100 Jahre VolkshochschuleEinzigartige Bildung für alle
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Wesseling – „100 Jahre VHS: zusammenleben. zusammenhalten“ – für mehr als 400 Volkshochschulen bundesweit galt das Motto am Freitag zum 100. Geburtstag der Einrichtung.
Kaum einer hätte es zutreffender verkörpern können als Hans Georg Schneider. Der langjährige Dozent hatte es sich nicht nehmen lassen, zur Feier im Wesselinger Bildungszentrum zu kommen, einer Operation zum Trotz. Denn Bürgermeister Erwin Esser und Stefan Mittelstedt, Direktor der VHS-Rhein-Erft, ehrten den Sportlehrer der ersten Stunde mit dem Jubiläumspreis.
Schneider stehe buchstäblich für jene Generation Dozenten, die mehr als 40 Jahre lang nicht allein wegen des Geldes bei der Volkshochschule unterrichtet hätten, sondern weil ihnen der Umgang mit Menschen etwas gegeben habe, sagte Bürgermeister Esser.
Schon lange dabei ist auch Almut Nebelung. Sie hat schon 1974 in Pulheim einen Gymnastikkurs für Frauen angeboten. Die Pulheimerin Sabine Leonhard vermittelt ihren VHS-Schülern seit 1978 das Sehen, Zeichnen und Malen. Angela Lange erzählte von ihren ersten Alphabetisierungskursen und der Schwierigkeit Menschen, die nicht lesen und schreiben können, die Scheu vor der VHS zu nehmen.
Gerd Gille, der noch als Student 1977 in Brühl Englisch unterrichtete, berichtete von den Anfängen seiner Lehrtätigkeit. Damals hätten die Teilnehmer noch Schlange gestanden, um sich anzumelden, und sie hätten bar bezahlt. Mit offensichtlicher Freude erzählte Gille von seiner persönlichen Erfolgsgeschichte: Einer 105-jährigen Dame im Seniorenzentrum Wetterstein, die jahrzehntelang seine Englischschülerin gewesen sei.
Ziel: Mündige und politische Bürger formen
Professor Michael Schemmann von der humanwissenschaftlichen Fakultät der Uni Köln blickte in die Geschichte der VHS. Mit dem Artikel 148, Absatz 4, der Weimarer Verfassung habe man eine einzigartige Regelung getroffen: „Das Volksbildungswesen, einschließlich der Volkshochschulen, soll von Reich, Ländern und Gemeinden gefördert werden.“ Eine Regelung mit dem Ziel, mündige und politische Bürger zu formen, so Schemman.
Dieses Ziel habe heute nach wie vor Gültigkeit, ergänzte Stefan Mittelstedt. Circa 50 Prozent der Kurse seien Deutschkurse für Migranten. Allerdings gebe es im Unterschied zu den 1980er Jahren, in denen die grüne Bewegung ihre Hochzeit gehabt habe, kaum Kurse zu politischen Themen wie Umweltschutz. Die bundesweiten Klimaproteste junger Leute ließen allerdings hoffen, dass sich eine neue Generation auch für politische Bildung interessiere.