Das Corona-GeschenkKommt die Formel 1 dauerhaft an den Nürburgring zurück?
- Ohne Pandemie wäre die Formel 1 nicht an den Nürburgring zurückgekehrt. Ist es nur ein Intermezzo?
Nürburgring – Allen Unkenrufen zum Trotz: Die Crème de la Crème des Motorsports schlägt nach siebenjähriger Pause am Wochenende doch wieder am Nürburgring auf. Der souveräne WM-Spitzenreiter Lewis Hamilton, sein Mercedes-Teamkollege Valtteri Bottas, der holländische Red-Bull-„Haudrauf“ Max Verstappen und der vierfache Weltmeister Sebastian Vettel im Ferrari duellieren sich vor wahrscheinlich 20 000 zugelassenen Zuschauern beim elften Formel 1 WM-Lauf dieser Saison.
Es wird ein Rennen unter besonderen Umständen zu einer besonderen Zeit in einer veränderten Welt werden. Und eines mit besonderen Folgen, lange nachdem die schwarz-weiß karierte Zielflagge gefallen sein wird. Hofft zumindest das Gros der Beteiligten. Denn es geht nicht (nur) darum, ob der britische Weltmeister das Rennen als Sieger beenden und seinen Vorsprung in der Fahrer-Weltmeisterschaft ausbauen wird.
Braucht die Formel 1 in Zukunft den Nürburgring?
Es geht auch und vielleicht sogar in erster Linie um die Frage, ob der Ring den Goldtaler, den ihm das Corona-Virus auf ungewollte Weise zum Geschenk gemacht hat, vermehren kann. Die Frage nach diesem 11. Oktober 2020 wird sein: Braucht der Nürburgring weiter die Formel 1 und vor allem: Braucht die Formel 1 in Zukunft den Nürburgring?
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Als im Herbst 2019 der Kalender der Formel 1 für 2020 vorgestellt wurde, war darin von einem Rennen auf deutschem Boden nichts zu sehen. Doch zu diesem Zeitpunkt war auch von Corona, geschweige denn von einer weltweiten Pandemie, die das Reisen von einem Kontinent zum nächsten fast zum Erliegen bringen sollte, noch keine Rede. Und so kam es, dass sich Serien-Betreiber Liberty media mit dem Eintreten der Pandemie nach neuen, alten Schauplätzen für seine rasende Geldmaschine umsehen musste.
Rennstrecken, die längst aus dem Spiel zu sein glaubten, kamen wieder ins Gespräch. So auch der Nürburgring, der am Wochenende Gastgeber des „Großen Aramco Preis der Eifel“ sein wird. Nach sieben Jahren tritt das ein, was Nürburgring-Geschäftsführer Mirco Markfort bei Nachfragen zum Thema Formel 1 auf der Eifel-Rennstrecke immer wieder gesagt hatte: Es müsse finanziell für sein Unternehmen darstellbar sein. 2013 wurde zum letzten Mal am Nürburgring gefahren. Danach war die Formel 1 noch viermal auf dem Hockenheimring auf deutschem Boden zu Gast.
Zahlen, wer was forderte und wer was bekam, gab und gibt niemand preis. Aber der Umstand, dass der Streckenbetreiber bei den Verhandlungen mit der in diesem Falle anfragenden Formel-1-Organisation auf einmal am längeren Hebel saß, führte die vorherigen Verhältnisse fast schon ad absurdum. Liberty media musste eine bestimmte Anzahl von Rennen weltweit austragen, um diese über die Mattscheiben flimmern zu lassen. Nur dann war der Vertragsbestandteil erfüllt, der den Geldsegen ins Rollen bringen konnte.
Ob sich die Verhältnisse aber nur für dieses eine, vom Corona-Virus verseuchte Jahr, verschoben haben, oder ob der Ring auf lange Sicht mehr als nur eine aus der Not geborene Interimslösung sein kann, darüber will zum jetzigen Zeitpunkt niemand sprechen. „Zunächst gilt unser ganzes Augenmerk der für alle Beteiligten zufriedenstellenden Abwicklung des Großen Preises der Eifel im Oktober“, ließ die Geschäftsführung in der Eifel wissen.
Dass der mittlerweile 33jährige Vettel, derzeit bestenfalls noch Mittelmaß repräsentierend, auch in Zukunft für seinen neuen Arbeitgeber Aston Martin gerne wieder vor heimischem Publikum dabei sein würde, daraus macht er kein Geheimnis. Der Wahlschweizer, dem derzeit nicht nur fahrerische, sondern auch unternehmerische Absichten bei den Briten nachgesagt werden, weiß um die Strahlkraft der Formel 1 auf deutschem Boden. Auch wenn seine große Zeit im Red Bull vorbei und er der einzig verbliebene Fahrer mit deutschem Pass im gesamten Feld ist.
VW-Chef Herbert Diess meldet Interesse an
Genauso wie er denkt auch sein Landsmann Andreas Seidl. Der ist nicht nur Motorsport-Ingenieur, sondern inzwischen auch Teamchef bei McLaren. „Aus meiner persönlichen Sicht, aber ich denke auch für die Formel 1, ist es wichtig, ein Rennen in Deutschland zu haben, mit all der Geschichte, die der Motorsport in Deutschland hat“, sagte er dem Portal motorsport-total.com
Ein mögliches Interesse an einem Einstieg seines Hauses in die Formel 1 hat vor kurzem auch VW-Chef Herbert Diess zur allgemeinen Überraschung verkündet. Und das, obwohl mit Audi und Porsche zwei Konzernmarken in der Formel E vorn mitmischen. „Meiner persönlichen Meinung nach sollten wir mit Rennsport weitermachen“, ließ er auf der Business-Plattform LinkedIn wissen. Denn, so Diess, „Die Formel 1 wird CO2-neutral, indem sie synthetische Kraftstoffe nutzen wird. Sie ist viel aufregender, spaßiger, mehr Rennsport und ein besserer Technik-Wettkampf als die Formel E, die in Stadtzentren ein paar Runden im Spielmodus dreht.“
Dass wahrscheinlich 20 000 Zuschauer das Rennen auf dem Grandprix-Kurs sehen werden, wird nicht nur die Fans, sondern auch Tourismus und Gewerbetreibende in der Region freuen. Das kommende Wochenende am Nürburgring wird spannend werden. Unter vielen Aspekten. Nicht nur unter motorsportlichen. Es wird zwar noch keine Antworten, aber zumindest Fingerzeige auf die Frage geben, ob Deutschland, aber ob vor allem der Nürburgring die Formel 1 wieder braucht. Und umgekehrt.