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Jubiliäum„Wer wird Millionär“-Warmupper im Gespräch – „Günther Jauch ist eine richtig coole Socke“

Lesezeit 8 Minuten
Ein Mann steht mit einem Mikro in der Hand auf einer Bühne.

Auftritt vor großem Publikum: René Travnicek ist als Warmupper tätig.

Die RTL-Quizshow „Wer wird Millionär“ wird in Hürth aufgezeichnet, Warmupper René Travnicek bringt das Publikum vor der Show in Stimmung.

In jeder großen Unterhaltungssendung wird das Publikum vor der Show schon mal in Stimmung gebracht. Auch während der Sendung ist es wichtig, die Leute in den Pausen bei Laune zu halten und sie an der richtigen Stelle zum Klatschen zu animieren. Das alles gehört zum Job des Warmuppers. Der 49-jährige René Travnicek macht das bereits seit 24 Jahren, unter anderem bei der RTL-Quizshow „Wer wird Millionär“, die in Hürth aufgezeichnet wird; am Donnerstagabend läuft die Jubiläumssendung zum 25-jährigen Bestehen.

In seinem Job hat Travnicek, der auch für Radio Erft tätig ist, schon so einiges erlebt. Vor der Kamera sieht man ihn nicht. Wer aber schon mal im Publikum bei einer Fernsehsendung saß, der hat ihn vielleicht gesehen, wenn er vor Beginn der Show rappt oder in Steppschuhen tanzt. Karl Eigenbordt sprach mit René Travnicek über seinen Job.

Herr Travnicek, wie und wo arbeitet ein Warmupper?

René Travnicek: Im Prinzip überall. Wo du im Publikum Leute hast, hast du auch Warmupper. Also bei mir ist es immer so, dass ich ganz viel mit Musik mache. Ich rappe grundsätzlich am Anfang und habe meine Steppschuhe dabei.

Wie wird man Warmupper? Ein klassischer IHK-Ausbildungsberuf ist es ja nicht.

Ich war vor etwa 30 Jahren Kandidat bei der Sendung „Herzblatt“. Das war damals so eine Kuppelshow und ein ganz vernünftiges Format. Da hab ich dann sehr viel Lustiges von mir gegeben, und die haben mich gefragt, ob ich als Warmupper einspringen kann, weil ihrer ausgefallen ist. Und ich dachte nur so: Wer ist ausgefallen? Dann haben die mir erklärt, dass der an den richtigen Stellen klatscht, und wenn es eine Pause gibt, unterhält er das Publikum. Ich hab mir dann einfach ein Programm ausgedacht und das gemacht. Bis auf einen Gag hat das auch extrem gut geklappt. Ich konnte gar nicht glauben, dass man Geld dafür bekommt.

Wie ging es dann weiter?

Ich habe noch zwei Ausbildungen gemacht, um so ein bisschen Sicherheit zu haben. Einmal als Croupier und als Hotelfachmann. Dann kamen langsam immer mehr Jobs als Warmupper. Daraus haben sich dann noch andere Jobs in den Medien entwickelt, wie meine Moderationen beim Radio. Ich hab zwar die Show „Herzblatt“ damals nicht gewonnen. Trotzdem bin ich dem Format sehr zu Dank verpflichtet.

Sie arbeiten seit über 20 Jahren auf freiberuflicher Basis?

Ja genau, aber wenn man so lange dabei ist, dann ist das wie eine Festanstellung. Ich mache ja Warmup, Moderation, und beim Verkaufssender QVC bin ich für Dyson-Produkte zuständig.

Diese drei Standbeine sind wie eine Festanstellung. Gab es zur Corona-Pandemie Schwierigkeiten?

Viele große Shows wurden ja ohne Publikum aufgezeichnet. Da hatte ich die geilste Idee überhaupt. Ich habe einen Sampler, der kabellos mit dem Mischpult im Studio verbunden ist. Wenn ich darauf etwas drücke, dann werden Geräusche abgespielt. Also es läuft Musik oder es kommt eine Comedy-Einlage. Und als Corona losging, habe ich mir von „Let's Dance“ den Applaus aus dem letzten Jahr als Töne geholt. Die habe ich mir dann auf meinen Sampler gelegt und den Studios angeboten, dass ich die bei Liveshows passend einspielen kann. Und das kam sehr gut an. Auch bei den Medienkritikern. Danach kamen mehrere andere Produktionen auf mich zu, die gesagt haben, dass sie diesen Applaus brauchen. Auch die Amerikaner haben mitbekommen, wie wir das hier machen und haben sich für mich interessiert. Das kennen die ja sonst nur von den Sitcoms. Ich hab von denen dafür zwar nie Geld bekommen, aber das ist mir Latte. Man konnte zumindest in einem gewissen Bereich die Atmosphäre der Fernsehshows so ein bisschen retten. Nur am Anfang der Pandemie war es lange echt schwierig. Da hat sich keiner für mich und das, was ich anzubieten habe, interessiert.

Was macht den Beruf zu etwas Besonderem?

Ich komme ja in ein Studio zu einem Publikum, was nicht für mich bezahlt hat. Also muss ich die ab der ersten Sekunde mit einer liebenswürdigen, freudigen, lustigen Art so auf meine Seite ziehen, dass die nachher über zwei, drei und teilweise mehr als vier Stunden das machen, was ich gern hätte. Aber ich muss mir das Publikum immer neu erarbeiten. Da ist völlig egal, wie mein Warmup gestern war. Ich muss immer sofort funktionieren. Das Besondere ist auch, dass ich machen kann, was ich will, es muss nur funktionieren. Inhaltlich bin ich völlig frei. Ich tanze dann oft zu Liedern von den Backstreet Boys mit Leuten aus dem Publikum. Das passt eigentlich immer.

Zwei Männer lächeln.

Zu Günther Jauch hat René Travnicek ein gutes Verhältnis.

Welche Witze oder Comedy-Nummern funktionieren immer?

Ich spiele oft Lieder aus den 90ern an wie „Hit me Baby one more time“ oder „Barbie Girl“ und lasse die dann in voller Lautstärke laufen. Dann mache ich im Refrain leise und lasse das Publikum weitersingen. Dann ist es egal, ob da jemand mit 16 oder mit 50 sitzt, dann ist sofort Stimmung in der Bude. Das sind für die Leute Erinnerungen, das kennen sie und da können sie mitmachen. Im Prinzip eine simple Nummer, die aber extrem gut funktioniert. Jetzt fordere ich das Publikum immer auf, nachdem ich von drei heruntergezählt habe, den Sitznachbarn anzugucken, den sie nicht kennen. Und dann gucken sich teilweise komplett fremde Leute an und ich spiele „I will always love you“ von Whitney Houston. Das ist natürlich auch ein Eisbrecher. Und dann schauen sich zwei Männer an, und das Lied kommt. Das ist immer irgendwie witzig.

Wie ist die Zusammenarbeit mit Günther Jauch bei „Wer wird Millionär“?

Günther Jauch lässt sich immer foppen. Den kann ich vorm Publikum auch hochnehmen. Sowas wie „Ach Herr Jauch, hat Mutti ihnen wieder die Krawatte rausgelegt?“ Mit Auto-Themen kriegt man ihn auch immer. Der ist ja ein wahnsinniger Auto-Narr, und er hat sich noch nie ein neues Auto gekauft. Der kauft immer nur Gebrauchtwagen, gerne auch ältere Modelle. Man kann sich mit ihm vor Publikum mega gut austauschen, und er fühlt sich auch nie gestört. Letztens hab ich ihn dann gefragt: „Herr Jauch, wie macht man denn so als Millionär eigentlich Urlaub?“, und er meinte nur: „Nene, ich war einfach an der Ostsee, aber das Wetter war schlecht. Ins Wasser bin ich aber trotzdem, weil ich ja am Meer bin.“ Der ist so normal und so bodenständig. Er ist vor der Kamera genauso nett wie hinter der Kamera. Das ist einfach eine richtig coole Socke und ein toller Mensch. Ich habe auch immer so einen Running-Gag zwischen Günther Jauch und mir. Immer wenn er zu seinem Auftrittsong „Let me entertain you“ hereinkommt, stifte ich einen im Publikum an, der ruft „Herr Jauch, ich möchte ein Kind von Ihnen.“ Da hat er immer einen Riesenspaß.

Gibt es auch mal Abende, die einfach nicht funktionieren?

Am Anfang der Warmup-Karriere vielleicht eher mal, aber hinterher weißt du einfach, was du machst. Wenn ich jetzt merke, das Publikum wird müde, dann mache ich einfach einen Flashmob, und dann ist wieder Stimmung. Ich kann mich ja aus einem großen Portfolio bedienen. Also meistens ist die Laune immer zwischen sehr gut und gut. Einen wirklich schlechten Auftritt hatte ich wahrscheinlich seit zehn Jahre nicht mehr.

Wie läuft die Arbeit als Moderator bei Radio Erft?

Da hab ich mal ganz normal angefangen mit O-Tönen einsammeln auf der Straße und Beiträge machen. Irgendwann durfte ich auch mal sonntags eine Sendung moderieren. Jetzt bin ich da immer noch ab und zu. Einmal im Jahr bin ich in Las Vegas und berichte dann von der CES, der größten Messe für Unterhaltungselektronik. Wenn ich irgendwo bin, wo etwas Spannendes ist, biete ich es Radio Erft mal an. Dann nehme ich mein Aufnahmegerät und ziehe los und mache denen einen fertigen Beitrag, auch mit Anmoderation. So bin ich dem Radio immer noch verbunden.

Welche Projekte stehen als nächstes an?

Jetzt habe ich wieder eine Moderation, dann habe ich wieder ein Warmup und dann moderiere ich die „Schlagernacht des Jahres“. Das ist ein Riesen-Event mit mehreren Konzerten in ganz Deutschland. Auch in der Lanxess-Arena in Köln. Da hast du dann Matthias Reim und Mickie Krause auf der Bühne. Das macht echt Bock, auch wenn ich nicht viel mit Schlager anfangen kann. Das ist dann wieder eine ganz andere Farbe des Jobs. Einen Tag später bin ich wieder bei QVC und biete die Staubsauger an. Diese Mischung an sich ist gigantisch. Es wird nie langweilig. So hält dieser Job einen auch jung. Weil man immer unheimlich viel Input mitbekommt.

Welche Tipps haben Sie für angehende Warmupper oder Entertainer?

Man muss die Leute immer in Situationen abholen, die sie kennen. Dann hast du schon viel gewonnen. Es kommt auch nicht so aufs Alter an. Es hängt mehr davon ab, wen man unterhält und wie man unterhält und womit man unterhält. Das muss mit dem Alter nicht schlechter werden. Im Gegenteil. Man hat dann mehr Erfahrung und weiß, wie die Jungen einen wahrnehmen. Ich erzähle immer gern Geschichten von meinen Kindern, und da schmeißen sich die Leute oft weg vor Lachen. In der Corona-Zeit hab ich überlegt, wie man da wohl gute Gags drüber machen kann, weil das Thema an sich natürlich gar nicht witzig war. Dann habe ich aber im Publikum immer gefragt: Wer hat denn schon alles Corona gehabt? Da melden sich dann ein paar. Dann frage ich: Wer hatte denn noch kein Corona? Da melden sich wieder ein paar. Und dann frage ich: Und wer hat denn jetzt gerade Corona? Da hast du eine schöne Überraschung.