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BergheimPferde-Sportzentrum auf ehemaliger Anlage des Gestüts Schlenderhan eröffnet

Lesezeit 4 Minuten

Jonathan Arleff und Sophie Kühne freuen sich auf die Zukunft.

Bergheim – Es ist wie eine Geschichte aus einem Roman von Rosamunde Pilcher. Es grasen die erfolgreichsten Galopprennpferde auf den idyllischen Wiesen rund um das Gestüt Schlenderhan in Quadrath-Ichendorf. Georg Baron von Ullmann züchtet einen vierbeinigen Rennstar nach dem anderen: Adlerflug, Wiener Walzer oder In Swoop, um nur einige zu nennen. Insgesamt konnte das älteste deutsche Privatgestüt bisher 19 Derbysiege auf der Galopprennbahn in Hamburg-Horn notieren und viele weitere große Siege feiern.

Nun hat sich eine weitere Reitsportdisziplin auf der Fischbachhöhe angesiedelt. Auf dem ehemaligen Trainingsgelände des Gestüts Schlenderhan ist ein Reitsportzentrum mit dem Schwerpunkt Springreiten entstanden. Mitte 2020 übernahmen zwei junge, mutige Springreiter aus dem Kölner Raum für ihr Traum-Projekt die Anlage. Der 30-jährige Jonathan Arleff hatte schon einige Jahre lang genau solch ein Objekt für seinen landwirtschaftlichen Betrieb gesucht und bereits in 2016 ein Auge auf die Fischbachhöhe geworfen. „Wir wollten eigentlich eine neue Anlage bauen, nur das passende Gelände hatte uns dafür gefehlt“, berichtet Arleff.

Bergheim: Trainingshalle für Springreiter ist fertig

Ende Juni 2020 war Schlüsselübergabe. Am 1. September zogen er und seine 30-jährige Lebensgefährtin Sophie Kühne ein, die Arbeit begann. Und wie bei Baustellen üblich, wurde es immer mehr. „Den ganzen Winter haben wir ohne Halle trainiert, die ist jetzt erst fertig geworden“, erzählt Sophie Kühne und war im Winter dankbar für die überdachte Galopprundbahn in der Mitte der Trainingsanlage. So konnte sie im Mai beim Springturnier in Bornheim-Widdig ein M-Springen für sich entscheiden und in einem weiteren die Schleife für den achten Rang abholen.

Doch was treibt zwei 30-Jährige an, sich eine solche Anlage samt umfangreicher landwirtschaftlichen Flächen zu kaufen? Die kurze Antwort: „Die Leidenschaft zum Pferd!“ Sophie Kühne reitet seit ihrer frühsten Kindheit, weil ihre Mutter schon Pferde besaß. Ihr damaliges Welsh-Pony lebt übrigens noch heute und ist 31 Jahre alt. Jonathan Arleff kam vom Snowboard nach einer Verletzung als 16-Jähriger erst spät zum Pferd. Mit 17 Jahren ritt er dann seine ersten Turniere und holte gleich Siege und Platzierungen in A-Springen.

Nur drei Jahre später sammelte er seine Schleifen im M-Parcours und nicht viel später startete er dann in ersten S-Springen. Die ersten internationalen Erfolge und Platzierungen in „Großen Preisen“ ließen nicht lange auf sich warten. Während er sich nur auf das Springen konzentrierte, war Sophie Kühne auch im Dressurviereck unterwegs und holte auf beiden Parketts ihre Schleifen. Aber auch sie hat sich eher dem Springen verschrieben als der Dressur.

Bergheimer wollen eigene Springhindernisse produzieren

Doch bevor es mit dem beruflichen Reiten begann, studierten beide. Er Jura, sie Betriebswirtschaft. Beiden war klar, da kannten sie sich noch gar nicht, dass ihre wahre Berufung das Reiten, das Ausbilden von Pferden und Trainieren von Reitern ist. Jetzt sind sie fast fertig mit ihrer Trainingsanlage, für die sie aufgrund der internationalen Ausrichtung ihrer Arbeit den Namen „FBH Equestrian Center“ gewählt haben. Dabei steht das „FBH“ ganz einfach als Abkürzung für den Standort auf der Fischbachhöhe.

Während der Umbauphase kam zudem die Idee zur Produktion eigener Springhindernisse. Die ersten Muster testeten die beiden natürlich auf dem neu angelegten Springplatz. Nebenbei gründete Arleff noch eine Produktionsfirma mit Online-Shop. „Wir fragten uns, was wollen wir, und das gab es auf dem Markt nicht, also entwickelten wir unsere eigenen Hindernisse“, so der Springreiter. Heraus kamen Hindernisse aus Vollaluminium in bunten und schönen Designs, die auch Mädchen in den vielen Reitställen leicht tragen können.

Boxen sind in Bergheim mit eigenem Solarium ausgestattet

Die Philosophie der beiden Springreiter ist leicht zusammengefasst: Flexibel, innovativ, gepaart mit der pragmatischen Frage: Was wollen wir? Und genauso gehen Jonathan Arleff und Sophie Kühne das Traum-Projekt der eigenen Reitanlage an. Wichtig ist ihnen ein ruhiges, professionelles, pferdegerechtes Trainingsambiente ohne Hektik und mit diversen Möglichkeiten: So sind die 54 Boxen auf den sieben Stallgassen etwa jeweils mit eigenem Solarium ausgestattet.

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Dazu gibt es einen eigens angelegten Geländeplatz mit festen Naturhindernissen und Wellenbahn, ein Sand- sowie Rasenspringplatz, ein Dressurviereck und eine große Reithalle. Und es gibt zwei große Führmaschinen mit innenliegendem Longierzirkel, große Weideflächen sind inbegriffen.

Auch Lehrgänge für Springreiter sind geplant

Der Plan: Die Pensionsboxen sollen primär an andere Profireiter vermietet werden. Geplant sind auch Lehrgänge für Springreiter, dazu kommt die Zucht und Ausbildung von jungen Pferden, wozu auch der Verkauf der vierbeinigen Sportler gehört. „Dabei möchten wir mit den bei uns ansässigen Berufsreitern zusammenarbeiten, um den Kaufinteressierten eine interessante Auswahl an Pferden anbieten zu können“, erklärt Arleff sein Konzept. Seit etwa zwei Monaten hat der Betrieb nun geöffnet und etwa die Hälfte der Boxen sind schon angemietet.

Ein bis dahin leer stehender Stalltrakt wurde dann bei der Flutkatastrophe zu einem vorübergehenden Heim von evakuierten Pferden aus Erftstadt. „Noch bis 4 Uhr nachts haben wir hier die Pferde aufgenommen“, erinnert sich Jonathan Arleff. Insgesamt 17 Pferde konnten hier untergebracht werden.