Windeck/Waldbröl – Wenn fünf Zeugen sich einig sind, hat der Angeklagte das Nachsehen – sollte man meinen. Vor dem Waldbröler Amtsgericht führten Ungereimtheiten in den Aussagen und „lebensfremde“ Behauptungen der Zeugen allerdings dazu, dass Amtsrichter René Dabers einen Angeklagten freisprach, der für seine Aussage, er habe sich in Notwehr verteidigt und so einem Gegner eine Platzwunde zugefügt, keine Zeugen beibringen konnte.
Im Raum stand gefährliche Körperverletzung. Der 67 Jahre alte Mann sollte bei einer Wohnungsübergabe zu einem Stein gegriffen und den Helfer seiner Ex-Mieter am Kopf verletzt haben. Der Angeklagte sprach von Notwehr und einer „Falle“, die ihm gestellt worden sei.
Auf verbalen Streit folgten Handgreiflichkeiten
Die Mieter, ein Paar, das inzwischen in Eitorf wohnt, habe ihn zusammen mit drei weiteren Familienmitgliedern am vereinbarten Termin vor dem Haus erwartet. Auf eine zunächst verbale Auseinandersetzungen seien Handgreiflichkeiten gefolgt. Auf dem Boden liegend, habe er zu einem Stein gegriffen und in Notwehr zugeschlagen. „Ich brauchte nur ein paar Sekunden zur Flucht“, sagte der Mann aus. Sein Rechtsanwalt berichtete von Geldforderungen im Vorfeld einer Räumungsvereinbarung.
Etwas völlig anderes berichteten die Zeugen, bis auf den Lebensgefährten einer Frau alle Geschwister. Der Vermieter habe bei der Übergabe Geld gefordert und angekündigt: „Jetzt nehme ich einen Stein.“
Die Ex-Mieter seien „aufgeladen“ gewesen
Schließlich sei er von einem Treppenabsatz nach unten gesprungen, habe nach dem Stein gegriffen und zugeschlagen. Einer der Männer hatte eine Platzwunde davongetragen. Wer während des Streits wo gestanden hatte und wer wie agiert hatte, wurde widersprüchlich dargestellt.
Während die Staatsanwaltschaft ihre Anklage mit den Aussagen der fünf Zeugen untermauert sah und 90 Tagessätze zu 40 Euro Strafe forderte, meinte der Verteidiger: „Das passt hinten und vorne nicht.“ Die Ankündigung: „Ich nehme jetzt einen Stein“ sei „lebensfremd“. Die Ex-Mieter seien „aufgeladen“ gewesen, zumal Geldforderungen im Raum standen.
Auch wenn das Spekulation sei, könne es sein, dass sein Mandant an jenem Tag eine Abreibung bekommen sollte. Auf jeden Fall sei die Notwehr nicht widerlegt.
Als „abenteuerlich“ bezeichnete Richter Dabers in der Begründung seines Freispruchs die Behauptung der fünf Zeugen, der 67-jährige Mann sei auf drei der fünf jüngeren Leute losgegangen. „Lebensfremd“ war auch für Dabers die angebliche Ankündigung, zu dem Stein zu greifen. „So einen Sachverhalt kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen“, sagte er. Den Schlag mit dem Stein stufte er als „gerechtfertigt“ ein. Dass die Entscheidung gegen fünf Zeugenaussagen „ungewöhnlich“ sei, räumte er ein.