Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Nach 0:4 gegen DortmundBeim 1. FC Köln wird der Ton schärfer und die Resignation greifbar

Lesezeit 4 Minuten

Kölner Niedergeschlagenheit: (v.l.) Bundesliga-Debütant Jacob Christensen, Jeff Chabot und Justin Diehl.

Beim 0:4 gegen Borussia Dortmund bestätigt der 1. FC Köln eklatante Mängel in Offensive und Defensive. Das untere Mittelfeld ist inzwischen enteilt, die Lage wird immer prekärer.

Florian Kainz gehört zu den ruhigen Vertretern seiner Zunft. Der Österreicher spricht in leisem Ton und wählt seine Worte mit Bedacht. Manchmal wirkt es sogar allzu vorsichtig, wenn der Kapitän des 1. FC Köln vor die Mikrofone tritt. Nicht so nach dem herben 0:4 (0:1) zum Rückrundenauftakt der Fußball-Bundesliga gegen Borussia Dortmund. „Richtig sauer“ sei er, begann Kainz seine Analyse zur höchsten Heimniederlage der Saison, deren Deutlichkeit er als „unerklärlich“ bezeichnete. Der 31-Jährige machte aus seinem Frust keinen Hehl: „Es war nicht alles schlecht. Aber ich bin heute schon sehr enttäuscht nach einem Spiel, für das wir uns viel vorgenommen hatten.“

Statt der erhofften Überraschung gelang dem Tabellenvorletzten zum vierten Mal in den jüngsten fünf Spielen kein Treffer. Auf die Spielzeit gerechnet war es der neunte Auftritt, bei dem vorne die Null stand. Elf Tore und elf Punkte nach 18 Spielen sind zweifelsohne die Bilanz eines Absteigers, für den sich die Situation am sportlichen Abgrund weiter verschärft hat. Durch die Überraschungssiege des VfL Bochum und des SV Werder Bremen gerät das untere Mittelfeld zunehmend außer Reichweite. Es verfestigt sich der Eindruck, dass den Kölnern die Qualität fehlt, um den Klassenerhalt zu schaffen – zumindest auf direktem Wege.

Es gibt einige Sachen, bei denen wir uns nicht clever anstellen. Wir kriegen beim Stand von 0:2 ein Kontertor, das uns nie passieren darf.
Florian Kainz, Kapitän des 1. FC Köln

Schon der Relegationsplatz wäre wohl ein Erfolg angesichts der Defizite, die auch im Duell mit dem BVB offensichtlich wurden. Vorne harmlos, hinten anfällig – so lässt sich der akut besorgniserregende Zustand zusammenfassen, in dem das Gründungsmitglied dem siebten Bundesliga-Abstieg der Vereinsgeschichte scheinbar ungebremst entgegenstürzt. Auf den Rängen machten sich am Samstag bereits deutliche Anzeichen von Resignation breit. Ein nicht unerheblicher Teil der 50.000 Zuschauer war vorzeitig abgereist. Nach Spielende gab es auch keine Pfiffe oder andere Unmutsbekundungen, die im Fußball in Zeiten der Krise eigentlich zur Tagesordnung gehören. Die Leute gingen stattdessen in aller Stille nach Hause. Von der Südkurve gab es gar aufmunternden Beifall. Fast wirkte es so, als hätten sich die Fans damit abgefunden, dass nicht mehr drin ist, zumal ohne Perspektive auf personelle Verstärkung.

Gegen Dortmund reichte es einmal mehr in beiden Halbzeiten nur zu Phasen, in denen die Kölner ganz gut mitspielten, ehe das Pendel wieder umschlug. Florian Kainz pickte sich exemplarisch die Viertelstunde nach dem Seitenwechsel heraus. „Wir hatten gleich nach der Halbzeit die Chance auf den Ausgleich. Dann kriegen wir einen Elfmeter und ein Kontertor und sind plötzlich 0:3 hinten“, zeigte sich der Kapitän konsterniert. Zunächst war die wirkungslose Selke-Notlösung Jan Thielmann mit einem Alleingang gescheitert (46.). Was folgte, waren zehn albtraumhafte Minuten für Rasmus Carstensen, dessen Aussetzer vorne wie hinten die beste Phase im Kölner Spiel abrupt beendeten. Es begann damit, dass der Rechtsverteidiger das Kunststück fertigbrachte, den Abpraller nach Linton Mainas Pfostentreffer noch nicht mal auf das leere Gehäuse zu befördern (51.). „Wenn es 1:1 steht, kann es ein anderes Spiel werden“, merkte Abwehrchef Timo Hübers zurecht an. Wurde es aber nicht. „Wir haben unsere Chancen nicht genutzt. Der Gegner hat das eiskalt bestraft.“

FC-Trainer Timo Schulz kritisiert „naives“ Zweikampfverhalten

Durch ungestümes Einsteigen gegen Jadon Sancho unterlief Carstensen nämlich gleich der nächste Patzer, den Niclas Füllkrug per Elfmeter zum 0:2 ausnutzte (58.). Spätestens als der junge Däne mit einem Ballverlust den Konter verschuldete, mit dem sich Donyell Malen zum Doppeltorschützen aufschwang (61.), standen die Kölner vollends bedient dar. Was sich bei Youssoufa Moukokos finalem Treffer in der Nachspielzeit (90.+2) in Auflösungserscheinungen widerspiegelte. „Es gibt einige Sachen, bei denen wir uns nicht clever anstellen. Wir kriegen beim Stand von 0:2 ein Kontertor, das uns nie passieren darf“, kritisierte Florian Kainz. Mainas abermalige Zweikampf-Verweigerung im eigenen Sechzehner vor dem ersten Gegentreffer durch Malen (12.) rundete das Bild eines untauglichen Defensivverhaltens ab.

Kainz kündigte eine interne Aufarbeitung der Unzulänglichkeiten an, zu denen gegen Dortmund auch 13 Ecken ohne Ertrag zählten: „Auf einzelne Spieler draufzuhauen ist nicht meine Art“, sagte der Kapitän. „Aber wir werden uns das alles anschauen. Alle Spieler wissen, dass man einige Situation anders lösen kann.“ Timo Schultz verschärfte nach dem nächsten Tiefschlag ebenfalls den Ton. „Wir stellen uns in den entscheidenden Situationen zu naiv an“, bemängelte der FC-Trainer und forderte eine konsequentere Zweikampfführung: „Wir müssen lernen, das eigene Tor brutaler zu verteidigen.“ Fußball sei „ein Ergebnissport“, sagte Schultz. „In der Kernkompetenz Effizienz war uns Dortmund brutal überlegen.“ Der 46-Jährige war nach seinem zweiten sieglosen Spiel an der Kölner Seitenlinie aber auch darum bemüht, das zarte Pflänzchen Hoffnung am Leben zu halten. „Gerade in der ersten Halbzeit haben wir viele gute Sachen gemacht“, erklärte Schultz. Nur: Eine klare Chance hatte vor der Pause trotzdem gefehlt. Was das ganze Kölner Dilemma in dieser Saison ausdrückt.