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Kölner HaieZahlreiche Verträge laufen aus - Gerüchte um Ex-NHL-Verteidiger

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Das blanke Entsetzen: Die Mannschaft der Kölner Haie nach der Niederlage im Entscheidungsspiel gegen den ERC Ingolstadt.

Nach dem frühen Saison-Aus beginnt beim KEC die Analyse des Scheiterns. Was wird aus dem enttäuschenden Nick Bailen? Und: Übernimmt Uwe Krupp womöglich ein anderes Amt?

Kurz nach dem Scheitern kam natürlich auch die Frage nach Konsequenzen auf. Es war der Moment, an dem Uwe Krupp auf der Pressekonferenz Mühe hatte, die Fassung zu wahren. „Ich weiß nicht, ob das hier das richtige Format ist“, wollte der Cheftrainer der Kölner Haie nicht so recht raus mit der Sprache. Doch innerlich brodelte es in ihm. Also fuhr er fort. „Ich hätte eine emotionale Antwort“, verriet Krupp vielsagend. „Die will ich hier aber nicht geben. Das wäre keine gute Idee.“ Stattdessen verwies er auf die Handhabung des KEC, der alljährlich wenige Tage nach Saisonende zusammenfasst, wer beim achtfachen Meister der Deutschen Eishockey Liga (DEL) eine Zukunft hat. Und vor allem: wer nicht. „Was passiert, wird passieren und kommuniziert im Laufe der Zeit“, weiß Krupp, wie das Geschäft läuft.

Ebenjene Mechanismen werden wohl zur Folge haben, dass die Club-Ikone nach dem niederschmetternden Aus in der ersten Pre-Playoff-Runde gegen den ERC Ingolstadt zum zweiten Mal den Posten hinter der Kölner Bande wird räumen müssen. Womöglich bleibt Krupp dem KEC als Sportdirektor erhalten. „Wir sind alle total enttäuscht in dem Moment“, fasste der 58-Jährige die Gefühlslage beim gestürzten Titelkandidaten zusammen. Sein Vorgesetzter wich der Frage nach der Zukunft des Trainers zunächst noch aus. „Ich möchte gar nicht auf Einzelbereiche eingehen. Es ist jetzt noch nicht der Zeitpunkt“, erklärte Philipp Walter nach der 2:4-Heimniederlage im Entscheidungsspiel der Best-of-three-Serie. Der Geschäftsführer kündigte eine umfangreiche Analyse des Desasters an. „Wir werden natürlich über alles sprechen. Es geht darum, alles sehr klar aufzuarbeiten“, sagte Walter, der dabei nichts überstürzen will: „Wir müssen das sacken lassen, die eine oder andere Nacht darüber schlafen, weil die Enttäuschung alles überstrahlt.“

Wir hatten andere Erwartungen an diese Serie. Deshalb ist die Enttäuschung sehr, sehr groß im gesamten Club. Das gilt es zu besprechen in den nächsten Tagen.
Philipp Walter, Geschäftsführer Kölner Haie

Am späten Donnerstagabend stand Philipp Walter der Schock ins Gesicht geschrieben. „Wir hatten andere Erwartungen an diese Serie. Deshalb ist die Enttäuschung sehr, sehr groß im gesamten Club. Das gilt es zu besprechen in den nächsten Tagen“, zeigte sich der Geschäftsführer konsterniert. Sein Fazit fiel ernüchternd aus: „Insgesamt war es eine Saison, mit der wir nicht zufrieden sein können. Wir hatten hohe Erwartungen an uns selbst, die wir nicht umsetzen konnten. Wir wollten den nächsten Schritt gehen und uns verbessern. Das ist uns nicht gelungen.“ Trotz einer Transfer-Offensive fehlte es an Konstanz. Sowohl in der Hauptrunde, die nach einem fulminanten Start ein enttäuschendes Ende außerhalb der Top-Sechs fand. Als auch in den Pre-Playoffs, wo nach einem 5:1-Auftaktsieg in der Ferne zwei Heimpleiten folgten. Es waren die Heimniederlagen Nummer 14 und 15 für den europäischen Zuschauerkrösus. „Die Serie gegen Ingolstadt war sinnbildlich für unsere gesamte Saison. Wir spielen das erste Spiel richtig gut und bekommen es zu Hause nicht mehr hin“, klagte Walter.

Entsprechend hart ging Moritz Müller mit dem Haie-Team ins Gericht. „Wir haben es über die gesamte Saison nicht gelernt, so zu spielen, um als Mannschaft Spiele zu gewinnen und das eigene Tor zu verteidigen“, schimpfte der Kapitän, für den sich das frühe Saison-Aus „unglaublich bitter“ anfühlt. „Wir hatten hier eine tolle Sache am Laufen mit unseren Fans, die uns die ganze Saison so zahlreich unterstützt haben. Wir hätten eine Euphorie entfachen können. Wir sind aber nicht ins Rollen gekommen, weil wir es nicht geschafft haben, konsequent für das Team zu spielen. Wir haben uns offensiv immer wieder in einen Rausch gespielt. Aber defensiv war es kein Gewinner-Hockey.“ Und überhaupt: „Insgesamt war es kein Hockey, mit dem man langfristig erfolgreich ist“, legte Müller den Finger in die klaffende Haie-Wunde. Uwe Krupp ist es nicht gelungen, aus den vielen Einzelkönnern eine funktionierende Gemeinschaft zu formen. „Wir haben nicht als Einheit gearbeitet. Wenn es nicht lief, sind wir von unserem Weg abgekommen und in Individualismus verfallen“, analysierte Müller. Daran hätten auch mehrere Teamsitzungen nichts geändert. „Wenn wir eines in dieser Saison genug hatten, dann waren es Meetings. Am Ende zählt die Tat.“

Wir hätten eine Euphorie entfachen können. Wir sind aber nicht ins Rollen gekommen, weil wir es nicht geschafft haben, konsequent für das Team zu spielen.
Moritz Müller, Kapitän Kölner Haie

Es wurden aber auch Stimmen laut, die dem Kader die nötige Tiefe absprachen, um ein Wörtchen im Meisterschaftskampf mitreden zu können. „Das ist keine Entschuldigung. Aber wenn du in den Playoffs weit kommen willst, dann brauchst du wirklich alle Mann an Bord. Wir hatten über eine längere Zeit mehrere wichtige Ausfälle“, gab Torjäger Maximilian Kammerer zu bedenken. Unabhängig davon hatte der ERC bei seinen beiden Siegen in Köln den besseren Matchplan vorzuweisen. „Ingolstadt hat das extrem clever gespielt und uns viel laufen lassen. Das ist irgendwann frustrierend“, gestand Kammerer. Krupp drückte es so aus: „Ingolstadt war schlau. Wir haben viel gekämpft und uns teuer verkauft.“

Auch der Kader wird künftig nicht mehr derselbe sein. Die wohl spannendste Frage lautet, ob der in dieser Saison enttäuschende Starverteidiger Nick Bailen trotz eines gültigen Vertrages weiter eine Rolle in den Planungen der Haie spielt. Zudem laufen dem Vernehmen nach die Arbeitspapiere der Verteidiger Nick Aichinger, Patrick Sieloff und Stanislav Dietz sowie der Stürmer Robin van Calster, Jason Bast, Frederik Storm, Mark Olver, David McIntyre (die Abschiedsszenen auf dem Eis deuteten auf ein Karriereende des 37-Jährigen hin), Tim Wohlgemuth, Elias Lindner, Andreas Thuresson, Carter Proft, Alexandre Grenier und Hakon Hänelt aus.

Hartnäckigen Gerüchten zufolge beschäftigt sich der KEC mit dem ehemaligen NHL-Verteidiger Korbinian Holzer (36/Adler Mannheim). „Die jungen deutschen Spieler wie Tobias Ancicka, Justin Schütz und Jan Luca Sennhenn müssen langfristig gebunden werden, um etwas aufzubauen“, warf Kapitän Moritz Müller einen Blick voraus. Er selbst wird nicht mehr allzu lange auf dem Eis stehen: „Vom Gefühl her denke ich, dass das nächste Jahr mein letztes wird.“ Damit bleibt dem Ur-Kölner wohl nur noch eine Chance, um den Traum der Haie von der ersten Meisterschaft seit 2002 zu verwirklichen. Ein Vorhaben, von dem der KEC im März 2024 weit entfernt ist.