Köln – Die Laune war gut bei Timo Hübers. „Vier Tage, das ist ja fast wie Urlaub“, witzelte der Abwehrchef des 1. FC Köln. Das unerwartete 1:1 am Sonntagabend im Bundesliga-Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim versetzte Hübers in die Lage, den jüngsten körperlichen Grenzerfahrungen mit Humor zu begegnen. Nach zwei Spielen in drei Tagen hat die Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart nun immerhin bis Donnerstag Zeit, um den angegriffenen Energiespeicher wieder zu füllen.
Dann steht die nächste Partie auf europäischer Bühne mit Final-Charakter an. Im letzten Conference League-Gruppenspiel gegen den OGC Nizza (21 Uhr, Rhein-Energie-Stadion/ RTL) geht es für die Kölner ums Überwintern im Europapokal. Die Rechnung ist einfach: Gewinnt der FC, geht die Europa-Reise im neuen Jahr weiter. Gewinnt er nicht, ist die zweite Teilnahme am internationalen Geschäft in diesem Jahrtausend erneut nach der Gruppenphase schon wieder vorbei.
Bangen um verletzten Stürmer Florian Dietz
Timo Hübers erwartet in Anbetracht der hochspannenden Ausgangslage ein Tollhaus. „Wer weiß, was hier in Müngersdorf los sein wird. Die Leute sind heiß. Die brennen für Europa“, zeigte sich der 26-Jährige voller Vorfreude auf das Alles-oder-nichts-Spiel unter Flutlicht. Alles sei angerichtet für ein „schönes Endspiel“.
Nizza im Aufwind
2:1
gewonnen hat der OGC Nizza sein Auswärtsspiel in der Ligue 1 beim bisherigen Tabellendritten FC Lorient und damit seine Formstärke unterstrichen. Nach schwachem Saisonstart scheint die Mannschaft von Trainer Lucien Favre vor dem entscheidenden letzten Conference-League-Gruppenspiel am Donnerstag beim 1. FC Köln immer besser ins Rollen zu gelangen.
In den jüngsten sieben Spielen auf nationaler und europäischer Ebene blieben die Südfranzosen sechs Mal ungeschlagen. „Wir haben energischer, aber viel kompakter gepresst und zusammengehalten“, lobte Lucien Favre den Auftritt in Lorient. Mit dem vierten Sieg verbesserte sich der OGC auf Tabellenplatz zehn. (tca)
Um gegen die formstarken Franzosen (siehe Infokasten) zu bestehen, ist der FC auf eine neuerliche Energieleistung angewiesen. Wo die dafür erforderlichen Kraftreserven gegen die TSG Hoffenheim herkamen, wusste Hübers „selber nicht so genau“. Der 1:0-Sieg im verlegten Conference League-Spiel beim 1. FC Slovácko war schließlich nur so alt, wie die von der DFL vorgeschriebene Mindestverschnaufpause von 48 Stunden. Erkämpft wurde der Erfolg im Osten Tschechiens in einer personellen Notlage, die durch die neuerlichen Verletzungen von Ellyes Skhiri und Jonas Hector ein dramatisches Ausmaß annahm. Und dann war da noch das fragwürdige Verhalten der TSG Hoffenheim, die die Kölner Bitte um eine Spielverlegung auf den einzig übrig gebliebenen Ausweichtermin am 18. Januar abgeschmettert hatte.
Den Leuten zeigen „was abgeht“
Eine hoch komplizierte Gesamtsituation, die das eingeschworene FC-Team zu einer Trotzreaktion bewegte. „Daran haben wir uns alle hochgehangelt“, schilderte Timo Hübers. „Wir haben uns gesagt: Jetzt erst recht. Wenn alle Umstände gegen uns sprechen, zeigen wir den Leuten mal, was hier abgeht.“
Heraus kam die höchste Laufleistung des zwölften Bundesliga-Spieltags. „Alle haben alles rausgehauen. Wir sind richtig schön marschiert gegen eine absolute Topmannschaft“, fand Timo Hübers Gefallen an den zurückgelegten 121 Kilometern. Ein ebenso beachtliches wie erstaunliches Pensum, das aus Sicht des Innenverteidigers nicht auf Zufall zurückzuführen war: „Das zeigt, dass das unsere große Stärke ist: Zu versuchen, den Gegner in Grund und Boden zu laufen.“ Mit Einsatz, Wille und Leidenschaft war es den Kölnern gelungen, einen individuell grundsätzlich klar überlegenen Kontrahenten wie die TSG Hoffenheim in Schach zu halten. „Ich bin stolz, es hat sich richtig gut angefühlt“, sagte Hübers über den bis weit in die zweite Halbzeit hinein dominanten Auftritt der Gastgeber.
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Einziges Manko: Der FC machte nach der Führung durch Florian Kainz (13.) zu wenig aus seinen Möglichkeiten und musste noch vor der Pause den überraschenden Ausgleich durch Jacob Bruun Larsen hinnehmen (36.). „In der einen oder anderen Situation hätte ich mir mehr Ruhe gewünscht“, erklärte Steffen Baumgart.
Hauptadressat dürfte Linton Maina gewesen sein, der insgesamt eine starke Partie geboten hatte. Der Sprinter war mit Steilpässen immer wieder auf die Reise geschickt worden und von der hoch stehenden TSG-Defensive nicht in den Griff zu bekommen. In so mancher vielversprechender Situation agierte der Vorbereiter des Führungstores allerdings noch nicht abgeklärt genug. „Es geht nicht so sehr um den Abschluss, sondern um die Ruhe vor dem Tor. Daran arbeiten wir“, berichtete der 23-Jährige, dessen Einsatz nach einem in Tschechien erlittenen Pferdekuss auf der Kippe gestanden hatte. „Mir wurde aber relativ schnell zu verstehen gegeben, dass ich am Sonntag auf dem Platz stehen soll“, sagte Maina schmunzelnd. „Es hat schon wehgetan, aber irgendwie läuft man den Schmerz raus.“
Baumgart befürchtet Nachwehen
Trotz des verpassten Sieges zeigte sich Steffen Baumgart „sehr zufrieden“ mit dem ergatterten Remis. „Ich glaube, die Jungs wissen gar nicht, was sie geleistet haben“, zollte der FC-Coach seiner Notelf Anerkennung. Angesichts der Personalmisere blickte der 50-Jährige jedoch durchaus sorgenvoll nach vorne: „So eine Energieleistung ist einmal immer möglich. Auf lange Sicht wird es halt nicht gehen“, warnte Baumgart, der nach den Strapazen der vergangenen Tage befürchtet: „Ich bin mir sicher, das wird uns noch nachhängen.“
Zumal mit Florian Dietz Ausfall Nummer zehn dazukommen könnte. Der in der 80. Minute eingewechselte Mittelstürmer musste noch vor dem Schlusspfiff wieder runter genommen werden, nachdem es ihn am Knie erwischt hatte.„Ich gehe davon aus, dass Florian der nächste ist, dem etwas fehlt“, klagte Baumgart. Eine Diagnose stand am Montag noch aus. Unklar ist auch, ob Ellyes Skhiri (Gesichtsverletzung) und Jonas Hector (Knöchelprellung) gegen Nizza wieder dabei sein können. Baumgart zeigte sich zumindest im Fall Hector skeptisch: „Im Moment sieht es nicht so aus“, sagte er am Montag.