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Analyse zum Spiel des 1. FC KölnWarum Baumgarts Plan perfekt aufgegangen ist

Lesezeit 4 Minuten
Modeste freut sich

Kölns Anthony Modeste

Stuttgart/Köln – Selten wohl hat Steffen Baumgart noch während eines Fußballspiels so herzhaft gelacht, wie am Mittwoch in der zweiten Rundes des DFB-Pokals. Spaßvogel Anthony Modeste hatte seinen Trainer mal wieder aus der Reserve locken können. Der 33-Jährige hatte nach seiner Einwechslung beim VfB Stuttgart erst 38 Sekunden auf dem Platz gestanden, als er Baumgart im Vorbeilaufen anbot, ihn wieder auszuwechseln. Gestik und Mimik des Franzosen verrieten schelmisch, dass er seine Schuldigkeit ja getan habe. Ein Ballkontakt habe ihm gereicht, um den 1. FC Köln mit dem Treffer zum 1:0 in der 72. Minute auf den Weg ins Achtelfinale zu führen.

Baumgart schlug das großzügige Angebot lachend aus und durfte sich fünf Minuten später wieder mit Modeste freuen. Der Stürmer kopierte mit dem zweiten Ballkontakt seinen ersten Treffer und machte den hochverdienten 2:0-Erfolg der Geißböcke im 100. Pflichtspielduell mit dem VfB perfekt. Für die Nummer 27 des FC war es nach dem 2:2 am Sonntag gegen Bayer Leverkusen der zweite Doppelpack innerhalb von nur vier Tagen und die Fortsetzung seiner unglaublichen Geschichte als wiedergeborener Torjäger.

Ein Herz und eine Seele: Spaßvogel Anthony Modeste (l.) und Trainer Steffen Baumgart.

Gier nach einem Heldenepos um Modeste

Es war keine Frage, dass sich nach dem Spiel vor nur 26 375 Zuschauern in der Mercedes Benz-Arena alle auf die Geschichte stürzten. Immerhin hatte Modeste die Partie entschieden. „Er war nicht der entscheidende Mann, entscheidend war die Mannschaft. Tony hat es für uns über die Ziellinie gebracht“, erstickte Steffen Baumgart die Gier nach einem Heldenepos aber im Keim.

Bisseck wechselt

Die guten Nachrichten rund um den 1. FC Köln wollen in dieser Woche gar nicht abreißen. Dem mit 515 028 Euro Prämie versüßten Einzug ins Achtelfinale (Auslosung am Sonntag um 18.30 Uhr) des DFB-Pokals folgte die Meldung, dass der FC seine seit 1994 bestehende Kooperation mit dem Exklusivpartner Ford bis zum 30. Juni 2025 verlängert hat. Außerdem haben die Geißböcke Yann Aurel Bisseck verkauft. Der dänische Erstligist Aarhus GF, an den der 20-jährige seit Sommer 2021 ausgeliehen war, hat seine Kaufoption in Höhe von 750 000 Euro gezogen und den Innenverteidiger bis 2026 vertraglich gebunden. (sam)

Der 49-Jährige denkt eben im Kollektiv und tatsächlich war der in vielerlei Hinsicht wichtige Pokaltriumph Produkt eines tollen Plans des Trainerteams und der ihn umsetzenden Mannschaft. Die Kölner zeigten eine Leistung, die so nicht erwartet wurde. Nicht, weil der FC dazu nicht in der Lage wäre, sondern weil Baumgarts Aufstellung vor dem Anpfiff alle Schwarzmaler auf den Plan rief. Der Trainer sorgte mit acht Umstellungen im Vergleich zum Derby gegen Leverkusen, einem veränderten Spielsystem und den Startelfdebütanten Louis Schaub, Tomas Ostrak und Kingsley Schindler für argwöhnisches Stirnrunzeln im Lager der FC-Anhänger. Konnte das gut gehen, mit einer B-Elf in einem solch wichtigen Spiel?

Den VfB Stuttgart zermürben und dann zuschlagen

„Bei uns gibt es kein A und B. Und auch keine Einsätze, um Spieler bei Laune zu halten, sondern um sie dranzuhalten“, hielt Baumgart den Skeptikern entgegen. „Wir haben einen breiten und guten Kader. Es ist wichtig, jedem die Möglichkeit zu geben sich zu zeigen. Wenn es in die Hose gegangen wäre, wäre es trotzdem ein gutes Spiel gewesen“, war der Trainer von seinem Vorgehen überzeugt.

Nach 90 Minuten durfte Baumgart so im Konjunktiv sprechen. Sein Plan war perfekt aufgegangen. Den zugegebenermaßen harmlosen VfB zermürben, um dann mit einer Systemumstellung von zwei Sechsern auf zwei Spitzen und voller Offensivkraft entscheidend zuzuschlagen. „Ich bin relativ klar in meinen Gedanken und weiß, was ich tue“, sagte Baumgart. So war festgelegt, dass Mark Uth, Ondrej Duda und Modeste im Verlauf der zweiten Hälfte reinkommen würden und die Gastgeber überraschen sollten. Es war zwar nicht vorhersehbar, dass Baumgart so den Doppel-Torschützen und beide Vorlagengeber in den richtigen Momenten bringen konnte, die Wahrscheinlichkeit war auch nicht so gering.

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Es passte ins Bild, dass das neu gebildete Innenverteidiger-Paar Timo Hübers und Jorge Meré stark aufspielte und Stuttgart zu keiner klaren Chance kam. Hübers gewann jeden Zweikampf und schlug vor dem 1:0 einen Sensationspass auf Vorbereiter Mark Uth. Meré organisierte die Viererkette perfekt und demonstrierte seine Passstärke. „Beide sehr gut“, stellte Baumgart sein Zeugnis aus und hatte hörbar Freude an seinem Plan. Zu dem auch gehörte, dass in der Schlussphase die Youngster Tim Lemperle und Marvin Obuz Einsatzzeit bekamen. Für Obuz war es sein Debüt als Profi. Jeder bekommt die Möglichkeit sich zu zeigen. „Das ist unser Weg“, erklärte Steffen Baumgart nach dem Spiel wieder mit gewohnt grimmiger Miene.