„Kultur für alle“Frank Christgen, Vorsitzender der Kulturinitiative Windeck
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Windeck – Bisher läuft alles nach Plan. 40 Gäste sitzen in der Galerie Sassen und lauschen: Die Schauspieler Lena Sabine Berg und Axel Gottschick lesen aus Dietrich Bonhoeffers Briefen vor, die Leute sind andächtig, einige sichtlich gerührt. Plötzlich piept es laut, ein Mikro hat eine Störung.
In der letzten Reihe steht ein großer Mann im dunklen Anzug auf und steuert zielstrebig auf die Kabel neben der Bühne zu. Wenig später kann es weitergehen. Frank Christgen hat zwar auch Elektrotechnik studiert, ist aber eigentlich so etwas wie der Gastgeber – als Vorstand der Kulturinitiative Windeck (Kiwi). Daher moderiert der 61-Jährige an diesem Abend, aber er schleppt auch Stühle und baut die Bühne mit ab.
Der Verein
Die Kulturinitiative Windeck veranstaltet Konzerte, Lesungen, Wanderungen und Vorträge. Das Motto lautet „Kultur für alle“. Häufiger Veranstaltungsort ist das Kulturzentrum Kabelmetal in Schladern. (EB)
Er wäre für die Initiative nur schwer zu ersetzen, zeigt sich aber bescheiden: „Es ist erstaunlich, wie viele Kreative bei Windeck leben“, sagt er. Als er und 35 Mitstreiter 2015 die Kulturinitiative Windeck gründeten, wollten sie die kreative Szene fördern und das Kulturzentrum Kabelmetal auf dem Gelände des gleichnamigen ehemaligen Werksgeländes am Siegufer in Schladern unterstützen.
Bis zur Schließung 1988 stellten hier rund 500 Menschen nahtlose Kupferrohre her. Christgen und viele seiner Freunde verdienten sich als junge Leute bei Kabelmetal etwas dazu. Heute ist das alte Werk vor allem ein Kulturzentrum: mit Bühne und Bar zwischen Backsteinmauern, Rohren und alten Maschinen.
Frank Christgen ist in Windeck geboren, beruflich war er für die Telekom in Köln, Bonn und Düsseldorf tätig. Windeck blieb für ihn immer ein willkommener Rückzugsort. Er schätzt die nah gelegene Sieg und die Bergzüge , durch die er wöchentlich mit seinen Freunden wandert. Von der Burg Windeck ist es nicht allzu weit zu Christgens Haus im Ort Wilberhofen.
Im Wohnzimmer fällt ein schwarzer Flügel auf, den ein alter Musikprofessor aus Wuppertal restauriert hat. Aus den großen Fenstern blickt man auf den Gartenteich. Bei wärmerem Wetter treffen sich die Vorstandsmitglieder gern auf Christgens Terrasse.
Termine im Februar
Sonntag, 9. Februar, 11 Uhr, Kabelklassik – Next Generation, Klavierkonzert mit der Preisträgerin Kaoruko Takagi Eintritt: zwölf Euro im Vorverkauf.
Sonntag, 9. Februar, 17 Uhr, „Die Mitte der Nacht ist der Anfang vom Tag“, Filmvorführung und Diskussion zum Thema Depression, Eintritt frei.
Freitag, 14. Februar, 19.30 Uhr, Kiwi singt, Karnevals-Mitsingkonzert unter anderem mit dem Chor „Minsche wie mir“, Eintritt: sechs Euro im Vorverkauf. (gvn)
Redet er von der Initiative, dann redet er schnell, die Ideen sprudeln geradezu heraus. Die haben auch betriebswirtschaftlich Hand und Fuß. Kein Wunder: Bei der Telekom war Christgen daran beteiligt, Rechnungen papierlos zu machen und die Internet-Telefonie einzuführen. Immer noch kann er sich vorstellen, irgendwann als selbstständiger Berater zu arbeiten. Bis dahin managt er die Kulturinitiative, und zwar erfolgreich: Kiwi schrieb bisher jedes Jahr schwarze Zahlen, hat heute mehr als 100 Mitglieder und blickt auf insgesamt mehr als 170 Veranstaltungen mit insgesamt rund 10 000 Gästen zurück.
Christgen hat Marken wie „kabelklassik“ mit dem Kiwi-Klassikteam und Kulturmanager Florian Kolthun entwickelt und will auch die Reihen zu Literatur, Wissen, Tanz oder Kabarett ausbauen. „Wenn die Leute so ein Knaller-Event mit Gernot Hassknecht im Mai sehen, verbinden sie das mit ,Kiwi Kabarett’ und kommen wieder.“ Er mutet sich und der Initiative viel zu: „Mit dem aktuellen Pensum von circa 50 Veranstaltungen pro Jahr kommen wir an unsere Grenzen“, sagt Christgen.
Die Begeisterung für Kultur liegt in der Familie. Seine Mutter spielte Geige, das hat ihn als Erwachsener inspiriert. Er begeisterte sich für Instrumente und spielt unter anderem Gitarre, Kontrabass und Klavier. Das hat ihn zum Windecker Rochus-Chor gebracht, den er seit mehr als 30 Jahren leitet und zu einer Folkband geführt hat, die er mit zwei befreundeten Musikern gründete: Mit den Zaiten-Pfeiffern tourt er durch Windeck und Umgebung.
Christgens zweites Hobby ist das Malen. Er würde seine Bilder irgendwann gern ausstellen. Eines seiner Acryl-Gemälde hängt im Hausflur. Auf den ersten Blick sieht man einen Schwimmer, der sich durch das tiefblaue, wütende Meer kämpft. Christgen hatte aber mehr im Sinn, und seine Idee hinter dem Bild sagt viel darüber aus, wie er Dinge angeht: „Das ist der griechische Gott Kairos“, erklärt er fröhlich. „Der Gott der guten Gelegenheit. Wer sie nicht beim Schopfe packt, lässt sie verstreichen.“