Köln – Wer Steffen Baumgart richtig überraschen will, muss eigentlich früh aufstehen. Ist der Trainer des Bundesligisten 1. FC Köln doch mit allen Fußball-Wassern dieser Welt gewaschen und in der Regel gut vorbereitet. Von daher ist dem DSC Arminia Bielefeld vor seinem Auftritt am Samstag (15.30 Uhr, Sky) im voll besetzten Rheinenergiestadion schon mal ein Coup gelungen.
Baumgart hat nämlich nicht damit gerechnet, dass die stark abstiegsbedrohten Ostwestfalen vier Spieltage vor Saisonende doch noch ihren Trainer wechseln würden. „Das hat mich überrascht. Ich habe sie vergangenes Wochenende beim 0:3 gegen die Bayern gesehen und fand sie jetzt nicht so schlecht“, kommentierte Baumgart die Freistellung seines Kollegen Frank Kramer am Mittwoch.
Torwarttrainer Kostmann als Kramer-Nachfolger
Nur ein Punkt aus den jüngsten sieben Spielen und der Absturz auf Abstiegsplatz 17 mit dem schwächsten Angriff (23 Tore) der Liga lassen die Bielefelder Entscheidung recht plausibel aussehen. Außenstehende verwundert da schon eher die Tatsache, dass die Arminia ihren bisherigen Torwarttrainer Marco Kostmann die Verantwortung als Kramer-Nachfolger übertragen haben. Was Baumgart wiederum nicht so sehr überraschen konnte: „Das habe ich schon mal erlebt und es war der gleiche Trainer“, erinnerte der 50-Jährige an die Saison 2009/10, als Kostmann Hansa Rostock aus der Rolle des Torwarttrainers heraus übernahm.
Bielefeld baut im Abstiegskampf also auf Erfahrung, wofür auch die Personalie Michal Henke spricht. Der langjährige Assistent von Erfolgscoach Ottmar Hitzfeld bei Bayern München und Borussia Dortmund steht Kostmann ab sofort zur Seite. „Es geht für Bielefeld darum, die letzten Prozente herauszukitzeln. Sie greifen nach dem Strohhalm, um den Klassenerhalt zu schaffen“, ordnete Baumgart ein. Der FC-Coach geht aber davon aus, dass der kommende Gegner innerhalb von drei Tagen nicht alles über den Haufen werfen wird.
Mit Sondertrikot „Lebe nachhaltig“
Der 1. FC Köln wird gegen Arminia Bielefeld in einem Sondertrikot auflaufen und dabei das Thema Nachhaltigkeit in den Fokus rücken. Statt dem üblichen Logo des Hauptsponsors „REWE“ wird der Schriftzug „Lebe nachhaltig“ auf der Brust der FC-Profis zu sehen sein. „Unsere Kampagne vereint eines der dringendsten Themen unserer Zeit: Unser Leben nachhaltiger zu gestalten, damit nachkommende Generationen auf diesem Planeten nicht nur leben, sondern lebenswert leben können“, erklärte Präsident Dr. Werner Wolf. (sam)
Für ihn ist der Trainerwechsel bei der Arminia deshalb nicht so entscheidend, wie die Leistung seines eigenen Teams. „Wir wollen uns nicht zu sehr nach dem Gegner ausrichten, offensiv agieren und zusehen, dass wir unser Heimspiel gewinnen.“ Wie schwer die Aufgabe werden wird, hat der FC im Hinspiel erleben müssen, als die Arminia beim 1:1 vor große Schwierigkeiten gestellt hat, offensiv Lösungen zu finden. Der Tabellenvorletzte stellt nach 30 Spieltagen mit 3577 zurückgelegten Kilometern das laufstärkste Team der Bundesliga und zählt körperlich zu den robustesten Mannschaften.
Baumgart setzt auf unveränderten Kader
Baumgart kann am Samstag auf den gleichen Kader zurückgreifen wie beim 3:1-Derbytriumph in Mönchengladbach und wird trotz der Rückkehr von Kingsley Schindler in den Trainingsalltag keine Veränderungen in seinem Aufgebot vornehmen. Das gilt auch für die Besetzung der Startelf. Baumgart denkt lediglich darüber nach, ob der zuletzt starke Kingsley Ehizibue erneut aufläuft oder Stamm-Rechtsverteidiger Benno Schmitz nach überstandener Verletzung und Krankheit in die Anfangsformation zurückkehrt.
Der FC-Coach sieht seine Mannschaft trotz Tabellenplatz sieben und des ausgegebenen Ziels Europapokal weder am Samstag noch in den restlichen Spielen gegen Augsburg, Wolfsburg und Stuttgart in der Favoritenrolle: „Wir stehen vor diesen Clubs, aber das werden alles Spiele komplett auf Augenhöhe. Wir wissen, wo wir herkommen und wie schwierig es ist, Spiele zu gewinnen“, erklärte er. In der Hinrunden holten die Kölner trotz ihres 4:1-Derbyerfolgs gegen Mönchengladbach gegen Bielefeld und Augsburg nur einen Punkt.
„Aus meiner Sicht haben wir uns im Vergleich zur Hinrunde verbessert und stabilisiert“, sieht Baumgart aber eine positive Entwicklung. Und spätestens nach dem 3:2-Comebacksieg gegen Mainz und dem zweiten Derbysieg schwimmt der FC auf einer Welle der Euphorie. Es passt ins Bild, dass die Europapokalchancen der Geißböcke durch die Halbfinal-Ergebnisse im DFB-Pokal weiter gestiegen sind. Weil der SC Freiburg und RB Leipzig im Finale stehen, reicht Rang sieben, um sich für die Conference League zu qualifizieren. „Ob Platz sieben reicht, ist nicht mein Fokus. Ich will mit den Jungs weiter erfolgreich sein. Wir wollen den internationalen Wettbewerb angreifen. Ich würde in der Tabelle gerne vor Union kommen und vor Hoffenheim bleiben“, sagte Steffen Baumgart. Das würde am Saisonende Platz sechs und die Europa League bedeuten. Was sicher für alle, die es mit dem FC halten, mehr als nur eine Überraschung wäre.