München – Über viele Jahre schien es, als könne Franz Beckenbauer über den Dingen schweben. Doch nach schweren Jahren denkt der früher als Lichtgestalt bezeichnete Fußballweltstar nun an den Lebensabend. Sein größter Wunsch sei, „dass mir noch ein paar Jahre vergönnt sind“, sagte der 73-Jährige der Illustrierten „Bunte“. Sein Testament hat er schon geschrieben. „Ich habe alles geregelt.“
Nachdem der früher omnipräsente Beckenbauer sich weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hat, gab er der „Bunten“ ein selten gewordenes längeres Interview. Der Krebstod seines Sohns Stephan im Jahr 2015, eine eigene schwere Herzoperation 2016 und die Ermittlungen rund um die Vergabe der Fußballweltmeisterschaft 2006 machten aus dem Medienphänomen Beckenbauer den zurückgezogenen Ruheständler.
Dass Beckenbauer sich künftig wieder häufiger zu Wort meldet, ist nicht zu erwarten. Wie er der „Bunten“ selbst sagte, ist er „nicht mehr der Alte“. Der neben seiner Karriere als Fußballspieler, -trainer und -funktionär auch als Kolumnist der „Bild“-Zeitung und Fernsehexperte früher fest im Fußballgeschäft verankerte Bayer kann sich demnach mittlerweile nicht mehr ausreichend auf ein Fußballspiel konzentrieren. „Früher konnte ich dir hinterher jeden einzelnen Spielzug beschreiben – heute rauscht das Spiel einfach so an mir vorbei“, sagte Beckenbauer. Ob das eine Folge seiner Krankheitsphase ist, bleibt in dem Gespräch offen.
Dafür schilderte Beckenbauer in dem Blatt, dass ihn indirekt 2016 eine Notoperation am Herzen bei seinem einstigen fußballerischen Weggefährten Günter Netzer geholfen habe. Deshalb sei er zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder zum Kardiologen gegangen. „Der Arzt sagte mir klipp und klar: Das hält das Herz nur noch ein halbes Jahr aus, dann bist du weg.“
Auch wegen des Eingriffs hatte Beckenbauer Ende 2016 bekannt gegeben, sich nun zu seiner dritten Frau Heidi und den beiden gemeinsamen Kindern Joel und Francesca ins Privatleben zurückziehen zu wollen. Damals war der von vielen verehrte, für seine wolkige „Schaun mer mal“-Mentalität von manchen auch verspottete Beckenbauer auf dem Tiefpunkt seiner Popularität angelangt.
Rund um die Vergabe der Fußballweltmeisterschaft 2006 an Deutschland sorgten dubiose Millionenzahlungen für einen Schmiergeldverdacht. In Deutschland blieb der Skandal für Beckenbauer strafrechtlich ohne Folgen, in der Schweiz laufen aber noch immer Ermittlungen. Der Ausgang ist offen.
Das beschmutzte „Sommermärchen“
Beckenbauer, der damals als Chef des Organisationskomitees maßgeblich an der als „Sommermärchen“ gefeierten Weltmeisterschaft beteiligt war, hadert noch immer mit seinem wegen der Enthüllungen gesunkenen öffentlichen Ansehen, wie sich in dem Gespräch mit der Illustrierten zeigt.
Er sei neun Jahre lang 330 Tage im Jahr für das Projekt auf Reisen gewesen und habe für die Weltmeisterschaft im eigenen Land gekämpft, sagte er. Trotz viel öffentlicher Kritik und auch Häme scheint Beckenbauer aber weiter Unterstützer zu haben. Die falschen Freunde seien weg, „meine wirklichen Freunde sind mir alle geblieben.“
Und auch über die Freunde hinaus sei der Zuspruch groß gewesen. „Als es mir besonders schlecht ging, war die Anerkennung und der Zuspruch der Menschen besonders intensiv – als ob sie gemerkt haben, dass ich gerade jetzt ihren Rückhalt brauche“, sagte er der „Bunten“.
Der nach wie vor in seiner nach ihm benannten Stiftung aktive Ehrenpräsident des FC Bayern München und Ehrenspielführer des Deutschen Fußballbunds zeigte in dem Gespräch auch Selbstkritik im Umgang mit den schwierigen vergangenen Jahren: „Ich bin einer, der das mehr in sich hineinfrisst – und das ist anscheinend genau das Verkehrte.“ (afp)