Horrorunfall in der Formel 1Grosjean feiert Cockpitschutz „Halo“ als Lebensretter
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Sakhir – Das Feuerwerk in der Wüstennacht von Bahrain wirkte angesichts des Flammenunfalls von Romain Grosjean doch ziemlich unangebracht. Der frischgebackene Formel-1-Rekordweltweltmeister Lewis Hamilton bewies mehr Pietät und verzichtete nach seinem nächsten souveränen Sieg auf große Jubelarien. Der Horrorcrash von Haas-Pilot Grosjean, den der Franzose wie durch ein Wunder mit leichten Verletzungen überstand, legte einen Schatten über den 95. Grand-Prix-Erfolg des Mercedes-Stars.
„Zum Glück hat der Cockpitschutz funktioniert. Zum Glück hat die Leitplanke ihm nicht den Kopf abgeschnitten“, kommentierte Hamilton das Inferno, das Erinnerungen an den Nürburgring-Unfall Niki Laudas und andere Tragödien der Formel-1-Historie weckte: „Es ist erschreckend zu sehen, wie das Auto in zwei Teile gerissen wurde. Das zeigt, wie gefährlich dieser Sport ist und wie bedeutend die Sicherheitsstandards sind.“
Romain Grosjean darf am Dienstag Krankenhaus verlassen
Nach seinem Feuer-Unfall beim Formel-1-Rennen in Bahrain soll Haas-Pilot Romain Grosjean am Dienstag aus dem Krankenhaus entlassen werden. Dies kündigte der US-Rennstall am Montag nach einem Besuch von Teamchef Günther Steiner bei dem Franzosen an.
Grosjean wird auch nicht beim nächsten Formel-1-Rennen starten. Dies bestätigte sein Rennstall Haas am Montag. Stattdessen wird der Brasilianer Pietro Fittipaldi (24) sein Debüt in der Motorsport-Königsklasse für den verletzten Franzosen geben. Nach seinen Handverletzungen sei Grosjean nicht in der Lage am kommenden Wochenende zu starten.
Romain Grosjean war 27 Sekunden im Flammenmeer
Wie durch ein Wunder rettete sich Grosjean nach 27 Sekunden (!) selbständig aus einem brennenden Wrack, der einmal sein Rennwagen gewesen war. Sein Haas-Ferrari war in zwei Teile zerborsten, das Chassis steckte in der Leitplanke fest, ein Vorderrad kullerte in die Wüstenlandschaft von Sakhir. Das Unglaubliche: Grosjean selbst blieb in Monocoque und feuerfester Kleidung relativ gut geschützt und kam mit vergleichsweise leichten Blessuren und einem großen Schrecken davon.
Romain Grosjean meldet sich via Instagram
In der ersten Runde des Rennens, das Hamilton vor dem Red-Bull-Duo Max Verstappen und Alex Albon gewann und in dem Ferrari-Pilot Sebastian Vettel auf Rang 13 keine Rolle spielte, war es passiert. Im hinteren Teil des Feldes ging es wild und unübersichtlich zu. Der von Position 19 gestartete Grosjean zog hart nach rechts und übersah wohl den AlphaTauri von Daniil Kwjat. Die Räder der Boliden berührten sich - danach war Grosjean nur noch Passagier und schoss in die Streckenbegrenzung.
Mithilfe der Streckenposten verließ der 34-Jährige sichtlich benommen die brennende Unfallstelle und wurde per Helikopter in ein Krankenhaus gebracht, wo er über Nacht bleibt. Er erlitt lediglich Verbrennungen an beiden Handrücken und blieb von Brüchen verschont, teilte sein Rennstall am Sonntagabend mit.
Bei Instagram meldete sich Grosjean in einer Videobotschaft wenig später selbst zu Wort: „Vor ein paar Jahren war ich nicht für den Halo (Cockpitschutz in der Formel 1; d. Red.), aber ich denke, er ist das Beste, was der Formel 1 passiert ist. Ohne ihn könnte ich jetzt nicht zu euch sprechen. Also danke.“
„Halo“ seit 2018 in der Königsklasse Pflicht
Der „Halo“ ist ein Cockpitschutz, der seit 2018 in der Formel 1 Pflicht ist. Es handelt sich dabei um einen Titanbügel von etwa sieben Kilogramm, der ringförmig über den Kopf des Fahrers im Cockpit gespannt und in der Mitte mit einer Strebe befestigt ist.
Der „Heiligenschein“, wie er aus dem Englischen übersetzt heißt, soll die Fahrer vor herumfliegenden größeren Teilen schützen. Seine Einführung war vom Weltverband Fia gegen Kritik beschlossen worden. Grosjean selbst gehörte nicht zu den Befürwortern.
85 Minuten dauerten die Reparaturarbeiten. Die zerstörte und in weiten Teilen verkohlte Leitplanke an der Unfallstelle wurde durch eine Mauer ersetzt. Pole-Setter Hamilton, seit zwei Wochen siebenmaliger Weltmeister, zog beim Restart davon. Während sein Mercedes-Teamkollege Valtteri Bottas (Finnland) nach einem Reifenschaden weit zurückfiel, konnte dem Briten nur Verstappen folgen.
Erlösung für Sebastian Vettel rückt näher
Vettel kämpfte nach dem überraschenden dritten Platz beim Chaosrennen von Istanbul diesmal wieder - wie so oft in dieser Saison - mit stumpfen Waffen. Auf der motorlastigen Strecke von Sakhir ging der viermalige Weltmeister in seinem SF1000 regelrecht ein. „Das Auto ist unfahrbar“, meckerte der Heppenheimer im Boxenfunk.
Der 33-Jährige ist bald erlöst: Nur noch zwei Rennen stehen aus, ehe er im neuen Jahr bei Aston Martin (noch Racing Point) einen Neustart unternimmt. In der kommenden Woche wird allerdings auf einem noch schnelleren Streckenlayout in Bahrain gefahren - Ferrari dürfte dann gänzlich auf verlorenem Posten stehen.
Hamilton dagegen jagt weiter Bestmarken für die Ewigkeit. In der Vergangenheit ließ er nach seinen Titelgewinnen die Saison oft ein wenig austrudeln. Doch dieses Mal steht noch ein Rekord auf dem Spiel: Hamilton visiert die Marke von 13 Saisonsiegen an, die nur Michael Schumacher (2004/in 18 Rennen) und Vettel (2013/in 19) erreicht haben. Hierzu muss er „nur“ noch in der kommenden Woche erneut in Bahrain und am 13. Dezember beim Saisonfinale in Abu Dhabi gewinnen. Die Corona-Notsaison 2020 umfasst nur 17 Läufe. (red/dpa/sid)