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Bundestagswahl 2025Stefan Westerschulze (FDP) aus Kerpen: „Wir müssen Wohlstand in der Region halten“

Lesezeit 6 Minuten
Ein Mann in Jackett, mit Brille steht vor einem grünen Busch.

Stefan Westerschulze tritt für die FDP im Wahlkreis 90 an.

Stefan Westerschulze tritt im Wahlkreis 90 für die FDP an. Im Interview spricht er unter anderem darüber, was er in Berlin erreichen will.

Am 23. Februar sind rund 350.000 Wahlberechtigte zwischen Bedburg und Wesseling aufgerufen, ihre Stimme bei der Bundestagswahl abzugeben. In den beiden Wahlkreisen des Rhein-Erft-Kreises bewerben sich 17 Kandidaten um ein Direktmandat. Der Wahlsieg in einem der Wahlkreise wird voraussichtlich für einen Einzug in den Bundestag reichen. Wir stellen in loser Reihenfolge die Bewerber vor – diesmal Stefan Westerschulze, der im Wahlkreis 90 (Bedburg, Kerpen, Bergheim, Elsdorf, Pulheim, Frechen, Hürth) für die FDP antritt. Die Fragen stellte Eva-Maria Zumbé.

Wann haben Sie begonnen, sich für Politik zu interessieren? Gab es eine Initialzündung?

Bei uns im Elternhaus wurde schon immer Zeitung gelesen und politisch diskutiert. Hier aber von Interesse zu sprechen, wäre zu viel gesagt. Den Einstieg fand ich dann aber kurz vor dem Abitur in Lechenich, als eine Schulfreundin mich zu den Jungen Liberalen einlud. Dort habe ich mich mit politischen Themen beschäftigt, diskutiert und Anträge erarbeitet. Der Kontakt und Austausch mit den Menschen hat mich direkt begeistert und so bin ich dabei geblieben.

Eine Poseidon H10 Mittelstrecken-Drohne der ukrainischen 22. mechanisierten Brigade fliegt an der Frontlinie in der Nähe von Bachmut in der Region Donezk.

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat Westerschulze am meisten bewegt in den vergangenen Jahren.

Welches politische Ereignis hat Sie in den vergangenen Jahren am meisten bewegt/berührt?

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine im Februar 2022 und die daraus folgende Gewalt mitten in Europa ist für mich sehr einschneidend. Das großartige Friedensprojekt Europa ist in seinen Grundfesten erschüttert und bedroht. Zu Recht wird von einer Zeitenwende gesprochen. Die marktwirtschaftlich orientierten parlamentarischen Demokratien sind gegenüber den diktatorischen Regimen auf der Welt in der Unterzahl. Um so entschiedener müssen Rechtsstaatlichkeit, Bürger- und Freiheitsrechte und eine offene Gesellschaft verteidigt werden. Westbindung und die Einbettung in das transatlantische Bündnissystem sind für mich dabei weiterhin fundamental.

Welcher lebende Politiker/welche lebende Politikerin imponiert Ihnen? Welcher hat Sie geprägt?

1995 kündigte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger aus Protest gegen die geplante akustische Wohnraumüberwachung im Rahmen des Großen Lauschangriffs ihren Rücktritt an und schied aus dem Ministeramt aus. Für mich bis heute ein Beispiel für Konsequenz und Haltung in der Politik. Bis vor kurzem war sie Antisemitismusbeauftrage des Landes NRW und sie engagiert sich weiter für jüdisches Leben in Deutschland. Das imponiert mir sehr!

Zu sehen ist der verstorbene Bundesaußenminister Guido Westerwelle.

Stefan Westerschulze habe viel gelernt und mitgenommen habe von Guido Westerwelle.

Viel gelernt und mitgenommen habe ich von Guido Westerwelle, mit dem ich verschiedentlich zusammenarbeiten durfte. Er ist leider viel zu früh verstorben und er fehlt den Freien Demokraten und dem Bundestag.

Welcher Politiker hat am meisten für den Rhein-Erft-Kreis geleistet?

Es sind mindestens drei! Dr. Bernhard Worms, Dr. Helmuth Benz und Klaus Lennartz haben viel für den Rhein-Erft-Kreis geleistet. Sie haben im Rahmen der kommunalen Neugliederung und weit darüber hinaus im Sinne des Kreises gewirkt. Und auch wenn sie dabei nicht immer einig waren, hatten sie stets das Wohl der Bürgerinnen und Bürger im Blick.

Wie erklären Sie jemandem in Berlin, was der Rhein-Erft-Kreis ist?

Der Rhein-Erft-Kreis ist mitten in Europa. Die Region ist stark geprägt von Bergbau, Energie und Chemie und hat gleichzeitig fruchtbare Bördeböden und eine starke landwirtschaftliche Tradition. Hier ist man Tür an Tür mit der Natur, bei gleichzeitiger Nachbarschaft zur Metropole Köln und dem Rhein. Dies spiegelt sich auch in den Menschen wider. Rheinischer Frohsinn und Offenheit treffen sich mit dem Willen anzupacken und Dinge zu bewegen.

Vögel fliegen bei Sonnenaufgang vor Windkraftanlagen.

Energie aus Wind und Sonne muss laut Westerschulze besser gespeichert werden können.

Was wollen Sie als Abgeordneter in Berlin für den Rhein-Erft-Kreis erreichen?

In der Wirtschafts- und Energiepolitik werden nach der Wahl große Weichenstellungen kommen müssen. Diese betreffen natürlich auch unseren Kreis, der im Rahmen des Strukturwandels bereits jetzt großen Herausforderungen gegenübersteht. Neue Formen der Energiegewinnung treten in den Vordergrund, örtliche, regionale und überregionale Leitungsnetze müssen geplant und gebaut werden und Energie aus Wind und Sonne muss besser gespeichert werden können. Dabei sind erschwingliche Preise unverzichtbar, damit die Industrie wettbewerbsfähig bleibt und private Haushalte nicht übermäßig belastet werden. In den Digitalparks entstehen neue Branchen und Unternehmen, wir müssen Wertschöpfung neu denken und Wohlstand in der Region halten. Dazu bedarf es einer handlungsschnellen und lösungsorientierten Verwaltung und guter Bildung, Ausbildung und Qualifizierung für die Fachkräfte der Zukunft. Ich will mich in Berlin dafür einsetzen, dass all dies gelingt!

Mit wie vielen Wählerinnen und Wählern haben Sie seit Beginn des Wahlkampfs Kontakt gehabt und wie viele werden es schätzungsweise bis zum 23. Februar sein?

Es sind bestimmt schon einige Hundert und es werden natürlich jeden Tag mehr, so dass eine Schätzung nahezu unmöglich ist. Dabei empfinde ich jede Begegnung als große Bereicherung, denn man muss die Sorgen und Anliegen der Bürgerinnen und Bürger kennen, um solide Politik machen zu können.

Wie würden Sie einen Nichtwähler davon überzeugen, sein Kreuz auf dem Stimmzettel zu machen?

Auch Wahlenthaltung kann eine bewusste Entscheidung sein, die es zu respektieren gilt. Damit gibt man aber die Richtungsentscheidung aus der Hand. Viele relevante Themen wie Bildung, Gesundheit und die Zukunft der Sozialen Sicherungssysteme wird der kommende Bundestag beraten müssen. Hier ist die Abgabe der Stimme Ausdruck eines Willens und einer Meinung, die gehört werden muss.

Wer ist besser als Kanzler geeignet: Merz oder Scholz?

Bei beiden habe ich weder Überzeugung noch Begeisterung. Olaf Scholz hat für mich den Nachweis erbracht, dass er den Herausforderungen nicht gewachsen ist und es zeichnet sich nicht ab, dass das bei Friedrich Merz anders ist.

Welchem Ihrer Mitbewerber würden Sie den Einzug ins Parlament gönnen und fachlich zutrauen?

Zunächst werbe ich für die Freien Demokraten und mich, dafür trete ich an und das ist meine Aufgabe. Aber man muss auch jünne künne und ich habe Christian Schubert als ausgesprochen fair und kundig erlebt, er wäre sicher geeignet den Wahlkreis in Berlin zu vertreten.

Mit welchem Politiker/welcher Politikerin würden Sie niemals ein Bier trinken gehen?

Bei Vertreterinnen und Vertretern der AfD halte ich jedes Bier für entbehrlich.


Zur Person

Stefan Westerschulze ist 1977 in Gütersloh geboren. Sein Abitur hat er am Städtischen Gymnasium in Erftstadt-Lechenich gemacht. Er studierte Politische Wissenschaften an der Universität zu Köln. Westerschulze wohnt in Kerpen und ist ledig. Er arbeitet als Verwaltungswirt. Westerschulze ist Vorsitzender des FDP-Stadtverbands Kerpen sowie sachkundiger Bürger der FDP-Fraktion. Von 2009 bis 2014 war er Mitglied Kreistag, seit 2014 ist er im Regionalrat des Regierungsbezirks Köln.

Als Themenschwerpunkte nennt der FDPler Regionalplanung, Umwelt und Energie. Zu seinen Hobbys gehören neben seinem Ehrenamt in der Politik Lesen, Tabletop und Miniaturen-Spiele sowie lecker Essen und Trinken. Er sagt: „Die Wahl am 23. Februar ist eine wichtige Weichenstellung. Sie ist die Chance auf einen Neuanfang, in dem sich Leistung wieder lohnt, die Wirtschaftswende gelingt und Fortschritt für alle spürbar wird“. (eva)