- Über zwölf Minuten steht Jan Luca Sennhenn pro Spiel durchschnittlich für die Kölner Haie auf dem Eis.
- Und das in seiner ersten Profisaison! So führt der 20-Jährige die neue Generation aufstrebender Jung-Haie an.
- Auch wenn er in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) noch Lehrgeld bezahlen muss, traut Coach Uwe Krupp ihm eine Entwicklung zum Nationalspieler zu.
- Alexander Wolf unterhielt sich mit dem Verteidiger über die speziellen Umstände seines Aufstiegs und wie man aus vermeintlichen Nachteilen Vorteile schaffen kann.
Als Geschäftsführer Philipp Walter nach dem 7:0 in Krefeld ein Interview gab und Ihren Namen bei der Aufzählung der Jung-Haie nicht nannte: Hat er Sie da schlicht vergessen oder sind Sie tatsächlich schon einen Schritt weiter als die anderen?
Jan Luca Sennhenn: (grinst) Er hat das ja so begründet, dass er mich schon als festen Spieler ansieht und als Teil der Mannschaft. Deswegen hat er mich nicht mit Maximilian Glötzl, Simon Gnyp oder Julian Chorbot aufgezählt. Diese Erklärung glaube ich ihm jetzt einfach mal und freue mich darüber.
Schon im Jugendbereich gab es bei Ihnen oft größere Entwicklungssprünge. Sind Sie manchmal selbst von sich überrascht?
Auf jeden Fall. Ich war ja eigentlich vorgesehen, um für Bad Nauheim (DEL 2-Kooperationspartner; Anm. d. Red.) zu spielen. Dann habe ich die Chance bekommen, hier in Köln mit den Profis aufs Eis zu gehen. Im Endeffekt ist auch das Eishockey. Aber es hat mich doch überrascht, dass ich so gut mithalten kann auf diesem Niveau. Dafür habe ich angefangen zu spielen und ich traue mir das natürlich auch zu.
Zur Person
Am 11.11.2000 wurde Jan Luca Sennhenn im hessischen Kassel geboren. Dort begann er als Vierjähriger mit dem Eishockeysport und wurde in der Jugend der Kassel Huskies ausgebildet. Als 13-Jähriger wechselte er in die Nachwuchs-Abteilung des KEC. Weil er noch zu jung für das Haie-Internat war, bezog er eine Wohnung mit seiner Mutter in Buchforst. Als Jung-Hai ging der Linksschütze Schritt für Schritt durch die U16, U19 und U20, absolvierte vier Spiele für das U19-Nationalteam und sammelte beim Haie-Partnerverein, EC Bad Nauheim Erfahrungen in der DEL 2. Seit Herbst 2020 ist er Mitglied der Profimannschaft, bestritt bisher zwölf DEL-Spiele und schaffte eine Torvorlage. alw
Dabei hätten Sie an manchen Stellen auch zweifeln können. Bei der Übernahme in die U19 des KEC soll Ihre körperliche Konstitution als möglicher Grund für eine Nicht-Berücksichtigung genannt worden sein.
Die ersten Jahre waren tatsächlich hart. Ich war eher ein Spätentwickler und habe mit 14, 15 Jahren noch nicht die 70 Kilo auf die Waage gebracht und war noch nicht 1,80 Meter groß, wie vergleichbare Mitspieler. In dieser Zeit hatte ich auch Unglück, weil mir im Training mit seinem Schlittschuh die Achillessehne angeschnitten wurde. Danach habe ich mir auch noch Elle und Speiche gebrochen. Da waren die ersten zwei Jahre in der DNL gelaufen. Gut war das aber, um sich körperlich weiterzuentwickeln und dann stärker wieder einzusteigen.
Als kleiner und leichter Verteidiger mussten die körperliche Nachteile vor allem mit ihrem Kämpferherz und technischer Finesse wettgemacht werden. Gab es dafür ein spezielles Programm?
Krafttraining war eigentlich seit ich hierherkam ein fester Bestandteil neben dem Eistraining. Außerdem habe ich bei den Technik-Übungen im Mannschaftstraining und auch im Frühtraining während der ersten beiden Schulstunden so viel mitgenommen wie es geht. Auch wenn wir die verpassten Schulstunden nachmittags nachholen mussten, hat sich das gelohnt.
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Uwe Krupp lobt Ihr gutes Stellungsspiel, die geschickte Zweikampfführung, Ruhe an der Scheibe und den guten ersten Pass. Welche Verbesserungsansätze gibt es noch?
Einmal muss ich körperlich noch weiter zulegen. Aktuell geht es einfach darum, so viel Eiszeit wie möglich zu bekommen, um noch konstanter zu werden. Ich möchte einfach so viel Erfahrungen wie möglich sammeln und mir bei Spielern wie Moritz Müller einiges abschauen, um mich weiterzuentwickeln.
Welches sind die größten Unterschiede zwischen dem Jugend- und dem Herren-Bereich?
Körperlich ist das etwas ganz anderes. Da spielt man gegen 30-Jährige die 2 Meter groß sind und 100 Kilo wiegen. Außerdem geht alles viel schneller und deswegen muss auch die Taktik angepasst werden. Insgesamt ist das eine ganz andere Qualität.
Sie wurden 2020 als Jung-Hai des Jahres ausgezeichnet. Diese Wahl hatte wohl nicht nur mit der sportlichen Leistung, sondern auch mit ihrem Auftretens abseits Feldes zu tun?
Ich habe mich über die Auszeichnung sehr gefreut und geehrt gefühlt. Sie hat glaube ich schon größtenteils mit der Leistung zu tun. Ich weiß aber, dass ich auch neben dem Eis ein anständiger Kerl bin. Es gibt ja noch jüngere Spieler, für die ich eine Vorbildfunktion habe. Da habe ich mein Bestes gegeben, um ihnen in der DNL bei Fragen und Problemen weiterzuhelfen.
Was sagen Sie Kritikern, die meinen, dass Sie nur wegen der Corona-Sparmaßnahmen oder der neuen Pflicht zu mindestens zwei deutschen U23-Spielern im Kader aufgestiegen sind?
Es ist doch klar, dass wir junge Spieler von der Situation profitiert haben. Wir können aber schon mithalten, das sieht man jetzt. Um das Deutsche Eishockey zu fördern, finde ich, ist das eine sehr gute Möglichkeit, die jungen Spieler an den Profibereich heranzuholen.
Was muss passieren, damit Sie gleich in Ihrer ersten Profisaison Playoff-Spiele mit den Kölner Haien bestreiten können?
Wir müssen noch konstanter werden und die Taktiken des Trainers umsetzen. Wenn wir das beherzigen, weiterkämpfen und von der Strafbank wegbleiben, werden wir noch genügend Spiele gewinnen. Zuletzt (beim 2:3 in Iserlohn; Anm. d. Red.) hat uns auch das Glück gefehlt.