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Tollitäten-CheckBergisch Gladbachs Dreigestirn privat und in Kindertagen

Lesezeit 7 Minuten
Drei Menschen stehen mit Sektgläsern vor einem grünen Garten.

Was machen Prinz Andreas I. (Mitte), Bauer Gerd und Jungfrau eigentlich, wenn sie nicht im Ornat Bergisch Gladbachs Dreigestirn sind? Die Redaktion hat die drei zu Hause und auf der Arbeit besucht.

Bergisch Gladbachs Prinz Andreas I. hat schon sieben Kinder zur Welt gebracht – und das ist nicht die einzige Dreigestirnsüberraschung.

Ein Prinz, der in seinem Beruf schon sieben Kinder mit zur Welt gebracht hat, ein Bauer, der Herr über Tausende Messgeräte einer riesigen Chemiefabrik ist, und eine Jungfrau, die als „die Schöne von der Bank“ gilt und für ein weltweit führendes Förderinstitut arbeitet – es ist ein besonderes Dreigestirn 2024 aus den Reihen der Großen Bensberger KG.

Im Dreigestirns-Check hat die Lokalredaktion die Tollitäten dort besucht, wo sie ihre Brötchen verdienen. Außerdem haben wir mit den Tollitäten in spe daheim in Fotoalben längst vergangener Zeiten geblättert, die zeigen, dass die Proklamation zum Dreigestirn der Kreisstadt für Prinz Andreas I. (Kaldenbach), Bauer Gerd (Schöbel) und Jungfrau Sabine (Auweiler) die Krönung dreier durch und durch jecker Lebenswege ist.

Das Bergisch Gladbacher Dreigestirn steht bei seiner Proklamation auf der Bühne.

Glücklich im Amt: Am Donnerstag (11.1.) sind Prinz Andreas I., Bauer Gerd und Jungfrau Sabine zum Dreigestirn von Bergisch Gladbach proklamiert worden.

„Jeck wie nie – mit viel Poesie“, so lautet nicht nur das gesamtstädtische Sessionsmotto, sondern das könnte auch gut die Devise der engagierten Karnevalistin und ihrer beiden ebenso aktiven Mitstreiter sein, die am Donnerstagabend das höchste Narrenamt der Kreisstadt übernehmen. Denn dafür bringen sie nicht nur jede Menge Erfahrung als Amazone und Herrenreiter der Großen Bensberger mit, sondern auch als Feuerwehrmann und Notfallsanitäter, Bankerin und Ingenieur. Wenn das mal keine Bank für eine erfolgreiche Amtszeit ist...

Die Schöne von der Bank

Von zu Hause hat sie einen faszinierenden Ausblick aufs Bensberger Schloss. Beim Blick aus dem Fenster an ihrer Arbeitsstelle sieht Sabine Auweiler ein grandioses Siebengebirgspanorama vor sich liegen. Die zweifache Familienmutter arbeitet als Abteilungsdirektorin bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau, kurz: KfW, in Bad Godesberg und ist bundesweit nicht nur in Videocalls unterwegs. Ob aktuelle Förderprogramme oder die jüngsten Entscheidungen zum Bundeshaushalt – Sabine Auweiler ist bei ihrer Arbeit nah dran.

Jungfrau Sabine sitzt an einem Schreibtisch, im Hintergrund ist der Drachenfels zu sehen.

Mit Ausblick aufs Siebengebirge vorm Fenster arbeitet Sabine Auweiler als Teamleiterin bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in Bad Godesberg.

Zugleich ist die in Köln-Lindenthal geborene, studierte Betriebswirtin und Wahl-Bensbergerin nicht nur karnevalsverrückt, sondern auch heimatverbunden. Ihr Lieblingsort daheim ist eine Bank am Bensberger Schloss, was den Vorsitzenden der Brauchtumsvereinigung bei der Vorstellung des Dreigestirns bereits zur prägenden Beschreibung „Die Schöne von der Bank“ für die stets gut gelaunte angehende Jungfrau verleitete.

Jungfrau Sabine (Auweiler) geht an einem Schild mit der Aufschrift „KfW“ vorbei.

Jungfrau Sabine (Auweiler) arbeitet bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau in Bad Godesberg.

Nicht nur ihren Mann Rainer Fiedler, den sie während eines Aufenthalts in den USA Mitte der 90er Jahre kennenlernte, hat die gebürtige Kölnerin karnevalistisch begeistert, sondern auch manchen Kollegen aus anderen Teilen der Republik bereits in die Bräuche und Sitten des Rheinlands eingeführt. „Dass ich mir jetzt drei Wochen Urlaub nehme, um Karneval zu feiern, haben manche zuerst nicht ganz nachvollziehen können“, sagt sie lächelnd. Jungfrau im Dreigestirn von Bergisch Gladbach zu werden, bedeute für sie die „Realisierung eines großen Traums“, bekennt Sabine Auweiler, die als Kind gerne Tanzmariechen geworden wäre. Das Amt als Jungfrau ist nun nochmal eine Steigerung davon – zumal als kölsches Mädchen mit Dreigestirnskollegen aus ganz anderen Regionen der Republik.

Der Retter mit Blaulicht

Was seine schönsten Einsätze außerhalb des Karnevals sind? Da braucht Feuerwehrmann und Notfallsanitäter Andreas Kaldenbach nicht lange zu überlegen: „Wenn ein Kind geboren wird.“ Sieben Geburten hat der 55-Jährige in seinem Berufsleben schon begleiten dürfen. Und für die Feuerwehr schlägt das Herz des angehenden Prinzen schon, seitdem er denken kann.

Andreas Kaldenbach steht mit Feuerwehreinsatzkleidung in der Fahrzeughalle der Feuerwehrwache an der Paffrather Straße in Bergisch Gladbach.

Mit Helm und Blaulicht: Andreas Kaldenbach ist Feuerwehrbeamter bei der Stadt Bergisch Gladbach und auf der Wache an der Paffrather Straße tätig.

Bereits als Kind trat er 1980 in die Jugendfeuerwehr des kleinen Dörfchens Stürzelberg unweit der Landeshauptstadt ein. Warum er ausgerechnet in der Stadt an der Düssel das Licht der Welt erblickte, kann Seine Tollität in spe heute auch nicht mehr so genau sagen, wohl aber, dass er für den Karnevalswagenbau auf dem Bauernhof des Großvaters schon ebenso Feuer und Flamme war wie für die Feuerwehr. Nach einer Ausbildung zum Kfz-Lackierer und der Bundeswehr absolvierte er eine Ausbildung zum Berufsfeuerwehrmann und arbeitete zunächst bei der Düsseldorfer Flughafenfeuerwehr. Auch wenn er dort unter anderem bei der Erstürmung einer gekaperten Boing 737 durch die GSG 9 im Einsatz war – „Kaldi“, wie er von Freunden auch genannt wird, suchte neue Herausforderungen und wechselte zunächst zur Feuerwehr nach Pulheim, dann der Liebe wegen ins Münsterland. 2005 allerdings habe es ihn „zurück in die Heimat“ gezogen. Vor mehr als zehn Jahren trat er in seine neue Heimatgesellschaft der Großen Bensberger ein, in der er seit 2018 Mitglied des „Herrenreitercorps zu Fuß“ ist.

Andreas Kaldenbach steht an einem medizinischen Gerät in einem Notarzteinsatzfahrzeug.

Auch im Rettungsdienst der Feuerwehr arbeitet Andreas Kaldenbach.

„Karneval ist für mich ein Lebensgefühl“, sagt der Vater zweier erwachsener Töchter und Opa zweier Enkel, der aus seinem Beruf nur zu gut weiß: „Wir leben nur einmal.“ Auch deshalb hat er sich ein Sabbatjahr genommen und den nächsten Dienst bei der Feuerwehr Bergisch Gladbach erst wieder im Oktober.

Der Herr der Elektronik

Rohrleitungen, so weit das Auge reicht, und überall Messinstrumente. Was für den Laien undurchdringbar erscheint, ist für Gerd Schöbel vertrauter Alltag. „Alles, wo ein Kabel dran ist, fällt in meine Zuständigkeit“, sagt der 57-jährige Ingenieur, der für sämtliche Elektro- und Automatisierungstechnik der Bayer AG in einem der größten Produktionsstandorte der Pflanzenschutz-Sparte (Crop Science) des Chemiekonzerns weltweit in Dormagen zuständig ist. Rund 1150 Beschäftigte arbeiten hier an der Produktion von 35 Wirkstoffen, zehn Zwischenprodukten und 14 Formuliertypen mit etwa 300 Rezepturen, und Ingenieur Gerd Schöbel ist für den reibungslosen technischen Ablauf zuständig.

Gerd Schöbel arbeitet steht mit Helm an Messinstrumenten im Bayer-Werk Dormagen.

Tausende Messinstrumente immer im Blick: Gerd Schöbel arbeitet als Ingenieur im Dormagener Werk des Chemiekonzerns Bayer.

Jüngst erst habe er mit seinem Team 40 000 Plaketten mit QR-Codes an den Geräten angebracht, die nun ermöglichen, sämtliche Daten jedes Geräts, die in große Schaltzentralen übertragen werden, auch direkt am Gerät abzurufen. Gerd Schöbel behält stets den Überblick – eine Eigenschaft, die ihm als Bauer und damit staatser Beschützer des Gladbacher Dreigestirns zugute kommen dürfte.

Gerd Schöbel steht an Computerbildschirmen auf einem hohen Schreibtisch.

Immer den Überblick behält Gerd Schöbel nicht nur im Beruf.

„Karneval ist für mich die schönste Nebensache der Welt“, sagt der in der Uckermark geborene Vater von vier Töchtern, von denen Sydney bereits Jungfrau im Gladbacher Kinderdreigestirn 2017/18 war. Kein Zufall, dass „dä Bap vun dä Kinderjungfrau“ ausgerechnet in diesem Jahr Mitglied der Großen Bensberger KG wurde und sich bald darauf im „Herrenreitercorps zu Fuß“ engagierte. Auch mit seiner Frau, Sängerin Daisiana, ist der erfahrene Elektroingenieur, der beruflich unter anderem auch schon in Südkorea und Indonesien tätig war, häufig zu Auftritten unterwegs. Dass er selbst nun Bauer im Dreigestirn wird, bedeutet für ihn,„als Imi endgültig im Rheinischen angekommen zu sein“.


Aus dem Familienalbum der Tollitäten

Ein Mädchen im Kostüm steht in einer Karnevalsgruppe eines Festumzugs.

Im Straßenkarneval ist Sabine Auweiler seit Kindertagen aktiv.

Als „echt kölsches Mädchen“ gehörte der Straßenkarneval für Sabine Auweiler von Kindertagen an zu den Höhepunkten im Jahr – wie nicht nur das strahlende Kostümfoto vom Kölner Zoch zeigt. Mit der gesamten Familie hat die Wahl-Bensbergerin in der Gruppe der Willi-Ostermann-Gesellschaft auch schon am Rosenmontagszug teilgenommen. 2013/14 war Sohn Ferdinand bereits Prinz im Kinderdreigestirn der Stadt Bergisch Gladbach, seit 2014 ist die Mutter Mitglied der Großen Bensberger KG, seit 2015 dort aktive Amazone. Ihr Mann Rainer Fiedler ist wie Prinz und Bauer Mitglied im „Herrenreitercorps zu Fuß“, die Söhne der beiden, Ferdinand und Henry, engagieren sich bei den Jungen Bensbergern. „Karneval ist für mich einfach Heimat“, sagt Sabine Auweiler.

Ein Kind steht als Indianer verkleidet in einem Kinderzimmer.

Als Indianer in Kindertagen: der Prinz in spe Andreas Kaldenbach.

Auweia, ein Blick ins Fotoalbum des angehenden Gladbacher Prinzen zeigt zwar deutlich, dass Andreas Kaldenbach schon als Kind mittenmang im Karneval dabei war. Zugleich bleibt allerdings auch nicht verborgen, dass dort, wo Seine angehende Tollität aufwuchs, im kleinen Dörfchen Stürzelberg, nicht „Alaaf“, sondern „Helau“ gerufen wurde. Groß prangt der karnevalistische Schlachtruf jedenfalls an dem Prinzenwagen, der auf dem Hof, wo die Familie wohnte, alljährlich für den Karnevalssonntagszug von Stürzelberg parat gemacht wurde – und der es dem kleinen Andreas schon damals angetan hatte. Auch wenn er selbst „nur“ auf dem Traktor des Vaters im Zoch mitfuhr, um den Festwagen des Großvaters zu ziehen. Bald wird er nun auf dem Prinzenwagen fahren.

Ein Kind sitzt an einem Tisch vor einem Spielzeuglastwagen.

In der Uckermark ist Bauer Gerd Schöbel aufgewachsen.

Nur 30 Kilometer ist es von Angermünde in der Uckermark, wo Gerd Schöbel das Licht der Welt erblickte, bis nach Templin, wo bekanntlich Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel aufwuchs. Der kleine Gerd jedoch schlug nicht den Weg zum Kanzler ein, hatte jedoch schon in der karnevalistischen Diaspora eine Vorstellung von dem, was in der fünften Jahreszeit seiner späteren Wahlheimat im Rheinland wichtig sein würde. Denn sein Großvater war Reichsbahner. Und der wusste, wie wichtig es ist, dass der Zug kommt. Vor jecken 33 Jahren sei er vom Bazillus Carnevalitis infiziert worden, sagt Schöbel. Dem Vernehmen nach soll die neue Single seiner Frau, der Sängerin Daisiana, allerdings nicht autobiografisch sein: „Halt die Klappe und tanz.“