Erftstadt – In unserer neuen zehnteiligen Serie sagen uns die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, warum ihre Stadt die schönste im Rhein-Erft-Kreis ist, warum sich ein Besuch ihrer Lieblingsplätze lohnt, ob die Nähe zu Köln Fluch oder Segen ist, und was sie an ihrer Stadt ärgert.
Frau Weitzel, wie würden Sie jemandem Erftstadt beschreiben, der noch nie hier gewesen ist?
Weitzel: Erftstadt bietet eine harmonische Vielfalt, die ihresgleichen sucht: Mit unseren 18 Ortsteilen und mehr als 50.000 Einwohnerinnen und Einwohnern haben wir viel anzubieten, sodass sich Menschen allen Alters hier wohlfühlen können. Wir verfügen über eine große Bildungslandschaft und ein ansprechendes kulturelles Angebot, unter anderem durch unsere Musikschule. Wer historische Ortskerne mag, kommt zum Beispiel in Lechenich voll auf seine Kosten. Umgeben von Köln, Bonn und Aachen sind wir sehr gut mit den wichtigsten Zentren verbunden und leben dennoch in einer reichhaltigen Naturlandschaft mit großem Erholungswert.
Die Burgen und Schlösser machen den besonderen Charakter aus. Die Wasserburgen-Route führt mitten durch Erftstadt. Viele kennen Schloss Gymnich noch aus seiner Zeit als Gästehaus der Bundesregierung, wo zahlreiche namhafte Persönlichkeiten begrüßt wurden. In Erftstadt ist Wohnraum sehr begehrt. Wir bieten jede Art des Wohnraums und auch immer mehr Arbeitsplätze. So ist für Familien und Gewerbetreibende Erftstadt der ideale Standort zum Leben, Wohnen und Arbeiten. Wer nicht möchte, muss Erftstadt nicht verlassen.
Geboren: 11. Mai 1980 in Köln, seit ihrem dritten Lebensjahr lebt sie in ErftstadtPrivat: verheiratet, 2 KinderAusbildung: Diplom-VolkswirtinBeruflicher Werdegang: Arbeitsvermittlerin, Studien- und Berufsberaterin, Ausbilderin und Trainerin für Kommunikation, GleichstellungsbeauftragtePolitik: Seit 2019 CDU-Mitglied, seit 2020 Bürgermeisterin (jtü)
Was ist Ihr Lieblingsort in Erftstadt?
Ich liebe es, an der Erft zu sein! Es gibt da eine besonders schöne Stelle, an der ich sehr gerne sitze und meinen Gedanken freien Lauf lassen kann.
Und welcher ist Ihr Lieblingsort im Kreis?
Die Erft. Die Tour von der Quelle bis zur Mündung habe ich schon mit dem Fahrrad zurückgelegt.
Bringt die Nähe zu Köln mehr Fluch oder Segen mit sich?
Wir haben ein großes Interesse daran, dass wir als Teil des Kölner Speckgürtels zukunftsfähige Unternehmen bei uns ansiedeln können. Dabei kommt uns zugute, dass wir auch künftig noch beträchtliche Flächen für Wohngebiete vorhalten können. Eine andere Verbindung nach Köln wird sich hoffentlich durch die Ansiedlung eines Campus der Technischen Hochschule Köln mit rund 2000 Studierenden ergeben. Das würde zudem den Bildungsstandort weiter aufwerten – was mein erklärtes Ziel schon vor meiner Wahl gewesen ist. Die Studiengänge, die hier angesiedelt werden sollen, sind sehr wichtig, weil sie den Strukturwandel behandeln, der auch uns in Erftstadt trifft. Als Stadt würden wir enorm davon profitieren, wenn wir einen Campus hätten, der den Transformationsprozess erforscht und mit neuen Ideen begleitet.
Was tun Sie gegen die explodierenden Immobilienpreise?
Wir wollen mit der Politik neue bezahlbare Flächen für Wohnraum entwickeln. Familien wie Geringverdienende sollen gleichermaßen die Möglichkeit haben, hier bei uns in Erftstadt zu leben. Auch das war eines meiner Ziele bei meinem Amtsantritt. Durch die Hochwasser-Katastrophe im vergangenen Jahr müssen wir bei einigen geplanten Projekten allerdings prüfen, ob wir sie noch, wie geplant, verwirklichen können. Dabei überlegen wir, welche alternativen Standorte möglicherweise in Frage kommen. Dabei gilt natürlich die Maxime, dass wir zuerst innerorts Wohnraum entwickeln und bestehende Baugebiete erweitern wollen.
Was ist die größte Herausforderung für Erftstadt und den Kreis bis 2032?
In meinen Augen ist es unser Wachstum. Wir müssen alles tun, dass sich die Stadt moderat und auf stabilem Fundament entwickelt. Wir sind in der glücklichen Lage, dass viele Menschen nach Erftstadt kommen wollen – es gibt eine Liste mit 1600 Bewerbern für Grundstücke. Wenn aber der Entstehung neuer Wohnräume die Schaffung einer entsprechenden Infrastruktur nicht Schritt hält, könnte das zu einem Problem werden. Ich denke da an Kitas, Schulen, altersgerechtes Wohnen und Einkaufsmöglichkeiten. Das betrifft nicht nur Lechenich und Liblar als größte Ortsteile, sondern auch die kleineren Ortschaften. Dabei müssen wir auch die Mobilität und den Klimaschutz im Auge behalten. Auch intern haben wir Verbesserungspotenzial, unter anderem bei der Digitalisierung. Bei alldem müssen wir unsere angespannte Finanzlage berücksichtigen. Wir sind Haushaltssicherungskommune: Nicht alles, was wir uns wünschen oder vornehmen, können wir gleich realisieren – oder erst später. Im Mittelpunkt steht verständlicherweise der Wiederaufbau in den von der Hochwasserkatastrophe betroffenen Ortschaften. Das wird uns in den nächsten Jahren enorm beschäftigen.
Was fehlt in Erftstadt – was wünschen Sie sich?
Ich wünsche mir möglichst bald die politische Entscheidung auf Landes- und Bundesebene, dass der Campus Rhein-Erft tatsächlich hier angesiedelt wird, so wie wir das alle hier wollen. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht, jetzt sind andere am Zug. Wir warten nur noch darauf, dass jemand den Startknopf drückt.
Was ärgert Sie in Erftstadt oder an Erftstadt?
Als Jugendliche hat mich die Verkehrsanbindung gestört. Diese kann auch heute noch besser und schneller werden. Das zweite, was mich stört, ist die fehlende Sauberkeit in unserer Stadt. Wir haben so viele schöne Plätze, zum Teil noch aus den 70er Jahren, die etwas in die Jahre gekommen sind. Da sind Platten abgebrochen, und da denke ich mir: Das muss doch nicht so sein! Wir dürfen nicht von der Substanz leben, sondern müssen an die nachfolgenden Generationen denken. Wir sind das Problem schon angegangen; aber um diese Plätze wieder gänzlich in einen ansehnlichen Zustand zu versetzen, fehlt uns momentan das Geld.
Meine Herzensangelegenheit wird es weiter sein, in die Bildung zu investieren. Wir müssen unsere Schulen besser ausstatten oder erweitern, wie beispielsweise das Schulzentrum in Lechenich. Das wird nicht in meiner ersten Amtszeit abgeschlossen sein, sondern in meiner zweiten. Außerdem habe ich mir die Erweiterung unseres Wirtschaftsparks zum Ziel gesetzt. Wenn ich dann noch auf uns als Verwaltung blicke, strebe ich an, dass wir uns durch eine veränderte Struktur beim Bürger besser darstellen. Zu guter Letzt wünsche ich mir, dass Erftstadt nicht wegen der Flut in Erinnerung bleibt, sondern als liebenswerte Stadt, wie ich sie eingangs beschrieben habe.