Beute oder Bett - was den Angeklagten (25) dazu brachte, in eine Wohnung in Rösrath-Stümpen einzusteigen, entscheidet über die Strafe.
ProzessBeute oder Bett in Rösrath gesucht – Angeklagter seit über vier Monaten in U-Haft
Im Jahr 2024 hat der Angeklagte noch nicht einen Tag in Freiheit erlebt: Am 30. Dezember 2023 kam er als mutmaßlicher Einbrecher ohne festen Wohnsitz in U-Haft. Am Dienstag begann wegen der Sache in Rösrath-Stümpen sein Prozess und am Ende des Tages ging es für den in der Haft 25 Jahre alt gewordenen Khaled A. (Name geändert) wieder ab nach Ossendorf: Sein Verfahren kann wegen des Urlaubs einer Zeugin erst Ende Mai fortgesetzt werden.
Khaled A. ist augenscheinlich als illegaler Einwanderer aus Tunesien nach Deutschland gekommen. Zuerst fiel er als „Tourist“ wegen Zechprellerei und Ladendiebstahls am 14. und 16. Dezember im bayerischen Hof auf und reiste dann nach Köln weiter, wo ihn am 24. Dezember die Bundespolizei aufgriff. Die Beamten kassierten den Pass ein und gaben ihm eine Bescheinigung mit dem Hinweis, er solle sich beim Kölner Ausländeramt in der Dillenburgstraße in Kalk melden.
Bei der Festnahme hatte der Angeklagte 1,2 Promille intus
Die Adresse habe er nicht gefunden, wiederholte der junge Mann via Verteidiger im Prozess frühere Angaben. Er habe gar nicht mehr gewusst, wo er sei. Mehrere Nächte habe er auf der Straße übernachtet. In der Nacht von Freitag auf Samstag habe er wieder vergeblich nach dem Amt gesucht. Dabei hatte er 1,2 Promille intus.
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In derselben Nacht wurde in der ersten Etage eines Dreifamilienhauses in Rösrath-Stümpen, einen Steinwurf von der Bahnhaltestelle, die Bewohnerin durch ungewöhnliche Geräusche aufmerksam. Laut Akten ging sie zusammen mit ihrem Freund nach draußen und schaute nach. Sie sah Khaled A., der eine Mülltonne verrückt hatte und dann auf den Balkon der Erdgeschoss-Wohnung geklettert war, um dort die Rollläden hochzuschieben. Als A. die Leute sah, wollte er laut Akten flüchten, wurde aber bis zum Eintreffen der Polizei festgehalten.
„Das äußere Geschehen räumt mein Mandant ein“, sagte Verteidiger Oliver Lenort vor Gericht. Allerdings mit einem wesentlichen Unterschied: Danach wollte er nicht einbrechen, um zu stehlen, sondern er suchte bloß einen Schlafplatz. Das Haus habe auf ihn unbewohnt, weil dunkel, gewirkt.
Diese Einlassung stieß aber sowohl bei Schöffenrichterin Britta Epbinder als auch bei der Staatsanwältin auf Skepsis: Dass ein Haus mitten in der Nacht unbeleuchtet sei, überrasche nicht. Wann er denn seine Suche nach der Kölner Ausländerbehörde begonnen habe? Am Abend von Freitag auf Samstag, mitten in der Nacht?
„Wir glauben Ihnen die Geschichte nicht“, wandte sich Richterin Epbinder schließlich direkt an den Angeklagten. Sollte er bei der Schlafplatz-Version bleiben, könne das Gericht nicht auf die Vernehmung möglicher Zeugen verzichten, einen minder schweren Fall annehmen und den Haftbefehl aufheben, sondern es müsse tiefer in den Fall einsteigen und sowohl die Nachbarin als auch deren bisher gar nicht aktenkundigen Freund und die Polizeibeamten als Zeugen hören, zumal die Ermittlungsakte auch keine Fotos vom Gebäude beinhalte.
Khaled A., dem im Prozess eine Dolmetscherin zur Seite stand, blieb gleichwohl bei seiner Darstellung: „Ich habe nur die Wahrheit gesagt“, antwortete er auf Deutsch, und: „Ich habe fünf Monate in Prison (englisch für Gefängnis, Red.).“
Zehn Minuten beriet das Schöffengericht danach, dann verkündete die Richterin die Entscheidung: Es wird weiter verhandelt, aus Termingründen geht das aber erst am Monatsende. Bis dahin bleibt Khaled A. in Untersuchungshaft.