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EM-Auftakt in KölnSchweiz hält Ungarn in Schach

Lesezeit 5 Minuten
Michel Aebischer feiert mit den Bankspielern der Schweiz seinen Treffer zum 2:0.

Michel Aebischer feiert mit den Bankspielern der Schweiz seinen Treffer zum 2:0.

Im zweiten Spiel der deutschen Vorrundengruppe A bei der Fußball-Europameisterschaft hat die Schweiz Ungarn mit 3:1 besiegt.

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft muss sich in der Gruppe A der Europameisterschaft wohl keine allzu großen Sorgen mehr um den souveränen Einzug ins Achtelfinale machen. Einen Tag nach dem berauschenden 5:1 im Eröffnungsspiel gegen Schottland sahen Bundestrainer Julian Nagelsmann und sein Team beim EM-Auftakt in Köln beim Duell der beiden anderen Vorrunden-Gegner einen verdienten 3:1 (2:0) der Schweiz gegen Ungarn.

Die in der EM-Qualifikation ungeschlagenen und hoch eingeschätzten Ungarn, die am Mittwoch (18 Uhr) zweiter Gegner der deutschen Mannschaft sind, enttäuschten über weite Strecken der Partie und stehen in Stuttgarter gewaltig unter Druck. Wie Deutschland haben auch die durchaus überzeugenden Schweizer die Chance schon nach zwei Spielen im Achtelfinale zu stehen. Nächster Gegner der Nati sind am Mittwoch erneut in Köln (21 Uhr) die Schotten.

Das Rheinenergiestadion hatte sich zum EM-Auftakt fein herausgeputzt und empfing seine Gäste aus der Schweiz und Ungarn mit kölscher Herzlichkeit und ein wenig Sonnenschein. Die Farbe Rot dominierte beide Fanlager in der Arena, in der unter der Saison Bundesliga-Absteiger 1. FC Köln seine Heimspiele austrägt. Die Eidgenossen besetzten die Südtribüne, die Ungarn feuerten ihr Team vom Norden aus an.

Acht Bundesliga-Profis beim Anpfiff auf dem Platz

Ein Hauch von Bundesliga lag beim Anpfiff über Müngersdorf. Ungarns italienischer Coach Marco Rossi beorderte mit Torwart Peter Gulasci, Will Orban (beide RB Leipzig), Attila Szalai (von Hoffenheim an den SC Freiburg ausgeliehen), Andreas Schäfer (Union Berlin) und Roland Sallai (Freiburg) gleich fünf aktuelle Bundesliga-Spieler in seine Startelf. Und dann war da noch Kapitän Dominik Szoboszlai, der zwei Jahre in Leipzig gespielt hat und nun beim FC Liverpool zu einem Star gereift ist.

Bei den Schweizern standen mit Ruben Vargas (FC Augsburg), Silvan Widmer (Mainz 05) und Kapitän Granit Xhaka drei aktuelle Bundesliga-Profis in der ersten Elf. Der frische gebackene deutsche Double-Sieger von Bayer 04 Leverkusen hatte im Vorfeld der Partie sogar seine Zuneigung zum Rheinenergiestadion zum Ausdruck gebracht: „Immer, wenn ich gespielt habe, habe ich auch was mitgenommen.“

Die Erinnerungen der Schweizer an ihren letzten Auftritt bei einem großen Turnier in Köln ist weniger gut. Die Nati schied bei der WM 2006 im Achtelfinale gegen die Ukraine aus und sorgte dabei für das Kuriosum, im entscheidenden Elfmeterschießen ohne Treffer zu bleiben.

Duah begegnet dem Schweizer Trauma mit dem frühen 1:0

Ein Trauma, dem die Yakin-Elf mit viel Elan und einem frühen Treffer begegnete. Michel Aebischer vom FC Bologna erspähte die Lücke in der ungarischen Dreierkette und steckte auf Kwadwo Duah durch. Der Stürmer von Ludogorez Rasgrad (Bulgarien) blieb cool, musste aber warten, bis sein Treffer nach der VAR-Überprüfung auch zählte (14.). Ungarns Linksverteidiger Milos Kerkez hatte das Abseits knapp aufgehoben.

Kerkez hätte dann beinahe auch das 0:2 verschuldet. Nach einem Missverständnis mit Willi Orban legte der Profi von Premier League-Club AFC Bournemouth den Ball in den Fuß. Der Augsburger scheiterte allerdings im Eins-gegen-Eins am herausstürzenden Peter Gulacsi (20.).

Die Eidgenossen bestimmten mit dem 1:0 im Rücken und Taktgeber Xhaka das Geschehen, ohne die Sterne vom Himmel zu spielen. Vor allem der letzte Pass bereitete den Schweizern einige Probleme. Auf der anderen Seite fanden die Ungarn aber kaum ein Mittel, sich offensiv in Szene zu setzen. Die vom Ex-Dortmunder Manuel Akanji dirigierte Dreierkette hatte alles im Griff.

Aebischer mit Assist und Treffer

Lediglich Szoboszlai sorgte mit seinen Standards für etwas Gefahr. Die größte entstand nach einem Freistoß des 23-Jährigen, den der frei stehende Orban aber aus fünf Metern per Kopf nicht richtig traf (40.). So fiel der zweite Treffer auf der anderen Seite. Die ungarische Defensive konnte mal wieder nicht entscheidend klären. Aebischer nahm sich ein Herz und schlenzte den Ball aus 20 Metern zum 2:0 exakt rechts unten ins Eck (45.).

Die Pausenführung der Schweizer war hochverdient, was sich gleich nach Wiederanpfiff dokumentierte. Duah (48.) und Vargas (54.) hatten Möglichkeiten, von denen die Ungarn bis dahin nur träumen durften. Woran sich auch erst einmal nichts änderte, weil die Alpenländer konsequent und strukturiert gegen den Ball unterwegs waren und Szoboszlai weiter zum Standard-Statisten degradierten.

Varga schürt Hoffnungen bei Ungarn

Die erste Gelegenheit der Magyaren war dann aber auch direkt eine hundertprozentige. Sallais Flanke fand Barnabas Varga, der aus sieben Metern aber das Tor verfehlte (63.). Eine Chance, die das Spiel der Ungarn veränderte. Nun war Zug und mehr Mut in den Angriffsaktionen. Auch bei Szoboszlai. Der Kapitän schlug von links eine wunderbare Flanke an den Schweizer Fünfer, wo Varga sich gegen Widmer durchsetzte und den Ex-Gladbacher Yann Sommer aus kurzer Distanz mit einem Kopfballaufsetzer zum 1:2 überwand (66.).

Endlich waren auch die ungarischen Fans in der mit 47.000 Zuschauern zwar offiziell ausverkauften, aber längst nicht bis auf den letzten Platz gefüllten Kölner Arena deutlich zu hören.

Yakin wechselte sofort zweimal und sein Team antwortete mit zwei sehr guten Chancen von Dan Ndoye (71.) und Fabian Schär (72.). Das Duell der deutschen Gruppengegner bewegte sich nun aber auf Augenhöhe, weil die Ungarn energischer und deutlich mehr Überzeugung zur Sache gingen.

Joker Breel Embolo erzielt das 3:1 für die Schweiz.

Joker Breel Embolo erzielt das 3:1 für die Schweiz.

Gefährlich vor das Tor von Sommer kamen die Ungarn allerdings nicht mehr, während Xhaka das 3:1 auf dem Kopf hatte (90.). Die Entscheidung ging schließlich auf das Konto des Ex-Gladbachers Breel Embolo. Der lange verletzte und nur als Joker eingesetzte Torjäger überwand Gulacsi mit einem feinen Lupfer (90.+3) und stürzte die mit seinen Landsleuten besetzte Südtribüne im Kölner Stadion in einen minutenlangen Freudentaumel. Am Abend dürfte das ein oder andere Kölsch in der Altstadt folgen.


Statistik zum Spiel:

Ungarn: Gulacsi; Lang (46. Bolla), Orban, Szalai (80. Dardai); Fiola, A. Nagy (67. Kleinheisler), Schäfer, Kerkez (80. Adam); Sallai, Szoboszlai; Varga. - Schweiz: Y. Sommer; Schär, Akanji, Ricardo Rodriguez; Widmer (68. Stergiou), Xhaka, Freuler (86. Rieder), Ndoye (86. Sierro); Aebischer, Vargas (74. Embolo); Duah (68. Amdouni). - SR.: Vincic (Slowenien). - Zuschauer: 47.000. - Tore: 0:1 Duah (14.), 0:2 Aebischer (45.), 1:2 Varga (66.), 1:3 Embolo (90.3). - Gelbe Karten: Szalai, Fiola; Widmer, Freuler, Trainer Yakin. - Torschüsse: 6:15 - Ecken: 2:6 - Ballbesitz %: 49:51 - Zweikämpfe: 80:70