BeratungErster Windecker Energietag begeistert Austeller und Besucher
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Windeck – „Was ich heute investiere, brauche ich morgen nicht zu zahlen“, sagt Ferdi Patt voller Überzeugung. Er hat sich intensiv mit den Verbrauchszahlen seines energetisch sanierten Wohnhauses in Dattenfeld, Baujahr 1958, beschäftigt. Auf dem Dach erzeugt eine Photovoltaikanlage Strom, auch sein Verbrauchsverhalten hat er unter die Lupe genommen und vieles geändert. Seine Sorge verpackt er humorvoll, „Wladimir hat mich angerufen und gesagt, ich mache den Gashahn zu.“
Gas und Öl will ich nicht mehr, wie mache ich mich unabhängig von explodierenden Gas- und Ölpreisen? Und wie muss ich mein Haus auf einen Heizungsumbau vorbereiten? Das waren die beiden häufigsten Fragen, die die Besucher beim „1. Windecker Tag der regenerativen Energien“ im Bürger- und Kulturzentrum Kabelmetal in Schladern umtrieben. Die Veranstalter, die Klimainitiative Windeck und die Energieagentur Rhein-Sieg, hatten Heiz-, Solar- und Windenergie sowie Carsharing im ländlichen Raum in den Fokus gerückt und damit den Nerv getroffen.
Die Mitarbeiter der lokalen Handwerksbetriebe Metternich Haustechnik aus Rosbach, Haustechnik Stein aus Weyerbusch und Solar Conze aus Etzbach waren als Gesprächspartner äußerst begehrt, überall kam es zu Wartezeiten an den Ständen. Das Ingenieurbüro von Jens Hansen informierte über seine Dienstleistungen rund um Photovoltaikanlagen für Anlagenbetreiber und Netzwerkanbieter.
Thorsten Schmidt ist Geschäftsführer der Energieagentur Rhein-Sieg, deren Anliegen es war, für die Besucher Struktur in das umfassende Thema zu bringen. „Nie war das Interesse so groß wie heute“, freute er sich. Ruth Bönisch von der Klimainitiative berichtete im Nachgang, die Aussteller seien total begeistert von den Besuchern gewesen, die sich nicht nur Broschüren mitgenommen hätten, sondern auch gründlich beraten ließen. Alle Aussteller berichteten, dass wechselwillige Kunden sich auf einige Monat Vorlaufzeiten einrichten müssten. Die Auftragsbücher der Firmen seien zwar voll, aber Fachkräftemangel und Wartezeiten bei Materiallieferungen seien für alle ein „Sorgenkind“.
15 Kommunen sind Mitglied
Die Energieagentur Rhein-Sieg ist ein Verein von Kommunen im Rhein-Sieg-Kreis mit Sitz in Hennef. Haupttätigkeiten sind das kommunale Energiemanagement und die neutrale Energieberatung von Bürgerinnen und Bürgern in Kooperation mit der Verbraucherzentrale NRW. Mittlerweile sind 15 Kommunen Mitglied.
Die Klimainitiative Windeck hat sich vor drei Jahren nach einer Klima-Demonstration gegründet, um vor Ort den Klimaschutz aktiv zu beeinflussen. Die Schwerpunkte des Engagements liegen auf den Themenfeldern Verkehr, Wald und Energie. Darüber hinaus befasst sich die Initiative mit dem eigenen Konsumverhalten und der Ernährung. (sys)
Reges Interesse zeigten die Besucher an den Fachvorträgen. Petra Grebing, Energieberaterin der Verbraucherzentrale NRW, informierte mit Vortrag und am Stand über Heizenergie/Solarenergie. Sie hatte auch Tipps, wie Mieter Energie sparen können, beispielsweise mit einem Steckersolargerät für Balkon oder Terrasse.
Der Pflegedienst Rötzel und Frank Lagemann von der Greengate AG waren als Windecker Leuchtturmprojekte zu Gast. Die Bürgerenergie Rhein-Sieg hatte einen Schwerpunkt zum Ausbau von Carsharing in der Region. „Wir wollen die Verkehrswende voranbringen. Wenn sich mindestens zehn Leute in einem Quartier zusammenfinden, dann finanzieren wir ein E-Auto und Ladesäule“, sagte Thomas Schmitz. In Windeck hat sich im Ort Werfen die erste Gruppe zusammengefunden. Nachziehen wird in Kürze Schladern am Standort Bahnhof. Auch an die kleinen Besucher hatte die Agentur gedacht. Jan-Olrik von Ekesparre zeigte an einfachen Modellen, wie mit Wind Strom erzeugt wird.
Rhein-Hunsrück-Kreis ist in Energie-Erzeugung weit voraus
In Sachen Klimaschutz im ländlichen Raum viele Schritte voraus ist der Rhein-Hunsrück-Kreis. Frank-Michael Uhle ist dort der Klimaschutzmanager. „Wir haben es nur Jens Hansen zu verdanken, der mit Uhle zusammenarbeitet, dass wir ihn als Redner präsentieren können“, berichtete Ruth Bönisch von der Klimainitiative vom international gefragten Gesprächspartner.
Gebannt lauschten die Zuhörer Uhles mitreißenden Bericht, wie im Rhein-Hunsrück-Kreis seit Ende der 90er Jahre der Klimaschutz vorangetrieben wird, rasant Fahrt aufnahm und sich internationale Beachtung als Vorzeigeregion verschafft hat. Eine ganz wichtige Erfolgszutat ist sicherlich, dass den Bürgern die regionale Wertschöpfung zu jedem einzelnen Projekt mitgeliefert wird. 290 Millionen Euro geben die Bürger des Kreises aktuell für Energieimporte aus. Ziel ist es, bis zum Jahr 2050 davon 250 Millionen Euro lokal zu binden. Der Kipppunkt eines jeden Projektes sei immer dann erreicht, so Uhle, wenn der Nachbar nicht mehr gut schlafe, weil er noch nicht beteiligt sei.
Als Beispiel führte er die Ortsgemeinde Mastershausen an, wo hochrangige Besuchergruppen beeindruckt seien von den zukunftsweisenden Maßnahmen, die durch die Pachteinnahmen des Wind- und Solarparks ermöglicht werden. Und immer ist bei Uhle Klimaschutz Teamwork. Auch die Naturschützer machen mit, denn die Ergebnisse der Ausgleichsmaßnahmen für Windräder begeistern auch sie. „Lasst uns eine Fahrt in den Hunsrück machen“, sollen nach Auskunft von Ruth Bönisch die anwesenden Windecker Ratspolitiker nach Uhles Vortrag beschlossen haben.