Köln – Benno Schmitz (26) hat einen intensiven Trainingsvormittag hinter sich. Nach gut dreieinhalb Stunden auf dem Platz, im Kraftraum und der Physiotherapie nimmt der Rechtsverteidiger des 1. FC Köln auf der Terrasse des Geißbockheims Platz und spricht mit Martin Sauerborn über unterschätzte Bundesliga-Profis, seinen Ex-Club und nächsten FC-Gegner Bayern München und seine Rolle im FC-Team.
Herr Schmitz, bei YouTube gibt es eine kleine Serie mit dem Titel „unterschätzte Spieler in der Bundesliga“. Sie zählen zu den Protagonisten. Sehen Sie sich als einen von der Öffentlichkeit unterschätzten Fußball-Profi?
Benno Schmitz: Ach, das ist doch etwas, was sich die Leute immer so ein bisschen zurechtlegen. Ich spiele als Benno Schmitz meinen Part und versuche mich darin stetig zu verbessern. Wenn mich jemand als unterschätzten Spieler einstuft, ist das für mich okay. Darüber mache ich mir keine Gedanken.
Unterschätzt zu werden, kann ja durchaus aus als Kompliment verstanden werden. Glauben Sie, dass diese Einordnung auch deshalb zustande gekommen ist, weil sie nicht so spektakulär und auffällig wie zum Beispiel ihr Teamkollege Kingsley Ehizibue spielen?
Sicher gibt es Spieler, die mit ihren Stärken mehr auffallen. Ich habe über die Jahre immer meinen Teil zum Erfolg eines Teams beigetragen. Auch, wenn es nicht so spektakulär aussieht.
Wo liegen denn Ihre Stärken?
Für ich war es erst einmal wichtig, dass ich die ganze Vorbereitung auf die Saison absolvieren konnte und mich auf ein gutes Fitnesslevel gebracht habe. Wir haben in den sechs Wochen wirklich hart und viel trainiert. Ich fühle mich gut und fit und spüre das Vertrauen des Trainers. Es passt im Moment.
Sie hatten auch vergangenes Jahr mit Trainer Markus Gisdol eine sehr gute Vorbereitung und dann kam das Spiel gegen Altglienicke und die schwere Verletzung.
Im Endeffekt hat mir nach der Verletzung der Spiel-Rhythmus gefehlt, den jeder braucht. Rückblickend habe ich vielleicht auch zu früh wieder angefangen. Dadurch bin ich immer etwas hinterher gelaufen. Und im Winter hatten wir dann gar keine Vorbereitung. Dann kommt man rein und jedes Spiel ist hopp oder top. Wenn die Mannschaft gewinnt, bleibt man drin, wenn nicht ist man tendenziell der erste, der wieder rausrotiert wird. Es war für mich nicht leicht, wieder auf das Level der Vorbereitung zu kommen.
Auch im mentalen Bereich?
Das nicht. Ich bin ja schon länger dabei und kenne solche Situationen. Ich mache mein Ding – und mich nicht verrückt.
Ihnen fehlt immer noch ein Treffer in der Fußball-Bundesliga und auch im Trikot des FC. Sind Sie eigentlich noch sauer auf Robert Hartmann?
Wenn er der Schiedsrichter in Regensburg war, dann ja (lacht). Es wäre ein günstiger Zeitpunkt für mein erstes Tor gewesen. Wir hätten 3:1 geführt und hätten es ruhiger gestalten können. Dann wären wir vielleicht im DFB-Pokal auch weitergekommen und hätten das Viertelfinale erreicht. Es hat mich in dem Moment sehr geärgert, auch weil die Entscheidung nicht nachvollziehbar war. Aber so ist der Fußball.
Das ist Vergangenheit. In der Gegenwart hat der FC einen neuen Trainer, der für viele ein großer Hoffnungsträger ist. Wie nehmen Sie Steffen Baumgart von der Spielerseite aus her wahr?
Er ist geradlinig, lautstark und fordert viel. Er will den absoluten Einsatzwillen bei jedem sehen. Ich glaube, dass wir über diese Herangehensweise gut in unser Spiel finden können. Über das Läuferische und Kämpferische. Das ist etwas, was auch mir persönlich liegt.
Beim 3::1 gegen die Hertha BSC Berlin hat es am ersten Spieltag schon ganz gut geklappt, oder?
Der Sieg war sehr wichtig für das Team, für die Stimmung und den Glauben an unser Spiel. Es gibt aber noch viel zu tun. Wenn wir weiter an den Automatismen arbeiten, wird unser Spiel sicher noch besser werden.
Zur Person
Benno Schmitz wurde am 17. November 1994 in München geboren. Schon als Sechsjähriger kam er in die Nachwuchsabteilung des FC Bayern München und blieb 13 Jahre. Ein Bundesliga-Spiel bestritt Schmitz allerdings nicht für den Rekordmeister. 2014 wechselte er nach Salzburg, zwei Jahre später zu RB Leipzig. Im Sommer 2018 kam der Rechtsverteidiger zum 1. FC Köln, bei dem er noch bis zum 30. Juni 2022 unter Vertrag steht. Der ehemalige U20-Nationalspieler hat bislang 49 Bundesliga-Spiele absolviert und dabei vier Tore vorbereitet. Schmitz studiert über eine Fernuni Sportmanagement und ist seit fünf Monaten stolzer Vater von Emil. (sam)
Sie haben den Treffer zum 3:1 von Florian Kainz mit einer Flanke von rechts vorbereitet. So weit vorne hat man Sie in der Vergangenheit eher selten gesehen. Erklären Sie mal!
Wir stehen insgesamt höher und spielen nicht so abwartend. In der Vergangenheit haben wir mehr auf tiefe Ballgewinne und schnelles Umschalten gesetzt. Da waren die Wege weiter. Für mich ist es einfacher, wenn wir die Bälle höher gewinnen. Das macht mehr Spaß, ist aber auch deutlich intensiver.
Wie haben Sie sich bei Ihrer Auswechslung in der 84. Minute gefühlt?
Ich war fertig, aber so muss das sein (lacht). Wenn wir erst einmal in den Spiel-Rhythmus gekommen sind, werden wir noch eine Schippe drauflegen können. Auch für mich ist es wichtig, meine Spiele und dadurch einen Rhythmus zu bekommen. Dann fällt mir vieles leichter.
Sie haben im Pokal links verteidigt und gegen Hertha BSC rechts. Wo sehen Sie Ihre Position?
Beides passt für mich! Ich spiele da, wo ich gebraucht werde. Ich bevorzuge tatsächlich keine bestimmte Position.
Das Spiel gegen die Hertha war für alle Beteiligten ein tolles Erlebnis. Wie haben Sie die Stimmung am Sonntag erlebt?
Es war schön, die Fans wieder dabei zu haben. Das ist einfach eine ganz andere Stimmung. Gefühlt haben wir uns ja über 18 Monate in einer Testspiel-Atmosphäre bewegt. Die Stimmung hat uns getragen und gepusht. Und dieses Erfolgserlebnis war wichtig für uns, mit einem neuen System und einem neuen Trainer. Es ist gut, nicht gleich nach dem ersten Spiel unter Druck zu stehen. Aber auch nur eine schöne Momentaufnahme, denn es gab wie an jedem Spieltag nur drei Punkte. Wir müssen nachlegen.
Am besten gleich am Sonntag in München?
Jeder weiß, dass die Bayern die beste Mannschaft in Deutschland sind und weltweit zu den Top Drei zählen. Wir werden unseren Fußball spielen, laufen, kämpfen und alles versuchen. Am Ende schauen wir, was dabei rauskommt. Natürlich brauchen wir auch Glück und einen perfekten Tag. Und die Bayern vielleicht einen schlechteren.
Sie haben 13 Jahre lang für die Bayern gespielt und sind in der Jugend ausgebildet worden. Sie kennen den Club also auch von innen heraus. Was macht die Bayern eigentlich so stark?
Sie haben Spieler von höchster Qualität, die im Drei-Tage-Rhythmus spielen können und ihre Leistung dabei immer zu fast 100 Prozent abrufen können.
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Schlägt Ihr Herz als gebürtiger Münchner und ehemaliger Spieler noch für die Bayern?
Nach meiner Karriere möchte ich auf jeden Fall zurück nach München. Aber jetzt spiele ich für den FC und möchte gegen die Bayern gewinnen. Wenn sie international spielen, drücke ich Ihnen aber gerne die Daumen.
Ihr Vertrag läuft am Saisonende aus. Möchten Sie beim FC bleiben und wie sehen Sie Ihre Chancen?
Bislang gehe ich das recht entspannt an. Ich möchte möglichst viele Spiele machen, gute Leistungen zeigen und der Mannschaft helfen. Dann schaue ich, was kommt. Es kann so viel passieren in einem Jahr. Ich hatte hier bisher drei schöne, ereignisreiche Jahre und bin positiv gestimmt. Ich kann es mir auf jeden Fall vorstellen, in Köln und beim FC zu bleiben.