Pulheim-Stommeln – „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr und die Bücher klaut.“ Rhythmisch riefen die Viertklässler der Christinaschule ihre Parole. Sie hatten Blätter, auf die sie ihre Meinung zur drohenden Schließung der öffentlichen Bücherei St. Martinus Stommeln geschrieben hatten, zu einem lagen, bunten Banner zusammengefügt, das sie hochhielten.
Die Zukunft ist ungewiss, da das Erzbistum Köln Ende 2023 die Förderung einstellt. St. Martinus ist eine von sieben betroffenen Vertragsbüchereien, bei denen jeweils die Stadt einen Teil der Kosten trägt. In Stommeln geht es für die katholische Kirche um 25 000 Euro jährlich, die Stadt als Vertragspartner zahlt 48 000 Euro. Aus der Stadtverwaltung hieß es dazu, man habe Kontakt mit der Kirchengemeinde – sie ist Trägerin der Bücherei – aufgenommen, um die Situation zu besprechen.
Buntes Spektakel
Anette Göhler, Leiterin der Stommelner Bücherei, blickte staunend auf das bunte Spektakel auf der Wiese vor der Kirche. Sie hatte eigentlich nur zwei Familien gebeten, vorbeizukommen, um der Presse zu berichten, wie wichtig ihnen die Einrichtung ist. Gekommen waren mindesten 150 Menschen: Schulklassen, Kindergartengruppen, Eltern, aber auch Vertreterinnen der kfd (katholische Frauengemeinschaft Deutschland).
Vorsitzende Eva Krämer machte ihrem Unmut Luft. Die Kirchenleitung habe die Basis aus den Augenverloren: „So eine Entscheidung ist traurig, in diesen Zeiten aber auch einfach dumm.“
Für Stommeln, da waren sich alle einig, ist die Bücherei viel mehr als nur ein Ort, an dem man Bücher ausleihen kann. Sie ist Anlaufstelle und Treffpunkt, aber auch Veranstaltungsort. „Eine kleines Kulturzentrum“, wie Anette Göhler sagt. Neben der Leiterin der Bücherei und einer angestellten Teilzeitkraft seien 25 Männer und Frauen ehrenamtlich engagiert. „Wer bei uns mitmacht, tut das, solange er möchte. Hier wird keiner aussortiert, weil er alt ist.“ Eine Helferin sei mittlerweile 91 Jahre alt, es gebe eine Warteliste mit Interessenten. Allerdings hätten die Helferinnen und Helfer klar gesagt, dass sie nicht bereit seien, die Einrichtung ehrenamtlich weiterzubetreiben ohne professionelle Leitung.
Treffen der Ehrenamtler
Janine Schiller, Engagementförderin im Auftrag des Erzbistums, berichtet, ab Oktober gebe es in der Bücherei an der Hauptstraße immer freitags einen Treff für Leute, die am Ehrenamt interessiert seien.
Greta (neun Jahre) und Constantin (zehn) holen sich regelmäßig Bücher aus der Bibliothek. Greta findet die Schließung „einfach traurig“. „Nicht jedes Kind hat Bücher zu Hause, hier kann es kostenlos welche ausleihen“, gibt Constantin zu bedenken: „Man muss doch auch mal an die Kinder denken.“
Eine Unterschriftensammlung, ein Sternmarsch – noch überlegen die Verantwortlichen, wie sie den Protest weiter organisieren wollen. In einem Punkt sind sie sich einig: Der Kampf ist noch nicht vorbei.