Köln – Es ging bereits auf Mitternacht zu, als Steffen Baumgart auf dem Podium Platz nahm und einen Erklärungsversuch unternahm, warum dieser so stimmungsvoll begonnene Fußballabend unter dem Flutlicht von Müngersdorf in Ernüchterung geendet war. Bei der Aufarbeitung der 0:1-Pleite gegen Partizan Belgrad ergab sich für den Trainer des 1. FC Köln ein etwas diffuses Bild. „Es gibt nicht den einen Grund, warum wir dieses Spiel nicht gewonnen haben“, startete Baumgart seine Analyse und betonte: „Es gibt viele kleinere Gründe.“
Geklärt war damit gleich zum Auftakt der Pressekonferenz der Standpunkt Baumgarts zum eigentlichen Thema des Abends. Nach der ersten Niederlage im dritten Spiel der Conference- League-Gruppenphase und dem Verlust der Tabellenführung in der Gruppe D war eine Diskussion über die sieben Wechsel entstanden, mit der Kölns Trainer seiner beim vorherigen 3:2 gegen Dortmund noch so hervorragend harmonierenden Startelf ein nahezu komplett neues Gesicht verliehen hatte.
Baumgart und Keller verteidigen Rotation
Befragt nach der Idee hinter der gewaltigen Personalrochade, reagierte Baumgart gegenüber den Reportern leicht gereizt: „Wenn ich die Entscheidung treffe und wir gewinnen, ist das gut. Wenn es nicht gut geht, wird es hinterfragt. Das ist auch Ihre Aufgabe. Meine Aufgabe ist es, eine Balance zu finden.“ Was aus Sicht des Trainers durchaus funktioniert hatte: „Vom Ergebnis bin ich enttäuscht, von der Leistung nicht. Die Jungs haben viel investiert.“ Deshalb sei er „grundsätzlich zufrieden“.
Gereicht hatte das allerdings nicht, um zumindest ein Unentschieden zu ergattern. Nach dem frühen Kopfballtreffer von Svetozar Markovic (9.) hatten sich die routinierten und cleveren Serben weit zurückgezogen und sich aufs Kontern verlegt. Belgrad überließ dem FC den Ball, doch der Bundesligist hatte zu selten eine zündende Idee, um für Gefahr zu sorgen.
Schwäbe muss höhere Niederlage verhindern
Nachdem Sargis Adamyan (23.) und Florian Dietz (31.) jeweils per Kopf zwei Großchancen auf den prompten Ausgleich vergeben hatten, warteten die 47 000 Zuschauer vergeblich auf weitere klare Möglichkeiten. Nach dem Seitenwechsel ging dem FC seltsamerweise ausgerechnet in der Phase die Struktur verloren, in der Steffen Baumgart mit der Hereinnahme der Leistungsträger Jonas Hector und Dejan Ljubicic (61.) den Druck wieder erhöhen wollte. Stattdessen musste der erneut überragende Torwart Marvin Schwäbe mehrfach eine höhere Niederlage verhindern.
Der Verdacht lag also nahe, dass Baumgart sich mit seiner Aufstellung verzockt hatte. Doch der FC-Coach wies einen Zusammenhang zwischen dem Ergebnis und seinen vielen Personalwechseln zurück. „Dass wir verloren haben, lag nicht an der Rotation“, versicherte Baumgart und stellte klar: „Diese Entscheidung der Rotation werde ich weiter treffen und sie weiter verteidigen und dazu stehen.“ In diesem Kontext verwies Baumgart auf seine „bestimmte Aufgabe“ beim FC: „Ich soll aus nicht fertigen Spielern fertige Spieler machen, damit wir so erfolgreich wie möglich sind. Daher ist es wichtig, dass alle zu ihren Einsätzen kommen.“
Keller:„ Rotation hat auch mit Belastung der Spieler zu tun"
Zuspruch erhielt Baumgart von seinem Sportchef. „Es war total richtig zu rotieren“, bestätigte Christian Keller, der die Bedeutung des Kollektivs wiederholte: „Es gilt der Grundsatz: Vertraue deinem Kader.“ Auch Keller war die Rotations-Diskussion nicht tiefgreifend genug. „Hätten wir gewonnen, wäre es richtig gewesen. Verlieren wir, wird es natürlich hinterfragt. Doch das ist der falsche Ansatz.“ Schließlich habe der Vortrag der Geißböcke gestimmt. „Die Leistung war über weitere Strecken in Ordnung, weil Engagement, Laufbereitschaft und Zweikampfhärte da waren.“
Keller verwies zudem auf den wissenschaftlichen Hintergrund der Aufstellung: „Wir sehen durch Chips genau, wie die Spieler belastet sind. Und wir haben am Mittwoch beim Abschlusstraining gesehen, wer wie leistungsfähig ist. Wir haben auch andere Faktoren im Spiel, aber die Intensität ist der wichtigste Faktor. Dafür brauchst du die frischeste Mannschaft auf dem Platz. Und das hier heute war die frischeste Mannschaft auf Basis der Trainings- und Belastungssteuerung.“
Sonntag steht Derby gegen Borusia Mönchengladbach an
Gleichwohl wurmte den Kölner Sportchef die zur Halbzeit der Gruppenphase hergegebene gute Ausgangslage im Kampf um den Einzug ins Achtelfinale: „Natürlich sind wir alle sauer. Wir wollten das Spiel gewinnen.“ Priorität genießt allerdings die weitere Etablierung in der Ersten Liga: „Die Rangfolge ist ganz klar. Bundesliga, dann Conference League.“
Das könnte Sie auch interessieren:
In der Bundesliga steht am Sonntag (15.30 Uhr, DAZN) das prestigeträchtige Derby bei Borussia Mönchengladbach an. Baumgart erwartet ein „hochintensives Spiel“ zweier offensiv ausgerichteter Mannschaften. Aus Kölner Sicht gehe es nicht darum, die Pleite gegen Belgrad wettzumachen. „Sondern darum, das Derby so gut es geht zu gestalten. Wir wollen nach vorne spielen und gewinnen.“ (tc)