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Giancarlo Lorè von Deutz 05„Auf einmal stand Alessandro Del Piero neben mir“

Lesezeit 5 Minuten

Der damals 14-jährige Giancarlo Lorè erhält bei einem Turnier in Orlando von Weltmeister Alessandro Del Piero den Pokal für den besten Spieler des Turniers.

Giancarlo Lorè wurde eine verheißungsvolle Karriere vorhergesagt, bevor ihn Verletzungen stoppten. Mittlerweile ist er in Deutz glücklich.

Giancarlo Lorè wurde von Kindesbeinen an eine besondere Begabung nachgesagt. Zahlreiche Verletzungen durchkreuzten allerdings die Pläne des Straßenfußballers, der bei der Sportvereinigung Deutz 05 sein Glück gefunden zu haben scheint.

KSV Heimersdorf, 1. FC Köln, FC Bayern München und Bayer 04 Leverkusen. Die Transferhistorie lässt erahnen, dass sich dahinter jemand verbirgt, der besondere Fähigkeiten in sich trägt. Und in der Tat deutete einiges darauf hin, als Lorè mit gerade einmal 14 Jahren im Trikot des FC Bayern bei einem Jugendfußballturnier in Orlando zum besten Spieler gekürt wurde. Die sonnigen Tage im Südosten der USA überdauerten die Zeit allerdings nicht.

Ich bekomme heute noch Gänsehaut, wenn ich daran zurückdenke. Wie könnte ich diesen Augenblick je vergessen?
Giancarlo Lorè über das Treffen mit Alessandro Del Piero

Giancarlo Lorè spielt heute in der Fußball-Landesliga. Die Karriereprognose war spätestens seit seinem Wechsel zum Rekordmeister natürlich eine andere. Heute beeindruckt Lorè in der sechsten Liga mit seinen außergewöhnlichen Eigenschaften. Seine Mitspieler nennen ihn wohl in Anlehnung an die vor allem von Brasilianern verkörperte spielerische südamerikanische Eleganz früherer Tage gerne auch „Carlinho.“

Der Sohn italienischer Eltern ist ein Strahlemann und ganz sicher der Stolz der Familie. Spätestens seit den Tagen in Florida, vor ziemlich genau sechseinhalb Jahren, als er unmittelbar nach seinem Wechsel vom 1. FC Köln zum FC Bayern München auch international auftrumpfte. Der Wechsel sei allerdings nicht ganz geräuschlos über die Bühne gegangen, erinnert er sich. „Details kenne ich nicht. Aber ich habe schon mitbekommen, dass die Verantwortlichen beim FC das nicht so prickelnd fanden.“

Wenige Tage nach seinem Wechsel vom Rhein an die Isar zeigte sich Lorè jedenfalls auch im neuen Outfit von seiner besten Seite und sicherte sich nach dem Teamerfolg gegen den FC Chelsea auch die persönliche Auszeichnung. „Auf einmal stand dann Alessandro Del Piero neben mir und überreichte mir den Pokal“, sagt der 20-jährige Longericher. Dass er in Leverkusen geboren wurde, sei für ihn nicht der Rede wert. Man könne das getrost unter den Tisch fallen lassen. „Es war schließlich nur ein Jahr, das ich dort verbracht habe. Ich bin Kölner. Basta“, erklärt er mit einem breiten Grinsen.

Das gemeinsame Bild mit dem Fußball-Weltmeister von 2006 ist noch heute auf der Internetseite des deutschen Rekordmeisters zu sehen. Del Piero (50) mit mehr als 550 Partien der unangefochtene Rekordspieler von Juventus Turin, gehört zu den Legenden des italienischen Fußballs. „Ich bekomme heute noch eine Gänsehaut, wenn ich daran zurückdenke. Wie könnte ich diesen Augenblick je vergessen?“

19.11.2023, Fussball-SV Schlebusch - Deutz 05

links: Giancarlo Lore (Deutz)
rechts: Mathias Janeczko (Schlebusch)

Foto: Uli Herhaus

Giancarlo Lorè (links) in einer Landesliga-Partie der SV Deutz 05 gegen den SV Schlebusch um Mathias Janeczko (rechts).

Gute Frage. Denn zur Wahrheit gehört eben auch, dass dieser magische Moment im Hause Lorè noch immer allgegenwärtig ist. „Die gesamte Familie hat sich das Bild eingerahmt. Es ist kaum möglich, das Bild nicht zu sehen“, meint Loré. Keine Frage, der Stolz steht ihm ins Gesicht geschrieben.

Lorè, der eine Ausbildung zum Physiotherapeuten begonnen hat, kannte bis dahin jedenfalls nur eine Richtung. Nach seinen Anfängen in Heimersdorf führte ihn der Weg schnurstracks zum 1. FC Köln. Das Talent des Rohdiamanten war natürlich auch den FC-Scouts nicht verborgen geblieben. Bis zur U14 trug er den Geißbock auf der Brust, ehe das große Zerren um den Edeltechniker begann und der FC Bayern schließlich das Rennen machte. An seiner Haltung zum ersten Fußballklub der Stadt habe das nichts geändert, versichert er. „Ich bin FC-Fan durch und durch.“

Ich stolperte von einer Verletzung in die nächste. Es lief einfach nichts zusammen. Und dann kam mein Heimweh. Ich wollte einfach nur zurück zu meiner Familie
Giancarlo Lorè über seine Zeit im Internat des FC Bayern München

Im Internat des FC Bayern verbrachte Lorè im Kreis der heutigen Nationalspieler Aleksandar Pavlovic und Kenan Yildiz (Juventus Turin) eineinhalb Jahre. Es war eine Zeit, geprägt von Verletzungen und persönlichen Entbehrungen. „Ständig war irgendwas. Ich stolperte von einer Verletzung in die nächste. Es lief einfach nichts zusammen. Und dann kam mein Heimweh. Ich wollte einfach nur zurück zu meiner Familie.“

Zurück im Rheinland ließ sich Bayer 04 Leverkusen die Chance auf einen Hochbegabten nicht entgehen. Doch auch in Leverkusen fand der ehemalige Junioren-Nationalspieler seine Leichtigkeit nicht wieder. Es sei seine bis dahin schwierigste Zeit gewesen, in der er den Spaß am Spiel komplett verloren habe.

Giancarlo Lorè ist der torgefährlichste Spieler der SV Deutz 05

Seither lässt es der nur 1,63 Meter große Instinktfußballer alles eine Nummer kleiner angehen. In Deutz, wo er nunmehr seine dritte Saison und die zweite im Herrenbereich spielt, blüht „Carlinho“ wieder auf und darf wieder er selbst sein. Mit all seinen Finessen und seiner Unberechenbarkeit, die sein Spiel auszeichnen. Mit zehn Treffern und sechs Torvorlagen ist Lorè nicht nur der torgefährlichste Spieler seines Teams, sondern beinahe Ausgangspunkt jedes kreativen Moments.

Er liebe den entscheidenden Pass, „den noch keiner auf dem Schirm hat“. Jener, der im besten Fall Sekunden später zum Torerfolg führen könnte. Seine Mitspieler sehnen diese Augenblicke regelrecht herbei. Für die Gegenspieler sind sie ein Graus. Die richtige Entscheidung zu treffen, sei seine große Stärke.

Ich spüre in Deutz von allen Seiten das totale Vertrauen. Das macht mich stark. Ich fühle und weiß, dass ich gerade am richtigen Ort bin
Giancarlo Lorè

Ziele habe er sich keine gesetzt. „Ich spüre in Deutz von allen Seiten das totale Vertrauen. Das macht mich stark.“ Dem Vernehmen nach interessieren sich bereits wieder höherklassige Klubs für den Spieler mit der illustren Vita. „Ich fühle und weiß, dass ich gerade am richtigen Ort bin.“ Über mehr möchte er nicht nachdenken.

Viel Zeit ist auch nicht vorhanden. Denn neben seinen vier Tagen in Deutz kümmert sich der Offensivkünstler an den weiteren drei Tragen als Co-Trainer um die U 17 des FC Pesch. „Es gibt keinen Tag in meinem Leben, der ohne Fußball vergeht. Vermutlich trifft es die Sache gut, mich als fußballverrückt zu bezeichnen. Aber ich möchte keinen dieser Tage missen.“


Nach der 0:2 (0:1)-Niederlage im Nachholspiel bei Fortuna Bonn überwintert die SV Deutz 05 in der Landesliga 1 auf dem fünften Tabellenplatz. Mit bereits 14 Punkten Rückstand auf Tabellenführer SSV Bornheim. Am ersten Rückrundenspieltag (9. März) gastiert Deutz beim SC Rheinbach.