AboAbonnieren

Thallium-ProzessGutachten zur Vergiftung von zwei Frauen in Hürth ließ lange auf sich warten

Lesezeit 2 Minuten
In dem Gerichtssaal sitzen viele Pressevertreter und Zuschauer.

Im Prozess gegen einen Hürther, der mit Gift zwei Frauen umgebracht haben soll, war am Dienstag der fünfte Verhandlungstag.

Hariett Drack berichtet über den laufenden Thallium-Prozess, der am Landgericht Köln stattfindet. Einem Hürther wird vorgeworfen, mit dem Schwermetall zwei Frauen umgebracht zu haben. Eine dritte Frau hat knapp überlebt.

„Todesursache ungeklärt“ stand auf dem Totenschein, als die Mordermittler am Abend des 29. Mai 2020 ans Totenbett der Gymnasiallehrerin in die Düsseldorfer Uniklinik gerufen wurden. Die Ärzte hatten auf die seltene Nervenerkrankung des Guillain Barre Syndroms als Todesursache getippt, gleichzeitig war aber auch schon früh von einer möglichen Thallium-Intoxikation die Rede gewesen. So steht es in den Akten und so wurde es von den Mordermittlern am fünften Verhandlungstag im Prozess gegen einen 42-jährigen Hürther vor dem Kölner Landgericht bestätigt.

Dort muss sich der gelernte Krankenpfleger wegen zweifachen Mordes und eines Mordversuchs verantworten. Er soll seine Ehefrau, seine schwangere Freundin und deren Großmutter mit Thallium vergiftet haben. Als der Polizist den Witwer eine Woche nach dem Tod der Ehefrau darauf ansprach, sei dieser weder überrascht noch irritiert gewesen, vielmehr habe sich der Hürther auf die Annahme der Ärzte berufen, die von einer „schleichenden Vergiftung durch die langjährige Einnahme einer Vielzahl von Nahrungsergänzungsmitteln“ als mögliche Todesursache ausgegangen waren.

Beamten schlossen Akte in Thallium-Fall zu früh

So steht es auch in einem Arztbrief, den die Polizei in den Krankenakten vorfand. Den emotionalen Zustand des Hürthers beschrieb der Vernehmungsbeamte so: „Er war sichtlich betroffen, aber sehr kooperativ und interessiert, den Sachverhalt aufzuklären“. Zum Beweis legte er den Ermittlern damals eine prall gefüllte Einkaufstüte auf den Tisch, darin Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel in Form von Kapseln, Tropfen und Tabletten. Die Beamten hatten letztlich die Akten mit dem Vermerk, „kein Hinweis auf Fremdverschulden“ geschlossen und notiert, der „geschwächte gesundheitliche Allgemeinzustand der Sportlehrerin sowie die Vorerkrankungen können zum Tod geführt haben“.

Obwohl es einen weiteren Hinweis gab: So hatte der behandelnde Arzt des Marienhospitals in Düsseldorf, aus dem die Patientin wenige Tage zuvor in die Uniklinik verlegt worden war, aufgrund einer nachträglich durchgeführten Laboruntersuchung auf einen „extrem hohen Thalliumwert“ im Blut der Lehrerin aus Mettmann hingewiesen.

Zudem gab es auch einen Anruf der Giftnotzentrale in Berlin, in dem ebenfalls von Thallium die Rede war und weitere Analysen empfohlen wurden. Das darauf in Auftrag gegebene chemisch toxikologische Gutachten bei der Rechtsmedizin ließ auf sich warten, lag erst ein Jahr später im Juni 2021 vor und empfahl ein Zusatzgutachten in einem Speziallabor in Bremen.

Im November 2021 bestätigte das Labor eine tödliche Dosis des Rattengifts. Da war der Hürther bereits verhaftet worden und es war von einem weiteren Opfer die Rede.