In ihrem Tagebuch soll die Mutter mehrere auffällige Situationen geschildert haben. Nun muss sie sich vor Gericht verantworten.
ProzessStiefvater aus Windeck misshandelte Kinder sexuell – Mutter soll von Taten gewusst haben
Es geht um schweren sexuellen Missbrauch in 30 sowie sexuellen Missbrauch Schutzbefohlener in weiteren neun Fällen: Wegen dieser schweren Verbrechen war ein heute 36-jähriger Kraftfahrer aus Windeck bereits vor zwei Jahren zu einer Haftstrafe von elf Jahren verurteilt worden. Jetzt steht auch die leibliche Mutter der missbrauchten Kinder wegen Beihilfe vor Gericht.
Sie soll schon deutlich früher von den Übergriffen ihres damaligen Mannes auf ihre älteste Tochter gewusst haben, als sie bei ihrer polizeilichen Vernehmung angegeben hatte. Aufgekommen waren die Vorwürfe, nachdem die Ermittler ein Tagebuch der Angeklagten ausgewertet hatten. Die Mutter der Opfer hatte sich, nachdem der jahrelange Missbrauch ans Licht gekommen war, in stationäre psychiatrische Behandlung begeben und ihre Halbschwester gebeten, das zeitweise von ihr mitbewohnte Familiendomizil aufzuräumen.
Auffällige Situationen –Tagebuch belastet Mutter
Dabei stieß die Frau auf das Tagebuch ihrer Halbschwester, las es und übergab es der Polizei. In dem Heft soll die Mutter mehrere auffällige Situationen notiert haben; sie schrieb von Sorgen und Bedenken, die sie gehegt habe. In einem Fall ging es um eine Beobachtung in der Umkleidekabine eines Schwimmbads, in der sie ihre damals erst zehnjährige Tochter mit ihrem Mann in einer als verfänglich empfundenen Situation beobachtet hatte. Ihr Mann habe ihr die Situation aber erklären können, sagte die Frau am ersten Verhandlungstag unter Tränen aus.
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Auch ihre Tochter habe abgestritten, dass ihr Stiefvater sich übergriffig verhalten habe. Wäre sie sich sicher gewesen, dass ein Missbrauch vorgefallen sei, hätte sie ihre Kinder „so einem Monster“ niemals anvertraut. Auch die Richter, die den Täter im Februar 2021 ins Gefängnis schickten, waren damals schockiert von der Schwere und Dauer des Missbrauchs: „Die gesamte Familie ist durch den jahrelangen Missbrauch gezeichnet“, hatte der Vorsitzende Richter Wolfgang Schmitz-Justen seinerzeit in der Urteilsbegründung gesagt. Die erste Tat geschah bereits im Jahr 2012.
Brutale Übergriffe
Die Kinder berichteten, der Missbrauch sei Teil ihres Alltags gewesen. Teilweise seien die Übergriffe extrem brutal gewesen, stellte das Gericht bei der Verurteilung vor zwei Jahren fest. In der Frage, ob Mädchen oder Junge, sei der 34-Jährige genauso wenig wählerisch gewesen wie bei den Tatorten. Die drei Opfer, ein zu Tatbeginn maximal fünfjähriger Sohn seiner Ehefrau sowie deren sieben und neun Jahre alte Töchter aus einer vorangegangenen Beziehung, mussten die Taten an den unterschiedlichsten Orten über sich ergehen lassen.
Ob in der Wohnung, auf dem Spielplatz, in einer Campinghütte, im Wald oder sogar im Führerhaus seines Lkw. Erst im Juli 2020 wandte sich die Mutter an die Polizei. Sie hatte ihren Mann auf frischer Tat ertappt, nachdem sie eines Morgens früher als geplant vom Brötchenholen zurückgekommen war, stellte das Gericht bei dem Prozess vor zwei Jahren fest.
Die nun Angeklagte gab seinerzeit an, von den weiteren Taten erst durch die folgenden Gespräche mit ihren Kindern erfahren zu haben. Vor Gericht äußerte sie sich aber ambivalent: Sie habe sich in einem Dilemma befunden. Einerseits habe sie durchaus befürchtet, dass ihre ältere Tochter von ihrem Mann missbraucht werden könnte. Aus Angst, ihre Familie zu zerstören, sei sie dem Verdacht aber nie weiter auf den Grund gegangen. (lk)