Köln – Steffen Baumgart wusste noch nicht so ganz genau, wie er am Freitag nach dem Spiel in der Alten Försterei den Heimweg antreten wird. Zu Fuß, mit dem Rad oder mit einem Umweg über das Mannschaftshotel. Wie die Entscheidung am Ende auch ausfallen wird, der Trainer des 1. FC Köln wird keine lange Strecke vor sich haben.500 Meter sind es vom Stadion bis zu seinem Haus, das für ihn und seine Familie Zuhause bedeutet. „Union, das ist Familie für mich. Hier habe ich meine Heimat gefunden, auch vom Inneren heraus“, bekannte sich Baumgart vor seinem ersten Spiel mit dem FC an der Alten Försterei.
Steffen Baumgart war zwei Jahre bei Union Berlin
Ein Stadion, in dem Baumgart selbst gespielt hat. Zwischen 2002 und 2004 trug der heute 50-Jährige das Trikot der Eisernen in der 2. Bundesliga und es waren wahrlich nicht die besten Jahre für den Club aus dem Südosten Berlins. „Da haben wir gegen den FC sieben Stück kassiert“, erinnert sich Baumgart an das 0:7 am 7. Oktober 2002 in Müngersdorf.
Auch das Rückspiel in Köpenick ging damals an den FC, der 3:0 gewann und später in die 1. Liga zurückkehrte. „Sportlich war das für mich eine eher bescheidene Zeit“, erzählte Baumgart. In der Saison 2003/04 stieg er als Kapitän mit Union sogar aus der 2. Liga ab und wechselte nach Cottbus. Geblieben ist aus der schwierigen Zeit aber eben dieses besondere Gefühl für einen „besonderen Club“.
Es sind der Zusammenhalt und die innere Überzeugung bei Union, die einen bleibenden Eindruck bei Baumgart hinterlassen haben und ihm bis heute als Vorbild dienen. „In diesem Club arbeiten alle gemeinsam und bis zum Ende an einer Situation“, erinnert er an die legendäre Blutspendeaktion oder den Ausbau der Alten Försterei mit tatkräftiger Hilfe der Fans. Fans, die ihrem Club nicht nur die Treue halten, sondern ihn auch dann unterstützen, wenn es nicht läuft.
„Was die Atmosphäre speziell und besonders macht, ist, dass sie durchweg positiv ist. Mit positiv meine ich in jeglichen Situationen und bei jeglichen Spielständen. Es wird nicht vorkommen, dass bei einem 0:4 gepfiffen wird. Es geht darum, dass alle zusammen gehören und alle es auch zeigen.“
Bundesliga-Tabelle: Union Berlin zwei Punkte hinter 1. FC Köln
Eine Stimmung, die Baumgart auch schon in Köln erlebt hat – mit einem kleinen, aber feinen Unterschied: „Wir haben auch eine gute und geile Stimmung. Die ist nicht immer gleich positiv, das müssen wir uns erarbeiten. Aber wir wollen uns ja alle noch weiterentwickeln“, äußerte sich der FC-Trainer optimistisch.
Damit meint er sich, die Mannschaft, den ganzen Club und das Umfeld. „Es wäre schön, wenn wir Union längerfristig auf Augenhöhe begegnen können. Das machen wir in der laufenden Saison zum ersten Mal. Bisher, beziehungsweise in der vergangenen Saison, waren sie weit, weg.“
Aktuell rangieren die Berliner in ihrer vierten Bundesliga-Saison nach dem Aufstieg 2019 zwei Punkte hinter dem FC auf Rang neun und gehören neben Frankfurt und Mainz zu den direkten Konkurrenten der Geißböcke um eine mögliche Qualifikation für den Europapokal-Wettbewerb.
Steffen Baumgart lobt Union-Trainer Urs Fischer
Unions sportlichen Erfolg schreibt Baumgart in großen Teilen seinem Kollegen Urs Fischer zu. „Er ist einer der besten Trainer, die wir in der Liga haben. Aus diesen Möglichkeiten heraus aufzusteigen, die Klasse zu halten und sich für Europa zu qualifizieren, hätte nicht jeder geschafft“, lobte er den 56-jährigen Schweizer, der 2018 in Köpenick anheuerte.
Fischer fühlt sich geehrt, wies Baumgart aber auch in die Schranken: „Das ist schon ein bisschen viel. Er soll es nicht übertreiben. Aber danke, für dieses Kompliment. Natürlich hört man das gerne. Ich habe mit Steffen eine sehr gute Verbindung. Wir tauschen uns zwischendurch aus, telefonieren und schreiben auch.“
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Fehlt nur noch ein unterhaltsames, intensives Fußballspiel, Daran hat Steffen Baumgart aber keine Zweifel: „Ein besseres Spiel an einem Freitagabend kann ich mir nicht vorstellen. Das Positive ist, dass zwei gute Mannschaften aufeinandertreffen und in einem Stadion mit toller Atmosphäre spielen. Es wird von Beginn an heiß her gehen und ein schönes Erlebnis werden. Die Aufgabe liegt darin, dass es für uns ein schönes Erlebnis wird.“ Dann könnte er seinen kurzen Heimweg auch mit einem richtig guten Gefühl antreten.