Düsseldorf/Region – In der Diskussion über eine Verschärfung des Verbots von ökologisch bedenklichen Schottergärten hat NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) jetzt ihren Zeitplan präzisiert.
Im Zuge der nächsten Länderkonferenz der Bauminister im Herbst würden bundesweite Änderungen an der Muster-Bauordnung vorgenommen, die anschließend ins NRW-Bauordnungsrecht überführt werden müssten, erklärte ein Ministeriumssprecher am Dienstag auf Anfrage. Dabei nehme Scharrenbach auch bauordnungsrechtliche Ordnungsverfügungen zur Begrünung bestehender Schottergärten in den Blick. In diesem Zusammenhang wolle sie verschiedene Erfahrungen aus den Städten im Umgang mit Bepflanzungsregeln auswerten.
Die Landesbauordnung schreibt seit 2018 vor, dass private Grundstücksbereiche, die nicht für Gebäude, Garage oder Zuwege benötigt werden, wasseraufnahmefähig belassen oder begrünt werden müssen. Zuständig für die Durchsetzung sind die Kommunen. Dort versucht man seit Jahren, mit Pflanz-Gutscheinen, Förderprogrammen und strengeren Auflagen bei Neubauten Steinwüsten zu verhindern. Begrünungsvorschriften für bestehende Schottergärten werden jedoch nur selten durchgesetzt.
Überhitzung, Insektensterben und Mangel an Versickerungsflächen soll entgegengewirkt werden
Scharrenbach will das nun offenbar ändern, um der Überhitzung in den Städten, dem Insektensterben und dem Mangel an Versickerungsflächen entgegenzuwirken. Der NRW-Städtetag unterstützt das Vorhaben: „Die Städte brauchen klare Rechtsgrundlagen für mehr Grün in der Stadt“, erklärte die stellvertretende Geschäftsführerin Verena Göppert. „Schottergärten erfreuen sich hoher Beliebtheit. Ökologisch sind sie aber ein Sündenfall.“
Zwar will niemand die „Vorgarten-Polizei“ losschicken, um die Einhaltung von Begrünungsauflagen zu überprüfen, doch wünscht sich auch der Städte- und Gemeindebund „ rechtssichere Formulierungen“ in der Landesbauordnung. Bislang sind Pflasterungen oder Stein-Dekorationen im Vorgarten für viele Eigenheimbewohner attraktiv, weil sie weniger Arbeit machen oder zusätzlichen Stellplatz bieten.
Der Naturschutzbund (Nabu) erwartet, dass Scharrenbachs Ankündigungen auch Taten folgen. Aktuell gebe es zu große Ermessensspielräume. Theoretisch könne der Eigentümer einen Blumenkübel in seinen Schottergarten stellen, um diesen offiziell als „bepflanzt“ zu deklarieren. Wichtig seien ebenso mehr Umwelt-Bildung und Anreize, den Vorgarten naturnah zu gestalten.
Gärten des Grauens im Internet
Der Biologe Ulf Soltau kämpft schon seit Jahren auf Facebook und Instagram aus satirische Weise gegen Schottergärten. Seine Seite „Gärten des Grauens“ hat inzwischen mehr als 105 000 Anhänger und zeigt immer wieder neue eingesandte Fotos von besonders negativen Beispielen. Im Bastei Lübbe Verlag sind inzwischen schon drei Bücher zu „Gärten des Grauen“ erschienen. Nach Soltaus Worten sind Schottergärten nicht nur ökologisch wertlos und klimaschädlich, sondern gefährdeten auch die psychische Gesundheit.
Auch Scharrenbach, die selbst in einer Gärtner-Familie aufgewachsen ist, appellierte am Dienstag noch einmal an die Eigentümer: Jeder Hausbesitzer könne über die Gestaltung des Vorgartens dazu beitragen, „unsere Welt weniger grau und stattdessen bunter zu machen“.
Viele Städte und Gemeinden in der Region begrüßen den Vorstoß, wie eine Umfrage ergab. Indes stößt die Überprüfung und Durchsetzung auch an Grenzen. So teilte die Stadt Köln mit, dass für den Verwaltungsaufwand im Bauaufsichtsamt derzeit keine Ressourcen vorhanden seien, auch nicht für einen Teil des Stadtgebiets. Bisher habe die Bauaufsicht daher weder bauordnungsbehördliche Gartenkontrollen durchgeführt noch Ordnungsverfügungen auf Umgestaltung erlassen.
Auch in Gummersbach sieht die Verwaltung einen Riesenaufwand in der Überprüfung, insbesondere weil Vorgärten bei Neubauten oft erst Jahre später fertiggestellt würden.
In Zülpich, Mechernich und in Hürth sind in allen neuen Bebauungsplänen Schottergärten-Verbote festgeschrieben. Die unklare Rechtslage habe allerdings in der Vergangenheit zu Streitfällen geführt, die mitunter vor Gericht landeten, berichtet der Leitende Stadtbaudirektor Manfred Siry aus Hürth. Das seien etwa Fälle gewesen, in denen es in der Nachbarschaft schon Schottergärten oder Stellplätze in Vorgärten gab. Siry: „Wir begrüßen, wenn das in der Landesbauordnung klargestellt wird und wir Schottergärten per Satzung im ganzen Stadtgebiet ausschließen können.“
Generell setzen Kreise und Städte lieber auf Freiwilligkeit. Derzeit laufen beispielsweise in Bergisch Gladbach und Pulheim Vorgarten-Wettbewerbe, in Gladbach auch für Umdenker, die Gutscheine für den Gartenhandel gewinnen können. Hilfe und Beratung bei der Umgestaltung gibt es im Rhein-Erft-Kreis in Zusammenarbeit mit der Biologischen Station sowie bald im Kreis Euskirchen, der dabei mit dem Kreis Düren kooperiert.