Zug um Zug am Bahnsteig: Fred Baumgarten (links) und Guido Schott spielen eine Partie Blitzschach.
Copyright: Klaus Heuschötter
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Hennef – Die Miniserie „Das Damengambit“ hat weit über die Schachszene hinaus für Furore gesorgt und das Spiel aus der Denksportecke ins Licht des allgemeinen Interesses gerückt. Auch Guido Schott hat sich Teile der Serie auf Netflix angeschaut. Wir treffen den Vorsitzenden des Schachvereins Hennef auf der Bahnsteig-Terrasse des Wirtshauses. Vor ihm steht ein Schachbrett. Mit Bauer d2-d4, dem Auftakt zum Damengambit, eröffnen wir das Gespräch ums Spiel der Könige und darüber, ob die Corona-Pandemie den Verein matt gesetzt hat.
„Seit April 2020 bieten wir Online-Schach an“, berichtet Schott. Die früher gewohnten Treffen im Malteser-Gebäude an der Theodor-Heuss-Allee fallen schon seit mehr als anderthalb Jahren flach. Die Hilfsorganisation stellt den Schachfreunden dort seit 2012 Räume zur Verfügung, benötigte diese aber selbst, als das Virus um sich griff.
Ausweichquartier des Hennefer Schachvereins wurde überflutet
Bis zum Lockdown im November 2020 fanden die Schachfreunde ein Ausweichquartier im „Interkult“. Dort wollte man im Juni wieder das Training aufnehmen und Turniere austragen, doch das vereitelte ein weiteres Unglück: Die städtische Begegnungsstätte wurde vom Starkregen überflutet. „Zurzeit prüfen wir Alternativen“, erzählt Schott und erklärt nebenbei die Slawische Verteidigung im abgelehnten Damengambit.
Der Hype, den die Serie ausgelöst hat, schlug sich beim Hennefer Schachverein nicht in einem Mitgliederzuwachs nieder. „Schach hat schon Zulauf, aber nicht unbedingt in den Vereinen“, sagt Fred Baumgarten, der sich dazugesellt hat. Vielmehr boome das Online-Schach, stellt der frühere Jugendleiter fest.
Hennefer Schachverein bietet online Blitzturniere und Training an
Auf der Plattform Lichess bietet der Verein inzwischen selbst mittwochs Blitzturniere und montags Trainingsabende mit Spielanalysen für alle Interessierten an. Über die Konferenzsoftware Teamspeak können sich die Teilnehmenden dabei unterhalten – „ein Spaßfaktor“, nennt es Baumgarten, wenn man sich schon nicht sehen könne. Ein Live-Turnier unter Corona-Schutzauflagen hat es auch gegeben. Es fand jüngst bei Guido Schott zu Hause mit zwölf Personen unter dem Carport statt. „Es war etwas kalt, aber Schachspieler sind hart im Nehmen“, sagt Baumgarten.
Komplett ausgebremst wurde der Schachverein Hennef bei der Veranstaltung größerer Turniere. Eine Runde des NRW-Viererpokals wollte man im Juli ausrichten, sie wurde nach Köln verlegt. Und auch das größte Schachturnier im Rhein-Sieg-Kreis, das 2017, 2018 und 2019 mit internationaler Besetzung und 130 Teilnehmenden an der drei Tagen in der Meys Fabrik in Regie der Hennefer stattgefunden hatte, wurde 2020 und 2021 ein Pandemie-Opfer.
Indes bleiben die rund 40 Vereinsmitglieder, die 72 Euro beziehungsweise 36 Euro (Jugend) Jahresbeitrag zahlen, bisher bei der Stange. Schott weiß nur von einer Abmeldung, und die habe nichts mit Corona zu tun gehabt. „Das wird schwer werden, den Schalter wieder umzulegen“, prognostiziert der Vorsitzende, weil Mitglieder beim Online-Schach hängenbleiben könnten.
Andererseits gab es laut Baumgarten schon Anfragen für die beliebte Schach-Ferienfreizeit, die 2022 wieder angeboten werden soll. Die vom Verein betreute Schach-AG im Städtischen Gymnasium könne möglicherweise im September wieder anlaufen. Schott und Baumgarten strahlen Zuversicht aus. Dann spielen sie eine Blitzpartie – ohne Damengambit.