Leverkusen – „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“ Dieser Satz stammt nicht etwa von Simon Rolfes, sondern von Albert Einstein. Mitten in der tiefsten sportlichen Krise beim Bundesligisten in Leverkusen seit 40 Jahren, dürfte aber auch Bayers neuer Geschäftsführer Sport analysieren und forschen, wie ein Wissenschaftler. Jetzt, in der Länderspielpause gilt es, den Champions-League-Teilnehmer endlich auf Kurs „Internationales Geschäft“ zu bringen – obwohl sich der halbe Kader auf Länderspielreise befindet.
Zwölf Punkte Rückstand auf Spitzenreiter Union
Im deutschen Fußball-Oberhause findet sich der letztjährige Dritte nach sieben Spielrunden, mit fünf mageren Punkten, als 15. in einer „brutal gefährlichen Situation“ (Robert Andrich) wieder. Nach vier Niederlagen aus den ersten fünf Spielen gab es zuletzt zwei wenig hilfreiche Unentschieden. So häufte die Werkself zwölf Punkte Rückstand auf Überraschungstabellenführer Union Berlin an. Dass es „nur“ sieben Zähler auf den FC Bayern sind, macht die Lage kaum erträglicher. Im Gegenteil: Rolfes und der Bayer 04-Tross werden am kommenden Freitag zur Eröffnung des achten Spieltages in die bayrische Hauptstadt reisen und treffen dort auf einen ebenfalls kriselnden Branchen-Primus.
Für Leverkusens angezählten Trainer Gerardo Seoane ist der mit dem Rücken zur Wand stehende Rekordmeister auswärts wohl die gefährlichste und undankbarste Aufgabe. Im Geiste von Albert Einstein aber auch eine Chance: Schließlich machen der Seoane-Elf die eigenen Synapsen nach dem unwirklich schwachen Saisonstart schwer zu schaffen. Auch Führungen gegen Mittelklasseteams wie Hertha BSC Berlin (2:2) und Werder Bremen (1:1) halfen da nicht. Vorne fehlten Konzentration und Kaltschnäuzigkeit, um die Spiele zu entscheiden. Hinten blieb das Kollektiv instabil und produzierte individuelle Fehler am Fließband, die zu Gegentreffern führten.
Stabsstelle Nachhaltigkeit
Bayer 04 Leverkusen bündelt seine Aktivitäten im Bereich der Nachhaltigkeit und seit dem 1. September 2022 eine entsprechende Stabsstelle eingerichtet. Von hier aus werden künftig die Aktivitäten des Clubs in den Bereichen soziale und ökologische Verantwortung sowie nachhaltige Unternehmensführung koordiniert. In Matthias Adler hat Bayer 04 für die Stabsstelle einen Mitarbeiter aus den eigenen Reihen rekrutiert. „Bayer 04 steht seit Jahren für ein verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln“, erläutert Fernando Carro, Vorsitzender der Geschäftsführung. „Mit der Einrichtung der Stabsstelle wollen wir dieses Engagement nicht nur aktiv untermauern, sondern intensivieren, ergänzen und weiterentwickeln, um damit in einem für uns alle wichtigen Zukunftsthema gut aufgestellt zu sein.“ Matthias Adler studierte in Wuppertal, Barcelona und Düsseldorf Sozialwissenschaften und absolvierte den DFL-Zertifikatslehrgang „Nachhaltigkeitsmanager Fußballmanagement“. Der 31-Jährige ist seit 2015 bei Bayer tätig, zuletzt in den Bereichen Organisationsentwicklung und Unternehmenskultur sowie Soziales Engagement.
In der Allianz-Arena haben die Leverkusener in der kommenden Woche aber nichts zu verlieren. Ähnlich wie vor zwei Wochen im zweiten Champions-League-Spiel gegen Atlético Madrid, als gegen den spanischen Gruppen-Favoriten ein überraschendes 2:0 gelang, könnte die Seoane-Elf also ausgerechnet in München den Turnaround schaffen.
Dafür konterkarierten die Geschäftsführer Rolfes und Fernando Carro den Einstein-Satz auf der Führungsebene. Indem sie Trainer Seoane mit Sätzen wie „Er sitzt fest im Sattel“ (Carro) stärkten und für mögliche Verhandlungen mit Nachfolge-Kandidaten wie Domenico Tedesco (RB Leipzig), Franco Foda (FC Zürich) oder Adi Hütter (Borussia Mönchengladbach) Zeit gewannen. Im sportlichen Bereich müssen die Denkmuster aber dringend aufgebrochen werden. Auch ohne die elf auf Reisen befindlichen und erst wenige Tage vor dem München-Spiel zurückerwarteten Nationalspieler, wurde an der BayArena in kleineren Trainingsgruppen gearbeitet. „Vielleicht tut uns das gerade mal ganz gut“, meinte Vize-Kapitän Jonathan Tah. Der Innenverteidiger betonte die Qualität der Trainingseinheiten, in denen „viel investiert“ und „viel reflektiert“ werde.
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Ganz im Sinne Albert Einsteins handelten die Bayer-Profis außerdem beim „04-Hilft-Tag“. Für die gemeinnützige Aktion strichen Tah und Teamkollegen wie Moussa Diaby, Robert Andrich, Paulinho oder Callum Hudson-Odoi im Kleingartenverein Burgloch Tore mit Lackfarbe, pflanzten Bäume oder transportierten Sand für Kinderspielplätze. Diese Solidarität sollte die Werkself auf den grünen Rasen übertragen. Schließlich können die Leverkusenern im heißen Herbst – mit neun Spielen von Ende September bis Anfang November – nur gemeinsam aus der Krise kommen.