Köln – Als der neuerliche Rückschlag besiegelt war, hallten Pfiffe durch das spärlich besetzte Stadion Allianz Riviera. Die 0:1-Heimniederlage am Sonntagabend im Duell der Fehlstarter gegen die AS Monaco hat die Lage beim OGC Nizza weiter verschärft. Vor dem Auftakt der Conference League-Gruppenphase am Donnerstag (18.45 Uhr, RTL+) gegen den Fußball-Bundesligisten 1. FC Köln sind die Südfranzosen auf den letzten Nichtabstiegsplatz der Ligue 1 abgerutscht. Die Ausbeute fällt sehr dürftig aus: Mit fünf Punkten aus sechs Spielen hinkt der letztjährige Tabellenfünfte und Vize-Pokalsieger dem eigenen Anspruch weit hinterher.
Lucien Favres zweite Amtszeit an der Côte d'Azur, wo der Schweizer von 2016 bis 2018 schon einmal tätig war, ist unter großen Schwierigkeiten angelaufen. Der Auftritt gegen die Monegassen legte die Defizite des OGC offen. Nizza agierte harmlos, ließ keine Automatismen erkennen und zeigte nach dem Rückstand durch den ehemaligen Bundesligaprofi Breel Embolo (69.) auch kein Aufbäumen. Obendrein verloren die Gastgeber ihren Rechtsaußen Youcef Atal verletzt.
Favres scharfe Kritik
Entsprechend hart ging Favre mit seiner Mannschaft ins Gericht. "Ich bin sehr enttäuscht", schimpfte der 64-Jährige. "Wir waren nicht gut mit dem Ball und wir waren nicht gut ohne Ball." Deshalb sei die bereits dritte Saisonpleite "unvermeidbar" gewesen. "Es ist schwer, so zu gewinnen." Besonders eklatant sind die Probleme im Spiel nach vorne. Mit nur vier erzielten Toren stellt der OGC die bislang schwächste Offensive des französischen Oberhauses. Favre bemängelte "zu wenig Durchschlagskraft" sowie "zu wenig Bewegung" und haderte: "Wir verlieren Bälle in Situationen, die nicht akzeptabel sind."
Die Doppelbelastung durch die Ligue 1 und Conference League ließ der einstige Mönchengladbacher und Dortmunder Bundesliga-Trainer nicht als Grund gelten für die erneut enttäuschende Darbietung seines rund 225 Millionen Euro wertvollen Kaders. "Natürlich werden die Spieler alle drei Tage müde, aber das kann man nicht entschuldigen. Es ist nicht möglich", stellte Favre klar. Gegen Monaco hatte er in einer 3:4:3-Formation aufgestellt, um "etwas offensiver" agieren zu lassen. Das Ergebnis sei "nicht so toll" gewesen, wie Favre nach 90 ereignisarmen Minuten ernüchtert resümierte.
Favoritenstatus von Nizza ist ins Wanken geraten
Dabei ist der Trainer-Routinier im Sommer mit hohen Zielen an die Mittelmeermetropole zurückgekehrt, wo er den zu Paris St. Germain abgewanderten Christophe Galtier ersetzte. Favre, der den Olympique Gymnaste Club in seiner ersten Amtszeit in die Champions League geführt hat, will Nizza "innerhalb der kommenden zwei Jahre als eine der drei besten Mannschaften Frankreichs etablieren", wie er auf der ersten Pressekonferenz nach seiner Rückkehr an die französische Riviera betonte. Vereinspräsident Jean-Pierre Rivère träumt sogar davon, in eine neue "Galaxie" des sportlichen Erfolgs vorzustoßen. Gelingen soll dies mit dem Geld des britischen Chemiekonzerns Ineos, der den Club vor drei Jahren für rund 100 Millionen Euro komplett übernahm.
Schmitz zurück auf dem Platz
Acht Tage nach seiner im Heimspiel gegen den VfB Stuttgart erlittenen Sprunggelenkverletzung ist Benno Schmitz am Montag auf den Trainingsplatz zurückgekehrt. Während seine Kollegen einen freien Tag genossen, absolvierte der Rechtsverteidiger ein individuelles Programm aus Lauf-, Stabilisations- und Ballübungen. Im Vergleich zu Jeff Chabot und Mathias Olesen (beide Sprunggelenk-Operation) ist bei Schmitz mit einer Ausfallzeit von nur wenigen Wochen zu rechnen. (tca)
Doch nun ist nicht nur Nizzas Favoritenstatus in der Gruppe D der Conference League ins Wanken geraten. "Einfach wird es nicht", weiß Lucien Favre um die Schwere des Auftaktspiels gegen den 1. FC Köln, den der Schweizer als "sehr physische und sehr solide Mannschaft" schätzt. "Sie hatten eine gute Saison und sind auch dieses Jahr wieder gut. Es ist kein Zufall, dass sie europäisch spielen."
Am Geißbockheim wittern sie jedenfalls ihre Chance, die angeschlagenen Südfranzosen zu attackieren. "Nizza ist auf dem Papier sicherlich der stärkste Gruppengegner. Aber auch damit muss man vorsichtig sein. In der Bundesliga landen auch nicht immer die Mannschaften mit der größten Qualität vorne", meint Thomas Kessler. Kölns Lizenzspielerleiter stuft Nizza zwar nach wie vor als "Topfavoriten" der Gruppe D ein, der neben dem FC auch Partizan Belgrad sowie der 1. FC Slovácko aus Tschechien angehören. "Aber das heißt nicht, dass wir uns keine Chancen ausrechnen."
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Der FC kann ohne den ganz großen Druck an die Côte d'Azur reisen. Nach dem 4:2-Sieg beim VfL Wolfsburg ist der FC in seinem Kerngeschäft Bundesliga auch nach dem fünften Spieltag noch immer ungeschlagen. Neun Punkte aus fünf Spielen stellen gerade auch in Anbetracht des kniffligen Startprogramms eine beachtliche Ausbeute dar. Sie dient als Beweis dafür, dass die von personellen Rückschlägen getroffene Kölner Mannschaft in der Lage ist, allen Widerständen zu trotzen.
Auf den Abgang des letztjährigen Alleinunterhalters Anthony Modeste reagierte Steffen Baumgarts Team, indem es die Verantwortung auf mehrere Schultern verteilte. "Es ist schön, wenn man nicht ganz so ausrechenbar ist und jeder Torgefahr ausstrahlt. Das macht es für die Gegner auch schwieriger", erklärte Kapitän Jonas Hector nach dem Erfolg in der Autostadt. "Wir nehmen das Selbstvertrauen aus dem Spiel mit." Worte, von denen sie in Nizza in diesen Tagen weit entfernt sind.