Der Verteidiger des Lechenicher Rathauses hat Karneval verschlafen. Auch in Liblar übernehmen die Jecken die Macht und das Rathaus.
Rathaussturm in ErftstadtDie Jecken übernehmen in Lechenich und Liblar die Macht
Hörbar überrascht war Bürgermeisterin Carolin Weitzel, als die Tollitäten ihr pünktlich um 11.11 Uhr den Rathausschlüssel abspenstig machen wollten. „Wat wollt ihr hee?“, fragte sie Prinzessin Raphaela I. (Meier) von der KG Fidele Narrenzunft Liblar und das Bliesheimer Dreigestirn mit Prinz Marco I. (Jörres), Bauer Marvin (Huthmacher) und Jungfrau Nici (Niclas Horst).
Um Hilfe zu leisten und Rat zu geben sei man jedenfalls nicht gekommen, ließ Prinz Marco sie wissen. Stattdessen wollten sie das Rathaus übernehmen. Bei so einer Ansage bat die Hausherrin die Tollitäten erstmal auf die Bühne – oder, besser gesagt, auf den ersten Treppenabsatz im Rathausfoyer.
Liblarer Prinzessin und Bliesheimer Dreigestirn stürmen Rathaus
Passend dazu stimmte der Spielmannszug der KG Klüttefunke Willi Ostermanns „Kut erop! Kut erop! Kut erop! Bei Palms do ess de Pief verstopp“ an. Diesen Klassiker sollte die Menge im Liblarer Rathaus noch öfter zu hören bekommen. Unter Musik und lautstarkem Gesang der Jecken ging es für die Liblarer Prinzessin und das Bliesheimer Dreigestirn nach oben, wo Raphaela abermals deutlich machte: „Mir sinn jekomme, um de Rathausschlüssel zu holle.“
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Ganz so leicht überließ Weitzel, mit Zylinder und roter Federboa ausgestattet, ihr Rathaus den Tollitäten aber nicht. „Na ich weiß nit“, so Weitzel; sie musste sich erst mal beraten. Und tatsächlich, für den begehrten Schlüssel mussten sich die Jecken ordentlich ins Zeug legen und anhand einiger Hinweise seitens der Bürgermeisterin Karnevalslieder erraten.
Erftstadt-Liblar: Tollitäten müssen Karnevalslieder erraten
Viele Andeutungen brauchte es für den ersten Song aber nicht. Da genügte unter anderem der Hinweis zu den Interpreten, bei denen es sich um die Band Räuber handelte. Fehlte noch das Zauberwörtchen „Erftstadt“. Denn welche Bedeutung kann die Stadt wohl nur für die Jecken haben? Richtig, Heimat. Der erste Punkt ging schon mal an die Karnevalisten, die sogleich in „Dat es Heimat“ einstimmten.
Das Ziel, nämlich den Rathausschlüssel, zum Greifen nah, liefen die Jecken im Liblarer Rathausfoyer zur Höchstform auf und lösten auch die weiteren Lieder-Rätsel, die ihnen die Hausherrin aufgab. Fehlen durfte dabei natürlich auch nicht „Einmol Prinz zo sin“ von Wicky Junggeburth.
Nachdem sie auch das letzte Lied erraten und gesungen hatten, war es so weit: Die Bürgermeisterin musste sich geschlagen geben und den Schlüssel rausrücken. Sie ließ es sich aber nicht nehmen, den Vorsitzenden der Karnevalsgesellschaften und dem stellvertretenden Vorsitzenden der Dorfgemeinschaft Köttingen, Wolfgang Freitag, noch ihre Orden zu überreichen. Freitag tat es ihr gleich und entließ alle in den Karneval: „Jetzt können wir feiern!“
Lechenich: Vizebürgermeister verschläft Karneval
In Lechenich trotzten die Jecken, die sich – mit Schirmen und Regenponchos ausgestattet – auf dem Marktplatz rund um das Historische Rathaus versammelt hatten, nicht nur dem Wetter. Denn statt um 11.11 Uhr ging es schon um 10.11 Uhr mit dem Gardebiwak der Lechenicher Narrenzunft los.
Eine Stunde später sollte es so richtig abgehen. Das Prinzenpaar aus Erp, Prinz Dieter III. (Happe) und Prinzessin Barbara (Bonni), stand auch schon in den Startlöchern, fest entschlossen, das Rathaus zu stürmen und die Macht an sich zu reißen. Doch im Gebäude tat sich nichts. Und mit Verlaub, da fehlte doch auch noch jemand? Wo war Vizebürgermeister Franz Holtz, der die Stadtverwaltung doch eigentlich verteidigen müsste?Der Mann war nicht da.
Ein Anruf von Garde-Kommandant Alexander Klement gab dann Aufschluss: Franz Holtz hatte den Karneval verschlafen. Es gab ja schließlich keine Lechenicher Tollität. Damit gaben sich die Jecken aber nicht zufrieden, und Holtz wurde standesgemäß mit einem Motorrad abgeholt und bis vor das Rathaus gefahren. Die Verteidigung konnte er aber nicht lange aufrecht erhalten, bis er dem Erper Prinzenpaar den Schlüssel überlassen musste.
Nachdem die Jecken endgültig das Sagen hatten, folgte auch schon die erste Amtshandlung. Die Lechenicher Stadtgarde überreichte der Caritas eine Spende von 888 Euro, der Erlös, der beim traditionellen Ankochen der Feldküche zusammen gekommen war.