Wegen BraunkohleabbauIm Erkelenzer Stadtgebiet geht die Umsiedlung unvermindert voran
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Für die Bewohner von Orten, die wegen des Braunkohletagebaus Garzweiler abgerissen werden, veranstaltet RWE ein Umsiedlungsfest.
Einige wenige Einwohner von Orten wie Keyenberg wollen noch nicht wegziehen.
Dem Abriss soll auch eine 1300 Jahre alte Kirche zum Opfer fallen.
Erkelenz – Während Umweltverbände und Bürgerinitiativen aufgrund eines voraussichtlich vorgezogenen Kohleausstiegs darauf drängen, die Umsiedlungen am Tagebau Garzweiler zu stoppen, feiert RWE mit einigen der Bewohner ein Umsiedlungsfest am neuen Standort für Keyenberg, Kuckum, Unter- und Oberwestrich und Berverath.
„An den Gründen der Umsiedlung hat sich nichts geändert. Die Kohle unter den Umsiedlungsorten wird ab 2023 abgebaut. Die Umsiedlung im Stadtgebiet um Erkelenz geht daher wie geplant weiter“, betonte Erik Schöddert, Leiter des Bereichs Umsiedlung bei RWE Power, bei dieser Gelegenheit.
Rund 300 Umsiedler folgten in der vergangenen Woche der Einladung des Unternehmens. Die meisten von ihnen hätten sich, so RWE in einer Pressemitteilung, bereits früh für eine gemeinsame Umsiedlung entschieden.
An Lageplänen im Festzelt und an den regen Bautätigkeiten in Sichtweite konnten sie sich davon überzeugen, dass der neue Standort bereits Formen annimmt. Erschließungsstraßen geben dem Baugebiet eine klare Struktur, 70 Rohbauten und einige bereits fertiggestellte Häuser zeugen von Bewegung im neuen Ort.
Nur noch wenige Neubauparzellen frei
30 Familien sind bereits in ihre neuen Häuser eingezogen. Auf den Reservierungsplänen sind nur noch wenige Parzellen frei, die meisten sind vorgemerkt oder verkauft.
70 bis 80 Prozent der Leute hätten eine Vereinbarung mit RWE getroffen, sagt der Erkelenzer Bürgermeister Peter Jansen. Viele der rund 500 Häuser in Keyenberg-neu seien bereits im Bau. „Deshalb kommen die heutigen Überlegungen viel zu spät. Selbst wenn es eine Chance gäbe, die fünf Ortschaften zu erhalten, wären es nicht mehr dieselben Dorfgemeinschaften. Die Strukturen sind zerstört.“
Von den Familien, die bereits ihren Rohbau entstehen sähen, oder auch nur einen Vertrag mit RWE hätten, sei keiner bereit zur Rückabwicklung, weiß Jansen aus vielen Gesprächen. „Die Leute sagen: »Das Dorf bilden die Menschen, nicht die Häuser.«“
Die Zukunft liege in der gemeinsamen Umsiedlung. „Nur 20 bis 30 Leute nutzen die mediale Aufmerksamkeit und sagen jetzt, sie bleiben bis zum Schluss in ihren Häusern. „Der Kampf ist ehrenwert, wir als Stadt haben auch immer gegen den Tagebau gekämpft, aber es ist jetzt zu spät.“
Widerspruch aus dem Ort
Das sieht Ingo Bajerke anders. Ja, es seien nur 20 bis 30 Leute, die offen sagten, dass sie um jeden Preis bleiben wollten. Viele andere dächten ebenso, trauten sich aber nicht, den Mund aufzumachen. Außerdem sei die geschlossene Umsiedlung „ein frommes Märchen“. Einige seien schon weggezogen aus der Region oder in die Nachbarstädte abgewandert.
Bajerke will zumindest darum kämpfen, dass aus dem alten Ort mehr gerettet wird als bisher mit RWE vereinbart. Die Kirche in Keyenburg weise eine 1300-jährige Geschichte auf. Sie berge Kunstschätze, die in der kleinen Kapelle in Keyenberg-neu nicht unterzubringen seien.
Es hänge von Verhandlungen der katholischen Kirche ab, ob der alte Ort erhaltenswert bleibe. „Wenn das Gotteshaus zerstört wird, gehe ich auch“, sagt Bajerke.
2023 soll der Ort menschenleer und die Kirche abgebrochen sein. „Wenn wir nicht wenigstens ein paar Schätze aus der Kirche retten können, wird Keyenberg-neu ein seelenloses Dorf sein“, prophezeit Bajerke. „Das verschweigt RWE bei den Bauherrenfesten.“
Bajerke ist Mitorganisator von Treffen in Keyenberg nach dem Vorbild der Waldspaziergänge im Hambacher Forst. Im Stillen hofft er, dass die Dörfer noch zu retten sind. Auch wenn er weiß, dass viele der alten Häuser dann an Fremde verkauft werden müssten.