison gespielt ist, dürfte es bei Alonso Zeit für den vielzitierten nächsten Schritt sein. Zumal sich auch Bayers Kader im Sommer drastisch verändern dürfte.
Tah nach Barcelona?
Der erste Schlüsselspieler hat seinen Abschied bereits erklärt. Abwehrchef Jonathan Tah wird den auslaufenden Vertrag in Leverkusen nicht verlängern und im Sommer wechseln. Wohin es geht, sagt der 29-Jährige bislang nicht. „Um ehrlich zu sein, habe ich da kein Zeitfenster. Aber der Verein weiß darüber Bescheid.“ Gehandelt wird der FC Barcelona mit Ex-Nationaltrainer Hansi Flick.

Tah wird in Leverkusen nicht verlängern.
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Sportlich schwebt das Thema Wirtz über allen anderen. Der 21-Jährige hat den Schritt zum internationalen Star vollbracht und ist in Leverkusen bis Sommer 2027 vertraglich gebunden. Vereinsboss Carro glaubt an einen Verbleib und betonte zuletzt, es gebe „finanziell keine Schmerzgrenze“. Besonders hart träfe Bayer, wenn Wirtz nicht nur geht - sondern auch noch zum Rivalen FC Bayern, den man in den vergangenen zwei Jahren erfolgreich attackierte.
Hoeneß sieht „Macht total bei Leverkusen“
Bayern-Übervater Uli Hoeneß, der sich bereits mit Wirtz' Eltern getroffen hat, sieht die „Macht total bei Bayer Leverkusen“. Das ist selbstredend nur die halbe Wahrheit. Offenbart Wirtz den Verantwortlichen um Rolfes seinen Wechselwunsch, könnte es relativ schnell gehen - und dann wären wohl sofort die Bayern im Geschäft.
„Wenn Florian Wirtz irgendwann sagen sollte, ich möchte Bayer Leverkusen verlassen, dann kann man sich mit dem Thema beschäftigen“, sagte Hoeneß im Bayerischen Rundfunk. Dass jetzt bereits über Ablösesummen in Höhe von 150 Millionen Euro gesprochen werde, sei „unseriös“ und „Hokuspokus“, sagte der Münchner Ehrenpräsident.
Was passiert im Tor?
Wirtz oder Alonso sind zwar die zentralen Personalien bei Bayer - aber bei weitem nicht die einzigen ungeklärten Fragen für diesen Sommer. Auch im Tor könnte es eine Veränderung geben. Kapitän Lukas Hradecky ist bereits 35, sein Rivale Matej Kovar patzte im Königsklassen-Spiel gegen den FC Bayern böse. Als Kandidat für eine mögliche Nachfolge Hradeckys gilt Noah Atubolu, der in Freiburg eine starke Saison spielt.

Bereiten Leverkusen viel Freude: Grimaldo und Frimpong.
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Zentral für die Meisterschaft waren auch die Außenbahnspieler Alejandro Grimaldo und Jeremie Frimpong, die mit Tempo und Torgefahr überzeugen. Doch der Spanier und der Niederländer können sich einen baldigen Abschied aus Leverkusen vorstellen.
Grimaldo (29) sprach bereits offen über den Traum von einer Rückkehr zu seinem Jugendclub FC Barcelona. Für den dynamischen Frimpong (24) dürften sich mehrere Topclubs aus Spanien und England interessieren. Auch um Stratege Granit Xhaka gab es bereits Gerüchte. Stürmer Victor Boniface war im Winter nur noch eine Unterschrift von einem Wechsel nach Saudi-Arabien entfernt. (dpa)