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Bayer 04 LeverkusenDem Meister droht ein Zerfall

Lesezeit 3 Minuten
Abschiede? Jonathan Tah (l.) verlässt Bayer Leverkusen. Dem Meister droht zudem ein Abgang von Florian Wirtz (Mitte).

Abschiede? Jonathan Tah (l.) verlässt Bayer Leverkusen. Dem Meister droht zudem ein Abgang von Florian Wirtz (Mitte). 

Bayer 04 Leverkusen hat nach dem 1:1 in St. Pauli nur noch theoretische Chancen auf den Meistertitel. Jonathan Tah verkündet seinen Abschied.

Der Frust saß tief bei Bayer Leverkusen. Patrik Schick erklärte das Meisterrennen für beendet, Jonathan Tah maulte über Rang zwei und Xabi Alonso? Der Trainer bemängelte die spielerische Armut seiner Truppe. Nach der rauschhaften Double-Party am Ende der vorherigen Spielzeit ist eine Kater-Saison ohne Titel für den Bundesligazweiten inzwischen kaum noch zu verhindern – und dann droht in den nächsten Wochen auch noch der Bruch der Erfolgsachse.

„Es ist mathematisch nicht vorbei, aber wir wissen, dass wir fast keine Chance mehr haben“, sagte Alonso nach dem nächsten Rückschlag – dem 1:1 (1:0) beim FC St. Pauli. Vier Spieltage vor Schluss beträgt der Rückstand auf den FC Bayern inzwischen acht Punkte.

Bayer Leverkusen mit zu vielen Unentschieden

Die Münchner dürfen das Weißbier für die 34. Meisterfeier also bereits kaltstellen; weil Alonsos Team, das gab der Spanier zu, in der entscheidenden Phase einfach „nicht gut genug“ sei: „Wir haben zu viele Unentschieden in dieser Saison – deswegen ist der Vorsprung so groß.“

Natürlich: Es war längst nicht alles schlecht in dieser ersten Spielzeit nach der erfolgreichsten der Vereinsgeschichte. Die Champions League wird man als Vizemeister souverän erreichen, mit bislang zwei Liga-Niederlagen war Bayer erneut kaum zu schlagen, auswärts ist das Team seit 32 Ligaspielen ohne Pleite und jagt weiter den Bayern-Rekord (33 Spiele ungeschlagen).

Rückfall in alte Vizekusen-Zeiten droht

Aber da waren eben auch die Chancenlosigkeit im Duell mit den Münchnern in der Königsklasse oder das grotesk anmutende Halbfinalaus im DFB-Pokal beim Drittligisten Arminia Bielefeld, das tiefe Narben hinterlassen hat. Weshalb sich diese Saison eben doch sehr unbefriedigend anfühlt. Wie ein Rückfall in alte Vizekusen-Zeiten, wenn man so will. „Ich tue mich sehr schwer damit, zu sagen, dass ein zweiter Platz ansatzweise gut ist“, betonte Abwehrchef Tah: „Unser Anspruch war ein anderer und wir wollten zumindest näher dran sein. Das tut uns extrem weh.“

Der Nationalspieler wird die Werkself im Sommer verlassen, das bekräftigte er am Sonntag. Dies habe er dem Klub „auf jeden Fall“ mitgeteilt. Wohin es den 29-Jährigen zieht, ist jedoch weiterhin offen. Als Favorit gilt der spanische Topklub FC Barcelona mit Trainer Hansi Flick. Tah hatte bereits zu Saisonbeginn verkündet, seinen Vertrag nicht verlängern zu wollen. Bayer bemühte sich dennoch um einen Verbleib.

Und Tah ist vielleicht nicht der einzige große Name, auf den das zutrifft. In einer sportlich belanglosen Restsaison dürften die Personaldiskussionen nun schnell Fahrt aufnehmen, weil Bayer nicht weniger als ein kompletter Zerfall seiner Erfolgsachse droht.

Wir machen kein Drama. Drama ist im Fußball nicht gut.
Xabi Alonso, Trainer Bayer 04 Leverkusen

Da wäre zum einen Trainer Alonso. Der hat mit seinem Meisterstück in der vergangenen Saison Begehrlichkeiten bei den größten Vereinen geweckt. Und vermied es zuletzt, sich klar zu einem weiteren Jahr in Leverkusen zu bekennen. Lockt Ex-Klub Real Madrid, so scheint es, könnte das erfolgreiche Kapitel des Basken bei Bayer bald beendet sein.

Da wäre zum anderen Florian Wirtz, der Ausnahmekicker im offensiven Mittelfeld. Anfang des Jahres hieß es noch, der Verein und der Nationalspieler seien sich einig über eine Verlängerung des ohnehin bis 2027 laufenden Vertrages. Doch der letzte Schritt ist noch immer nicht gegangen, weshalb auch ein Wirtz-Abgang noch in diesem Sommer denkbar erscheint. Und zuletzt kamen auch noch Gerüchte über einen möglichen Abschied von Mittelfeldstratege Granit Xhaka auf.

Es drohen also unruhige Zeiten im sonst so entspannten Leverkusener Vereinsumfeld. Auch wenn Alonso am Sonntag um Contenance bemüht war: „Wir machen kein Drama“, sagte er: „Drama ist im Fußball nicht gut.“ (sid)