Eitorf – Ein Ärztehaus konnten sich die einen für die Ende 2020 außer Dienst gestellte Kirche St. Josef vorstellen, eine Nutzung als Kulturkirche die anderen. Die Option, das Gebäude zu verkaufen, wollte sich der Kirchenvorstand der Gemeinde St. Patricius auf jeden Fall offen halten. Und so ist nun auch gekommen: Der markante zwölfeckige Bau des Siegburger Architekten und Dominikus-Böhm-Schülers Hans Lob wird auf der Internetplattform „Immobilienscout 24“ zum Verkauf angeboten, meistbietend.
„Ich habe zehn Angebote vorliegen und werde jetzt Besichtigungstermine vereinbaren“, berichtet Georg Ahr vom Kirchenvorstand im Gespräch mit dieser Zeitung. Das Gremium werde dann beraten und einen Vorschlag an das Kölner Erzbistum übermitteln.
Veräußert werden der etwas über 50 Jahre alte Kirchenbau mit einer Nutzfläche von 500 Quadratmetern, der frei stehende Glockenturm sowie das knapp 3000 Quadratmeter große Grundstück. Teilverkäufe einzelner Gebäude sind nicht möglich, wohl aber eine Erbpachtlösung, in der die Gebäude erworben werden und der Grund im Besitz der katholischen Kirchengemeinde St. Patricius bleibt und verpachtet wird.
Um- und Ausbauten an und in der Kirche selbst, deren zwölfeckiger Bau an die zwölf Apostel erinnert und deren Fassade aus Backsteinen eine Reminiszenz an die Eitorfer Industriegeschichte ist, sind nur unter den Vorgaben des Denkmalschutzes möglich. „Die prägende Raumgestaltung soll in ihrer Wertigkeit und Würde auch für ein neues Nutzungskonzept erhalten bleiben“, steht im Exposé.
Die Aufteilung des Kirchengebäudes
Kirchenraum misst über 370 Quadratmeter
2939 Quadratmeter Grundstück, zwischen acht und zehn Parkplätze und rund 500 Quadratmeter Nutzfläche hat das Ensemble von St. Josef in Eitorf-Harmonie. Der hohe Kirchenraum selbst ist 371 Quadratmeter groß, hinzu kommen Sakristei (22 Quadratmeter), ein offener Nebenraum mit Beichtstuhl (25 Quadratmeter) und die offene Kerzenkapelle (20 Quadratmeter). (seb)
Gaszentralheizung im Keller
Über ein schmales, knapp zehn Quadratmeter großes Treppenhaus mit Toilette gelangt man in den ersten Stock zu einem rund 22 Quadratmeter großen, ehemaligen Jugendraum. Unter der Sakristei befindet sich ein kleiner Keller mit zwei Räumen und einem Heizungskeller. Beheizt wird das Gebäude aber von einer Gaszentralheizung mit Warmluft-Belüftung über Bodenschächte. (seb)
Naturstein und Parkett
Das Flachdach ist mit Zinkblechen eingedeckt, der Boden größtenteils mit Naturstein gepflastert, Jugendraum und Sakristei haben Holzparkett. Die Türen, mit Ausnahme der Brandschutztür im Heizungsraum, sind aus Holz; die Fenster sind teils einfachverglast, teils isolierverglast. (seb)
Der Kirchenvorstand legt Wert darauf, dass die Kirche St. Josef auch in Zukunft als besonderer Ort wahrgenommen wird: „Weltlich, aber einem Kirchenbau würdig“, stellt man sich die Zukunft von St. Josef vor, um deren Erhalt und sakrale Nutzung Gemeindemitglieder lange kämpften. Die Profanierung und der Verkauf seien unumgänglich, sagt Ahr.
Gemeinde schrumpfte beträchtlich
Als St. Josef 1970 geweiht wurde, habe die katholische Gemeinde St. Patricius noch 11.000 Mitglieder gehabt, heute 8300. Die Filialkirche in Harmonie sei einfach „ein Gebäude zu viel“, so Ahr. Das Geld aus der Kirchensteuer wolle man nicht in die Erhaltung eines nicht mehr genutzten Gebäudes stecken, sondern in die Arbeit mit den Menschen.
Gleichwohl solle St. Josef erhalten bleiben, und zwar so, dass die Menschen in der Region einen Nutzen hätten. „Eine private, kulturelle oder kirchliche Nutzung“ sei denkbar, sagt Ahr, Einrichtungen zur Betreuung und Pflege oder seriöse Gastronomie. Eine Nutzung als Nachtlokal, Bordell oder Spielhalle sei ausgeschlossen, „wir werden uns auch nicht auf eine politisch motivierte Nutzung einigen“, sagt Ahr.
Zwar gebe es ein Bieterverfahren, aber das bedeute nicht, dass allein die angebotene Summe ausschlaggebend sei, so Ahr: „Das Konzept spielt eine entscheidende Rolle dabei, wer den Zuschlag bekommt.“
Käufer stehen Sanierungsarbeiten bevor
Wer kauft, muss aber zuerst sanieren: Bei Regen steht Wasser im Keller, die Holztreppe im Glockenturm ist marode und darf nicht mehr betreten werden. Die Ziegelsteinmauer hat Witterungsschäden. Die letzten Renovierungsarbeiten fanden 2010 nach einem Schwelbrand statt, damals habe es eine Asbestsanierung gegeben, in deren Zug die Akustik verbessert wurde.
Die Kosten für eine Gesamtinstandsetzung beziffert der Kirchenvorstand auf über 200.000 Euro, allein 30.000 Euro davon für die Trockenlegung des Kellers. Die Unterhaltungskosten liegen zwischen 12.000 und 15.000 Euro jährlich.