Im Prozess gegen den Krankenpfleger aus Hürth, der seine Ehefrau, seine schwangere Lebensgefährtin und deren Großmutter mit Thallium vergiftet haben soll, ging es am Mittwoch um die polizeiliche Vernehmung des Angeklagten.
Novum im Thallium-ProzessVernehmung des Angeklagten aus Hürth vor Gericht abgespielt
In einem Mordfall eine polizeiliche Vernehmung des Beschuldigten im Präsidium mit eigenen Augen zu erleben, ist für die Allgemeinheit ein Novum. Weil der 42-jährige Angeklagte nach wie vor schweigt, und seine Vernehmung im November 2021 in Wort und Bild aufgenommen wurde, hieß es in Saal 13 „Ton ab“, wurde eine Leinwand von Kinoformat heruntergefahren und die mehrstündige Vernehmung vor aller Augen abgespielt.
Polizisten überraschten den Hürther, als er noch schlief
Unmittelbar nachdem der Angeklagte an jenem Novembermorgen 2021 von Polizeibeamten in Hürth aus dem Schlaf gerissen und zum Präsidium verbracht worden war, hatte der Krankenpfleger mit einem Schokoriegel in der Hand im Vernehmungszimmer Platz genommen: ohne sichtliche Nervosität, scheinbar unbeeindruckt, geradezu abgeklärt. „Ich finde das total surreal, was mir hier vorgeworfen wird“, kontert der Hürther gleich zu Beginn die Mordvorwürfe, verzichtet dabei ausdrücklich auf einen Anwalt.
„Ich habe meine Frau nicht getötet, liebe sie immer noch, wie auch meine schwangere Freundin“, sagt er dann und zieht zum Beweis seine Brieftasche aus dem Jackett, wo er Fotos beider Frauen ständig bei sich trage.
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In der Vernehmung betonte der Hürther seinen Kinderwunsch
Immer wieder betont er seinen sehnlichsten Kinderwunsch, den er sowohl mit seiner verstorbenen Ehefrau als auch mit der Lebensgefährtin gehabt haben will. „Wir kriegen übrigens ein Mädchen“, erwähnt er ungefragt mit einem freudigen Lächeln, wohl wissend, dass zu diesem Zeitpunkt die Mutter und das ungeborene Kind in Lebensgefahr schweben.
Und erinnert, wie schmerzvoll es für ihn gewesen sei, die schwangere Lebensgefährtin im Krankenhaus „sich windend vor Schmerzen“ zu sehen, ohne ihr helfen zu können. Da sei er auf die Idee mit den Videos gekommen. Er habe das Schnurren der Katze mit dem Handy aufgenommen und der im Koma liegenden Freundin vorgespielt: „Sie hat meine Hand gedrückt und den Kopf in meine Richtung gedreht.“
Hürther reagierte zunächst entrüstet und später verzweifelt
Nach Einschätzung des vernehmenden Ermittlers habe der jetzt Angeklagte zu Beginn der Befragung „mit Entrüstung“ reagiert, später habe er beim Beschuldigten „Verzweiflung“ registriert, am Ende wurden offensichtlich sämtliche Register gezogen. Als der Hürther von seiner vorläufigen Festnahme erfuhr, habe er schluchzend die Hände vors Gesicht geschlagen.
Die Tränen nahm ihm allerdings niemand ab: „Er hatte weder verheulte Augen noch Tränen“. Darauf angesprochen, habe er erneut das Gesicht in den Händen verborgen und dann demonstrativ auf eine einzelne Träne auf seiner Fingerspitze hingewiesen. Der Prozess wird fortgesetzt.