Die Dokumentation „Eine Ära geht zu Ende“ wurde vom Landschaftsverband Rheinland produziert, viele Mitarbeiter kommen zu Wort.
LVR-ProjektFilmpremiere über das Aus der Brikettfabrik Wachtberg im Linden-Theater Frechen
Jenen, die selbst noch Klütten durch die Kellerluke ihres Hauses schaufelten, wie der Rentner Heinrich Strack oder Arbeiter wie Mark Büsgen, die täglich für das Funktionieren der Brikettpressen zuständig waren, ist jener Geruch noch in der Nase. Das „süßlich Erdige“ des Braunkohlenduftes, der in der Brikettfabrik Wachtberg allgegenwärtig gewesen sei, könne die Filmdokumentation leider nicht transportieren, sagte die Filmautorin Lisa Maubach, der Duftfilm sei ja noch nicht erfunden.
Aber der Film „Eine Ära geht zu Ende“ mit dem Untertitel „Produktion und Vertrieb von Briketts in Frechen-Wachtberg“ zeige mehr als nur die technische Seite, so die Leiterin der Abteilung Alltagskultur und Sprache des Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte des Landschaftsverbandes Rheinland.
Arbeiter zeigen in Gesten und Worten, was das Aus für sie bedeutet
Es seien die Arbeiter selbst, die ihre alltäglichen Tätigkeiten in der Fabrik schilderten und einen Eindruck vermittelten, wie es „sich anfühlte“ dort zu arbeiten. In Gesten und Worten zeigten sie wie sie „ticken“ und mit welcher Wehmut sie auf das Ende ihrer Arbeit blickten, dem politisch gewollten Aus für die Produktion von Braunkohlebriketts im Dezember 2022. „Globale Entwicklungen verdichten sich im Lokalen“, sagte Maubach.
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Ziel des LVR-Teams sei es auch, den Strukturwandel der sogenannten Energiewende zu begleiten. In Zeiten turbulenter Transformation entfalte kulturelles Erbe eine „stabilisierende Wirkung“. „Eine Ära geht zu Ende“, sei ein Satz, dem sie häufiger während ihrer Dreharbeiten von Februar bis September 2022 im noch laufenden Fabrikbetrieb begegnet seien, sagte Lisa Maubach bei der Filmpremiere im Frechener Linden-Theater.
370 Menschen waren am Dienstag in das Kino zur Filmpremiere der 53-minütigen Dokumentation gekommen. Unter ihnen waren die Arbeiter, die im Film zu Wort kommen, aber auch Klaus Vosseberg und Christian Forkel von RWE Power sowie der Leiter des LVR-Institutes für Landeskunde und Regionalgeschichte Helmut Rönz.
Stich ins Herz
Als „Stich ins Herz“ beschrieb der Leiter der Sparte Veredelung, Christian Forkel, das Gefühl beim Blick in die sonst so lärmende, jetzt stille Maschinenhalle, in der Stahlstempel mit hohem Druck aus fein gemahlener Braunkohle die sogenannten 7-Zoll-Briketts pressten. Immerhin habe die Braunkohle für mehr als 120 Jahre für Wärme und Wohlstand in der Region gesorgt.
Alle Briketts, die am Standort Wachtberg produziert worden seien aneinandergelegt, reichten für vier Wicklungen rund um den Globus aus, hat Forkel ausgerechnet. Dennoch: „Wir finden es richtig, aus der Braunkohle wegen des Klimawandels auszusteigen.“ Der Film bleibe, als eine schöne Erinnerung.
Den Arbeitern selbst habe das Filmteam bleibende Moment zu verdanken, schilderte Mark Büsgen in der Gesprächsrunde nach der Filmvorführung. Sie seien buchstäblich mit „der Tür ins Haus gefallen“, es sei nicht einmal Zeit gewesen, sich den Kohlenstaub aus dem Gesicht zu wischen. Lisa Maubach bedankte sich für das Vertrauen, das die Belegschaft ihnen „auf die Schnelle“ entgegen gebracht habe.
Weichen für eine denkmalverträgliche Weiterentwicklung seien gestellt worden
Die Brikettfabrik Wachtberg wird übrigens nicht verschwinden. Nach Ansicht des LVR für Denkmalpflege entspricht die Brikettfabrik gleich mehreren Kriterien des Denkmalschutzgesetzes, sagte Helmut Rönz. Die Weichen für eine denkmalverträgliche Weiterentwicklung des Standortes seien gestellt worden.
Zu sehen ist der Film auf dem Youtube-Kanal des LVR-Institutes für Landeskunde und Regionalgeschichte namens Alltagskulturen im Rheinland. Erhältlich ist er auch als DVD. Online wird es bald eine elektronische Führung durch die Fabrik geben mit zahlreichen Detailfilmen aus dem reichen Fundus des Filmteams.